Kapitel 3
Zeichenfolge und Zeichensprache
1.3.1 Sprache und Intelligenz
I. - Der Mechanismus zur Produktion der die Menge der natürlichen Zahlen darstellenden unendlichen Folge von Zeichenfolgen ist – wie gesehen – ohne eigene operative mathematische Qualität. Eine Interpretation, die jede Zeichenfolge dieses Systems von Zeichenfolgen aus der vorhergehenden Zeichenfolge durch Addition der 1 hervorgehen läßt, ist für das Verständnis dieses Mechanismus nicht konstitutiv. Es handelt sich bei diesem Mechanismus nur um ein Verfahren zur systematischen (Fort-)entwicklung von endlichen, in Reihenfolge geordneten Zeichenfolgen beliebiger Länge aus einer vorgegebenen, ebenfalls in Reihe geordneten endlichen Menge von mindestens zwei Zeichen. Folgen unterschiedlicher und beliebiger Länge könnten auch nur mit einem Zeichen produziert werden, nur daß in diesem System die einzelnen Zeichenfolgen systemimmanent nicht identifiziert werden könnten. Die Möglichkeiten dieses Systems reichen nur zu einem Größer–Kleiner-Vergleich zwischen den einzelnen Zeichenfolgen. Auf diese Weise läßt sich zwar immer feststellen, welche von zwei Folgen die kleinere bzw. größere ist, wir können auf diese Weise nur nicht auch in Erfahrung bringen, wie groß so eine Folge für sich genommen ist. Das gibt so ein Vergleich nicht her. Das – erneute – Setzen der gesetzten Zeichen einer Zeichenfolge sagt uns nichts über die Anzahl der gesetzten Zeichen. Dazu müßte mitgezählt werden, und das tut dieses System eben nicht. Es ist mit keinem internen Zählwerk ausgestattet, so wie wir das im System der – regulären – klassischen Darstellung der natürlichen Zahlen haben. Und so kann in diesem defizienten System von Darstellung einfach nur auf Reproduktion und Demonstration gesetzt werden. Einem solchen System fehlt es einfach an der Sprache, um sich im Umgang mit diesen Folgen von der materiellen Darstellung bzw. Demonstration derselben lösen zu können. Und damit steht dieses System Körpersprache näher als regulärer Sprache.
Für jede Form von Darstellung gilt, daß Darstellung nicht auch gleich Dargestelltem ist. Zahldarstellung geht es nicht um die Zeichen, die gesetzt werden, sondern um das, was mit diesen Zeichen dargestellt sein soll. Beide Formen bzw. Systeme von Zahldarstellung beziehen sich also auf dasselbe, nur daß der einen Darstellung im Gegensatz zur anderen eine im engeren Sinne sprachliche Qualität zukommt. Woher wächst dieser einen Darstellung diese sprachliche Qualität aber zu? Sieht man auf die Methode, nach der in den beiden Formen von Darstellung vorgegangen wird, so ist zu sagen, daß sich die eine Form einer konsequenten Einzeldarstellung verpflichtet weiß, während die andere in der Interpretation auf Zusammenfassung und Bündelung setzt, einer Bündelung, die praktisch – wie gesagt – als Zählwerk fungiert. auf zusammengefaßte Darstellung setzt. Natürlich kommt man dann auch nicht mehr – so wie in der einen Form von Darstellung – mit nur einem Zeichen aus. Gegenüber dieser Form von Darstellung differenziert werden kann nur mit Hilfe zusätzlicher Zeichen.
Im ersten System von Darstellung werden bekanntlich aus nur einem Zeichen unendlich viele Zeichenfolgen unterschiedlicher Länge dadurch produziert, daß ein bestimmtes Zeichen gegenüber der zuletzt produzierten Folge einmal mehr gesetzt wird. Induktiv läßt sich die daraus hervorgehende Folge von Zeichenfolgen wie folgt definieren: „Es werde in einem ersten Schritt dieses eine Zeichen einmal, und d.h., einfach gesetzt. Es sei nun gegeben eine Folge, die – ausschließlich – dieses eine Zeichen in mehrfacher Setzung enthält. Dann gelangt man zu der dieser Folge in der Reihenfolge aller dieser Folgen folgenden Folge dadurch, daß diese eine Folge wiederholt und um ein weiteres Exemplar dieses einen Zeichens ergänzt wird“. Induktive Verfahren finden in der Mathematik sowohl zu Konstruktions- als auch zur Beweiszwecken vielfach Anwendung.
Dieses Verfahren empfiehlt sich immer dann, wenn eine Aufgabe bzw. Behauptung vorliegt, die in Abhängigkeit einer variabel gehaltenen natürlichen Zahl n formuliert ist, und die dementsprechend für jede natürliche Zahl getrennt zu behandeln bzw. zu beweisen wäre. Das Induktionsverfahren räumt uns die Möglichkeit ein, der gestellten Aufgabe bzw. dem verlangten Beweis in zwei Schritten nachzukommen. Anstatt eine Konstruktion bzw. einen Beweis für jedes natürliche n getrennt durchzuführen – was der Unendlichkeit der Menge der natürlichen Zahlen wegen ohnehin nicht möglich wäre – wird diese Konstruktion bzw. wird diese Behauptung in einem Induktionsanfang für n = 1 bewiesen, um alles weitere dann in einem allgemeinen Verfahrens- bzw. Induktionsschritt von n nach n + 1 abzuhandeln.
II. - Das Induktionsprinzip bzw. Induktionsaxiom[27] hat zu seiner Formulierung die Existenz der natürlichen Zahlen zur Voraussetzung. Man kann das Verfahren der Induktion zur Absicherung der Konstruktion von Folgen unterschiedlichster Länge aus ein- und demselben Zeichen allerdings verwenden, ohne dabei natürliche Zahlen zur Verfügung zu haben. Es genügt dazu, daß wir es bei dieser Folge um eine in Reihenfolge geordnete Menge zu tun haben. Jeder dieser Zeichenfolgen läßt sich genau eine natürliche Zahl zuordnen, wie umgekehrt jeder natürlichen Zahl in natürlicher Weise eine dieser Zeichenfolgen zugeordnet werden kann. Diese Zuordnung erfolgt in der einen Richtung über die Anzahl, in der dieses eine Zeichen in einer Zeichenfolge in Erscheinung tritt, und sie wird in umgekehrter Richtung über die mit einer jeden natürlichen Zahl auch zu verbindenden Anzahl von Zeichen in einer solchen Zeichenfolge vorgenommen. Diese Zuordnung ist so gesehen in beiden Richtungen eine eindeutige und auch umfassende. Die dadurch begründete Abbildung wäre mit anderen Worten eine ebenso injektive wie surjektive, und d.h., sie wäre eine bijektive. Die Frage ist nur, ob wir auf beiden Seiten auch eine gleichmächtige Menge vorliegen haben. Die Frage ist, ob in einem bzw. von einem Ein-Zeichen-System über die besagte Zuordnung auch alle – klassischen – natürlichen Zahlen erfaßt sein können. Unabhängig davon müßte man, um diese Zuordnung aber so vornehmen zu können, um den Anzahlbegriff bzw. um die Möglichkeit seiner genauen Bestimmung im Einzelfall wissen. Damit aber kann uns ein System von „Ein-Zeichen-Darstellung“ nicht dienen. Wir sind in diesem System ohne die Möglichkeit des Abzählens der Zeichen einer Zeichenfolge.
Wir haben uns die Frage gestellt, worauf dieses sprachbegründende bzw. intelligenzsetzende Element beim Übergang von einer Darstellung natürlicher Zahlen, die sich in ihren Zeichenfolgen nur eines Zeichens bedient – so es sich dann dabei auch um ein mögliches System von Darstellung handelt – zu einem System von Darstellung, das auf zumindest zwei Zeichen aufbaut, beruht. Zeichensprache ist – natürlich, wie könnte es auch anders sein – das eine wie das andere, und d.h., Zeichen zur Darstellung einer jeden natürlichen Zahl gesetzt werden müssen in dem einen System genauso wie in dem anderen. Nichtsdestoweniger ist es so, daß in dem einen System keine sprachliche Übersetzung einer Zeichenfolge, und d.h., keine Übersetzung, die sich von der materiellen Basis der Darstellung lösen könnte, möglich ist. Man kann sich über die einzelnen Darstellungen in diesem System nur dadurch verständigen, daß man die einzelne Zeichenfolge in allen ihren Teilen explizit-materiell rekonstruiert bzw. reproduziert. Das ist – prinzipiell – in einem – klassischen – Mehr-Zeichen-System nicht anders, nur daß sich dort die Zeichen auch im Verbund und d. h. in ihrer Ab- bzw. Reihenfolge in den Informationstransfer einbringen. Jedes Zeichen steht dort nicht einfach – ganz – für sich alleine. In einem Ein-Zeichen-System tut es dagegen genau das. Dort bringt sich jedes einzelne Zeichen einer Zeichenfolge nur als ein Zeichen neben vielen anderen – gleichen – anderen Zeichen in das Sprach- bzw. Informationsgeschehen ein. Der Informationswert einer jeden Zeichenfolge dieses Systems erschöpft sich in der Anzahl gesetzter Zeichen, wobei diese Anzahl durch die gesetzten Zeichen selbst nicht – einmal – auch bezeichnet ist. In der "Sprache" dieses Systems können die Zeichen so einer Zeichenfolge nicht auch abgezählt bzw. mitgezählt werden. Fest steht, daß man sich in jedem System von Darstellung über Zahlen nur vermöge ihrer Darstellung verständigen und austauschen kann. Das gilt unabhängig vom Informationsgehalt einer Zeichenfolge. Die von einer Zeichenfolge vermittelt Information kann – natürlich – nur durch das vermittelt sein, was an Zeichen gesetzt ist.
Wollen wir uns über irgendwelche Zahlen verständigen bzw. austauschen, so müssen unabhängig vom System die betreffenden Zeichenfolgen schließlich auch reproduziert bzw. rekonstruiert werden. Man muß sich in allem, was Darstellung einer Zahl in einem bestimmten System von Darstellung ist, mitteilen, damit von anderen auch verstanden werden kann, welche Zahl wir meinen. Die Notwendigkeit der vollständigen Rekonstruktion bzw. Reproduktion der einzelnen Zeichenfolge kann somit nicht Ursache für die fehlende Kommunikationsfähigkeit eines Systems von Zahldarstellung sein. Was ist dann aber gemeint, wenn es heißt, wir würden uns bei einer Darstellung, die sich nun eines Zeichens bedienen kann, nicht von der explizit-materiellen Darstellung einer Zahl in so einem System von Zahldarstellung lösen können?
Gemeint ist damit – wie nun schon des öfteren betont – das der Umgang mit Zahldarstellungen in so einem System ein rein gegenständlicher ist, und d.h., ein Umgang, der über keinen anderen Möglichkeiten verfügt, als daß – stumm gewissermaßen – mit den einzelnen Zahldarstellungen hantiert würde. Das kann auch nicht anders sein, wenn man zu einer Zahldarstellung, die aus 5 gleichen, in Reihe gesetzten Zeichen besteht, nicht einfach nur fünf sagen kann, sondern die fünf Zeichen immer wieder auch zu setzen hat. Nun ist natürlich auch 5 ein Zeichen, das immer wieder gesetzt werden muß, wenn wir uns in diesem Zeichen mitteilen wollen. Es ist diese 5 – wie jedes andere Zeichen in einem Mehr-Zeichen-System auch – mit einem besonderen Stellen- und damit auch Zahlenwert ausgestattet. Dieser Wert wächst ihm über die Position zu, die es in der – vorzugebenden – Reihenfolge aller dieser einfachen Zeichen eines solchen Systems einnimmt.
Es haben alle diese verschiedenen Zeichen in einem solchen System von Zahldarstellung aber auch eine verschiedene Bedeutung. Andernfalls wäre es auch nicht gerechtfertigt oder zumindest nicht opportun, verschiedene Zeichen zu verwenden; das System von Darstellung wäre kein anderes als das System, das erst nicht vorgibt, für mehr als nur ein – einziges – Zeichen eine Verwendung zu haben. Wir haben also bei einem System von Zahldarstellung, das sich mehr als nur eines Zeichens bedienen kann, die Möglichkeit, den einzelnen Zeichen eine unterschiedliche Bedeutung zuzuordnen. Zusätzlich kommt bei mehr als nur einem Zeichen etwas hinzu, wozu man an sich auch bei nur bei einem Zeichen die Möglichkeit hätte, nur daß man diese Möglichkeiten dann mangels fehlender (Ausdrucks-)Möglichkeiten nicht ausschöpfen kann.
Gemeint ist eine Differenzierung, die den einzelnen Zeichen unabhängig von der verschiedenen Bedeutung, die sie untereinander alle bereits haben, auch noch eine verschiedene Bedeutung beimißt, je nachdem, an welcher Position sie innerhalb einer Zeichenfolge in Erscheinung treten. Diese unterschiedliche Positionierung hat man natürlich auch bei Zeichenfolgen, die nur aus einem Zeichen aufgebaut sind. Es kann diese unterschiedliche Positionierung in den Möglichkeiten dieses Systems nur nicht auch zu einer verschiedenen Gewichtung in der Bedeutung des einzelnen Zeichens für die einzelne Zeichenfolge herangezogen werden. Der Beitrag des einzelnen Zeichens ist für eine solche Zeichenfolge mit anderen Worten immer derselbe, unabhängig davon, an welcher Position dieses eine Zeichen in einer Zeichenfolge steht.
Der Stellenwert eines jeden dieser Zeichen innerhalb der ganzen Zeichenfolge und für die ganze Zeichenfolge ist immer derselbe, unabhängig davon, welches die Position eines der Zeichen in einer Zeichenfolge ist. Damit ist die Anordnung aller Zeichen einer solchen Zeichenfolge in Reihenfolge für diese Zeichenfolge bzw. für das, was damit dargestellt sein soll, ohne jede Bedeutung. Es kommt diesbezüglich nur darauf an, wie oft dieses eine Zeichen gesetzt ist, nicht aber in welcher räumlichen Anordnung bzw. Verteilung dies geschieht. Es müßte nur hinlänglich sicher die Zugehörigkeit eines Zeichens zu einer Menge von Zeichen, die Darstellung einer bestimmten Zahl sein soll, dokumentiert sein. Dieser Anforderung läßt sich auch anders als dadurch nachkommen, daß die Zeichen einer solchen Menge von Zeichen alle in Reihenfolge gesetzt werden. Im übrigen auch entbindet eine Anordnung in Reihenfolge nicht von der Aufgabe, die einzelnen Zeichen so zu setzen, daß optisch auch sichtbar ist, daß bestimmte Zeichen auch eine bestimmte Zeichenfolge darstellen sollen. Dieser Aufgabe läßt sich aber auch bequem durch gleichbleibend enge Abstände zwischen den Zeichen nachkommen. Bei variierenden Abständen bzw. bei zwar gleichbleibend konstanten, aber weniger eng gesetzten Abständen müßte diese Zugehörigkeit verschiedener Zeichen zu einer Zeichenfolge zunehmend unsicher erscheinen.
Dieses Problem haben wir immer, unabhängig davon, ob es nun auf die Reihenfolge, in der Zeichen gesetzt sind, ankommt oder nicht. Im übrigen empfiehlt sich eine Anordnung in Reihenfolge auch dann, wenn es auf diese Reihenfolge nicht ankommt. Ein System von Zeichenfolgen, das nur auf einem Zeichen aufbaut, dieses aber dafür in allen nur möglichen Anzahlen setzt, wird sich im Setzen dieser Anzahlen in natürlicher Weise einer Reihendarstellung bedienen. Alles andere wäre auch wenig konventionell und im übrigen auch einer schriftlichen Darstellung wenig zuträglich. Desweiteren würde darunter auch die optische Transparenz der Zeichenfolgen und mithin auch ihre optische Vergleichbarkeit leiden. Man könnte mit anderen Worten die einzelnen Zeichenfolgen nicht mehr nach ihrer Länge abschätzen, wobei in dem beschriebenen System – wie festgestellt – sich solche Abschätzungen nicht an bezifferbaren Anzahlen orientieren können. Mit solchen Anzahlen kann dieses System gerade nicht dienen. Das ist offensichtlich der Preis dafür, daß es in diesem System in den Zeichenfolgen auch nur auf die Anzahl der gesetzten Zeichen ankommt.
Wenn es nur auf diese Anzahl ankommt, dann sollte man das auch dadurch unterstreichen, daß auch nur mit einem Zeichen gearbeitet wird. Die Verwendung verschiedener Zeichen könnte dann nur dazu verleiten, zwischen den einzelnen Zeichenfolgen entsprechend ihrer verschiedenen Zusammensetzung zu unterscheiden. Bei mehreren zur Verfügung stehenden Zeichen kann eine Zeichenfolge von bestimmter Länge, und d.h., von bestimmter Anzahl von Zeichen auf die verschiedenste Weise zusammengestellt werden. Wir hätten uns dann jeweils für eine von vielen – ihrer Zweckbestimmung nach völlig – gleichberechtigten Folgen zu entscheiden. Die ganze Produktion von Folgen könnte nicht weiter einem Gesetz der Serie überlassen bleiben. Man kann eine Auswahl, bei der es ausschließlich auf Auswahl ankommt, und das heißt, bei der es nur darauf ankommt, daß auch ausgewählt wird, unabhängig davon, wie ausgewählt wird, nicht per Gesetz regeln wollen. Das ist auch die Kritik, die vielfach dem Auswahl-Axiom[28] gegenüber geltend gemacht wird, daß es nämlich nicht konstruktiv ist, und d.h., daß es uns im allgemeinen nicht auch mit einem Verfahren dienen kann, nach dem bei dieser Auswahl auch vorgegangen werden könnte.
Also, diese Auswahl müssen wir schon selbst treffen, was soviel bedeutet, als daß es – in unserem Fall – auch nur zu endlich vielen Zeichenfolgen aufsteigender Länge kommen kann. Die Konstruktion einer unendlichen Menge bedarf in jedem Fall eines Gesetzes der Serie, und das kann es bei einem reinen Auswahlverfahren nicht geben. Ein Auswahlverfahren liegt in unserer Situation im übrigen auch dann vor, wenn die einzelnen Folgen verschiedener Länge nicht jedes Mal gänzlich neu zusammengestellt, sondern jeweils nur um ein weiteres Zeichen ergänzt würden. Dann wäre immer zu überlegen, welches Zeichen als nächstes gesetzt werden soll. Es wäre jeweils eines unter den zur Verfügung stehenden Zeichen auszuwählen. Man könnte das mit dieser Auswahl aber auch dahingehend regeln, daß man sich diese Zeichen in eine Reihenfolge gebracht denkt und entsprechend dieser Reihenfolge auch vergibt, wobei mit diesen Zeichen wieder von vorne angefangen wird, sobald sie alle wieder einmal aufgebraucht sind.
Mit einer solchen Regelung läuft das ganze Verfahren bzw. läuft die ganze Produktion von Zeichenfolgen zunehmender Länge rein gesetzmäßig ab. Man kann sich dann eine beliebige Zeichenfolge aus der ganzen Menge solcher Folgen herausgegriffen denken, und weiß sofort, welche Folge dieser Folge im System aller solcher Folgen folgt. Bei Verwendung der Zeichen 1, 2, 3 folgt auf die Zeichenfolge 12312 die Folge 123123. Das ist im übrigen aber auch bei Verwendung nur eines Zeichens nicht anders. Auch bei nur einem Verwendung findenden Zeichen weiß man natürlich, wie eine Folge aus der anderen folgt, durch Ergänzung dieses einen Zeichens nämlich. Dafür hat man weder eine Auswahl vorzunehmen, noch sich über irgendwelche Reihenfolgen zu verständigen.
III. - Kehren wir zu unserer Fragestellung zurück. Wir haben uns gefragt, worin das sprachkonstitutive und intelligenzsetzende Element in einer Form von Zahldarstellung begründet liegt, die auf den systematischen Einsatz verschiedener Zeichen setzt. Bedingt ist im System der Darstellung der natürlichen Zahlen diese Systematik einfach durch die Reihenfolge, in der endlich viele beliebig vorgegebene bzw. vorzugebende Zeichen immer wieder aufs neue gesetzt werden. Dadurch bereits kommt jedem dieser Zeichen – unabhängig von ihrer optisch-graphischen Gestalt eine eigene Bedeutung zu. Jedes dieser Zeichen steht für eine bestimmte Position in der – endlichen – Reihenfolge dieser Zeichen. Es reicht dies allerdings noch nicht aus, um in diesem System von Zeichenfolgen auch eine – sprachliche – Bezeichnungsweise für das allgemeine – unendliche – Positionensystem unendlicher Reihenfolgen, so wie es auch dieses System von Zeichenfolgen darstellt, zu finden. In seiner sprachlichen Qualität unterscheidet sich ein System von Zeichenfolgen, das auf ständige – und willkürliche – Wiederholung endlicher vieler gegebener Zeichen in Reihenfolge – sagen wir der Zeichen 1,2,3 – setzt, in nichts von einem System von Zeichenfolgen, in dem immer wieder nur einziges Zeichens wiederholt bzw. ergänzt wird. Die Position jeder einzelnen Zeichenfolge in der Reihenfolge aller solchen Zeichenfolgen ist in beiden Fällen allein durch die Anzahl von Zeichen bestimmt, die eine jede solche Zeichenfolge enthält. Damit bleibt der Umgang mit solchen Zeichenfolgen ein rein gegenständlicher. Die – willkürliche und d. h. allein dem Auswahlaxiom folgende – Anordnung der Zeichen so einer Zeichenfolge sagt uns nichts über die Position so einer Zeichenfolge im System aller solcherart gebildeten Zeichenfolgen.
Daran änderte sich auch grundsätzlich auch noch nichts dadurch, daß die vorgegebenen Zeichen immer in gleicher Reihenfolge gesetzt würden. Man könnte dann immerhin in Blöcken dieser Zeichenfolgen denken. Zur genauen Positionsbestimmung einer Folge im System aller dieser Folgen müßte dazu aber abgezählt werden können, und das könnte man auch in diesem System – sagen wir dem System 1, 12, 123, 1231, 12312, 123123, 1231231, ...– noch nicht. Es bliebe auch dann noch bei dem gegenständlichen Umgang mit diesen Zeichenfolgen. Man könnte sich darüber nur austauschen, in dem diese in der ihnen eigenen Anzahl von Zeichen materiell reproduziert würden, wobei – wie gesagt – die dabei vermittelte Information alein aus der Anzahl gesetzter Zeichen besteht, auch wenn diese Anzahl in diesem System nicht auch beziffert werden kann.
Explizit realisiert in der jeweils gesetzten Anzahl von Zeichen kann diese Information in so einem System von Darstellung nicht, in einem System, das – wie gesagt – nur darauf setzt, daß auch entsprechend viele Zeichen gesetzt sind, ohne auch sagen zu können, wieviele Zeichen denn genau gesetzt sind. Das könnte in diesem System – wie gesagt – nur dadurch gezeigt werden, daß die entsprechende Anzahl von Zeichen – demonstrativ – Zeichen für Zeichen vorgeführt wird, wobei dazu einschränkend wiederum zu sagen wäre, daß die entsprechende Vorgabe, welche Anzahl von Zeichen gesetzt werden soll, nicht in der „Sprache“ dieses Systems von Darstellung erfolgen kann. Alles, was dieses System von sich aus kann, das ist sich – einem bestimmten Gesetz der Serie folgend – selbst entwickeln. Dieses Gesetz besteht einfach darin, daß angefangen mit einem ersten Zeichen jede Folge im System aller dieser Folgen aus der vorhergehenden Folge durch ergänzendes Setzen eines weiteren Exemplars dieses einen Zeichens, aus dem sich alle Zeichenfolgen des Systems aufbauen, hervorgeht.
Jede Zeichenfolge im System dieser Folgen ist auch in der Anzahl der in ihr gesetzten Zeichen eindeutig bestimmt, nur daß in diesem System diese Anzahl nicht auch namhaft gemacht werden kann. Es kann in diesem System über diese Anzahl nicht anders „gesprochen“ werden, als dadurch, daß die betreffende Folge Zeichen für Zeichen rekonstruiert bzw. reproduziert wird. Das muß nicht unbedingt in graphisch-schriftlicher Form geschehen, sondern kann auch in sprachlich-akustischer Weise erfolgen. Bei letzterem wäre jedenfalls eine Reihenfolge in der Wiedergabe gewahrt, unabhängig davon, ob die – materielle Vorlage eine solche – räumliche – Reihenfolge aufweist oder nicht. In ihrer sprachlichen-akustischen Übersetzung können beliebige im Raum verteilte Zeichen nur in einer geordneten – zeitlichen – Reihenfolge wiedergegeben werden.
Die Sprache bedient sich dazu allerdings eines eigenen Zeichensystems. Jede sprachliche Äußerung besteht aus einer Reihenfolge akustischer Zeichen. Es sind vergleichsweise recht wenige Zeichen, deren sich eine Sprache bedient, und es sind dies zudem auch Zeichen, die mehr oder weniger für alle Sprache auch dieselben sind. Das – akustische wie auch graphische – Zeichenmaterial ist mit anderen Worten für die Sprachen einer Sprachfamilie weitgehend dasselbe. In der Kombination von Zeichen aus diesem Zeichenmaterial zur Formulierung sprachlicher Einheiten kommt es sowohl auf die Auswahl der Zeichen als auch auf die Reihenfolge, in der sie gesetzt sind, an. Es ist also bei Sprache nicht etwa so, daß nur darauf gesehen werden könnte, wie viele Zeichen gesetzt werden.
Wer etwas Bestimmtes zum Ausdruck bringen will, der wird sich dazu ganz bestimmter Zeichen in einer ganz bestimmten Reihenfolge gesetzt zu bedienen haben. Davon, daß akustische Zeichen in gesprochener Sprache in Reihenfolge gesetzt werden müssen, könnte selbst dann nicht abstrahiert werden, wenn diese Reihenfolge für das, was damit zum Ausdruck gebracht werden soll, ohne jede Bedeutung wäre, und das heißt, wenn diese Zeichen in jeder anderen Reihenfolge gesetzt genau dasselbe aussagen würden. Es wäre dann zwar nicht so, daß es nur darauf ankäme, daß jeweils eine bestimmte Anzahl von Zeichen aus unserem Zeichenreservoir gesetzt würden – die Zeichen, die gesetzt werden sollen, wären uns vom Wortschatz einer Sprache vorgegeben – es stünde uns dabei allerdings frei, in welcher Reihenfolge wir diese Zeichen setzten. Damit würde in der Darstellung ein Mittelweg, zwischen einem Setzen auf bzw. Setzen von bloßer Anzahl auf der einen Seite und einer inhaltlich gegliederten Reihenfolge auf der anderen Seite beschritten. In ihrem Wortschatz könnte damit allerdings keine Sprache begründet werden. Das einzelne Wort könnte auf dieser Grundlage nicht mehr eindeutig aufgrund einer bestimmten akustischen Zeichenfolge identifiziert werden. Jedes Wort einer Sprache würde in eben dieser Sprache über die verschiedensten – graphischen wie akustischen – Darstellungen verfügen. Jede Sprache setzt auf – prinzipielle – Eindeutigkeit in Bild und Ton, und d. h. Schreibweise und Aussprache. Das maß an Mehrdeutigkeit, das eine Sprache vertragen kann ist begrenzt. Ausnahmen bestätigen auch hier die Regel.
In der Praxis würde das bedeuten, daß ein Wort zuerst in den darin gesetzten Zeichen analysiert werden müßte, um Art und Vielfachheit der verwendeten Zeichen entsprechend feststellen zu können, welcher synonymer Wortfamilie dieses eine Worte angehört. Nun könnte man sagen, daß wir diese Analyse – implizite zumindest – auch dann vorzunehmen haben, wenn jedes Wort die ihm zugehörige Bedeutung der Reihenfolge verdankt, in der bestimmte Zeichen gesetzt sind. Das ist sicherlich richtig, nur daß es dabei nicht auf die genaue Feststellung der Anzahl ankommt, in der ein Zeichen in einem Wort vorkommt, eben weil diese Anzahl als solche für die Bedeutung eines Zeichens in einer Zeichenfolge ohne Bedeutung ist. Daß ein Wort beispielsweise den Buchstaben b dreimal enthält, ist nicht geeignet, uns etwas über die Identität dieses Wortes preiszugeben, solange wir nicht wenigstens wissen, an welchen Positionen innerhalb dieses Wortes diese b`s in Erscheinung treten. Dann könnte zumindest schon etwas gerätselt werden. Gerätselt werden müßte im übrigen auch noch nach einer vollkommenen Inventarisierung eines Wortes nach Art und Multiplizitäten der darin gesetzten Zeichen.
In der Reihenfolge seiner Zeichen ist ein Wort dadurch nicht bestimmt. Eindeutig bestimmt wäre ein Wort dadurch nur dann, wenn es nur aus einem einzigen Buchstaben zusammengesetzt wäre. Ein bestimmtes Zeichen kann in bestimmter Anzahl auch nur in einer einzigen Reihenfolge gesetzt werden. Man kann eine solche Folge permutieren, es ändert dies nur nichts am Aussehen dieser Folge. Der Effekt einer solchen Operation ist gleich Null. Auch in der sprachlichen Wiedergabe eines Wortes könnte sich dadurch nichts ändern. Das ändert sich erst, sobald verschiedene Zeichen Verwendung finden, die entsprechend auch in verschiedener Reihenfolge angeordnet werden können. Diese verschiedenen Anordnungen lassen sich alle auch systematisch erfassen. Die maximale Anzahl verschiedener Anordnungen beträgt bei n zu setzenden Zeichen n! und wird erreicht, wenn die Zeichen alle verschieden sind. Sind die Zeichen alle gleich, so gibt es – wie gesehen – unabhängig von der Anzahl der Zeichen nur eine mögliche Anordnung in Reihenfolge. Allerdings finden sich diese Zeichen, auch wenn sie untereinander alle gleich sind, innerhalb der Reihenfolge solcher Zeichen an verschiedenen Positionen plaziert. In ihrer Position innerhalb der Reihenfolge gesetzter Zeichen unterscheiden sich die einzelnen Zeichen immer.
Es kommt in gesprochenen Sprachen nicht auf die Anzahl an, in der die einzelnen Zeichen in einem Wort vorkommen, sondern auf die Positionen, die sie innerhalb der Reihenfolge der Zeichen eines Wortes einnehmen. Wörter werden offensichtlich auch nicht so gelesen, bzw. verstanden, daß Bilanz darüber geführt würde, wie oft ein Zeichen in einem Wort vorkommt. Es werden vielmehr die Zeichen in der Reihenfolge, in der sie ein Wort zusammensetzen, aufgenommen, um am Ende mit dem dadurch begründeten Wort auch identifiziert zu werden. Der einzelne Buchstabe für sich genommen hat in keiner Sprache eine Bedeutung. Buchstaben gehören insofern nicht zum Wortschatz einer Sprache. Das unterscheidet beispielsweise Zahldarstellung von Wortdarstellung, daß nämlich das einzelne Zahlzeichen, so wie es in den verschiedensten möglichen Kombinationen mit anderen Zahlzeichen in eine Zahlzeichenfolge zur Darstellung einer bestimmten Zahl eingeht, selbst bereits auch Darstellung einer Zahl ist, während der einzelne Buchstabe des Alphabetes einer Sprache nicht auch dem zugehört, was in der Kombination aus solchen Buchstaben begründet wird, der Wortschatz einer Sprache nämlich. Ein weiterer Unterschied zwischen Zahldarstellung und Wortdarstellung besteht darin, daß nicht jede mögliche (Linear-)Kombination von Buchstaben des Alphabetes einer Sprache auch einem Wort in dieser Sprache entspricht. Von den ihr per Alphabet an sich eröffneten Möglichkeiten werden von einer jeden Sprache immer nur vergleichsweise wenige realisiert. Damit ist immer auch noch viel Raum für sprachliche Neuschöpfungen.
Die Buchstaben eines Alphabetes bezeichnen selbst also nichts. Der einzelne Buchstabe ist nicht Zeichen für etwas anderes. Man könnte natürlich auch Buchstaben bzw. deren akustische Ausführung zum Zeichen für anderes nehmen. Genauso wie ein ganzes Wort zum Zeichen für anderes genommen wird, könnte auch der einzelne Buchstabe in so eine Funktion eintreten. Man hätte dann auch in Sprache das, was man bei Zahldarstellung auch hat, die Darstellung per einfachem Zeichen nämlich. Nun könnte man genauso gut auch in jedem System von Polynom-Darstellung natürlicher Zahlen Zahldarstellungen erst mit zusammengesetzten Zeichen beginnen lassen. Wenn man das nicht tut, so hat das verschiedene Gründe. So wäre es einfach ökonomisch nicht sinnvoll, ein Verfahrenselement, das fester Bestandteil des ganzen Verfahrens ist, weil darauf der ganze Verfahrensablauf auf allen seinen Verfahrensebenen beruht, nicht als selbständige Verfahrenseinheit dem Verfahren voranzustellen, wenn es sich diesem auch in natürlicher Weise voranstellen läßt.
Bekanntlich hat jedes System von Polynom-Darstellung die Auswahl einer endlichen Zeichenmenge zur Voraussetzung, einer Zeichenmenge die wir uns zudem auch noch in einer Reihenfolge geordnet zu denken haben. Sind diese Zeichen ausgewählt, und ist unter diesen auch eine Reihenfolge festgestellt, dann kann darauf sofort der allgemeine Mechanismus zur Darstellung natürlicher Zahlen angesetzt werden. Man muß dafür weiter nichts tun, man hat einfach nur zu erklären, daß diese in Reihenfolge geordnete Menge von Zeichen einer allgemeinen Darstellung natürlicher Zahlen zur Grundlage dienen möge. Mit dieser Erklärung ist dann sogleich auch die ganze unendliche Menge natürlicher Zahlen gesetzt bzw. dargestellt. Dargestellt ist diese Menge der natürlichen Zahlen dann durch jede nur mögliche endliche Kombination von Zeichen aus dieser vorgegebenen Zeichenmenge.
Dazu muß – wie gesagt – die vorgegebene bzw. vorzugebende Zeichenmenge in eine Reihenfolge gebracht sein. Nur dann kann das ganze Verfahren auch zu einem konstruktiven Verfahren werden. Nur dann auch wird es möglich sein, jede einzelne natürliche Zahl, und d.h., jede einzelne Zeichenfolge in diesem ganzen System von Zeichenfolgen entsprechend der Position, die sie in diesem System einnimmt, zumindest soweit zu identifizieren, daß sofort gesagt werden kann, welches die dieser einen Zeichenfolge im System folgende bzw. auch vorausliegende Folge ist.
Nun kann man sich fragen, was an dieser Positionsbestimmung relativ ist, und was absolut. Es darf dabei nicht vergessen werden, daß es dabei um eine Position in einer Reihenfolge von Positionen geht, von den Positionen einer Reihenfolge aber bekannt ist, daß sie in der ihnen natürlicherweise eigenen Reihenfolge immer dieselben sind. Jede Position in einer Reihenfolge hat insofern schon etwas Absolutes an sich. Das Absolute an Position ist, daß sie von allen Reihenfolgen in der allen Positionen eigenen Reihenfolge immer auf dieselbe Art und Weise realisiert wird. In der Abfolge von Positionen, so wie sie in, mit und durch jede Reihenfolge gesetzt werden, sind sich alle Reihen unterschiedslos gleich. Das von jeder Reihenfolge realisierte System von Positionen ist insofern etwas dem Phänomen Reihenfolge Absolutes. Man kann bei Reihenfolge mit anderen Worten von diesem System nicht abstrahieren, ohne damit Reihenfolge im besonderen wie auch im allgemeinen nicht selbst auch aufzuheben. Mit der von jeder Reihenfolge realisierten Positionenfolge partizipiert jede Position dieser – allgemeinen – Folge von Positionen am Absoluten dieses für alle Reihenfolgen einen und einzigen Positionensystems. Die Frage ist nur, wie sich diese Positionen in einer dieser Absolutheit gerecht werdenden Weise auszeichnen lassen.
Gedacht ist dabei natürlich an eine Bezeichnung, die auch kommunikationsfähig ist. Dieser Forderung wäre sicherlich nicht dadurch Genüge getan, daß auf eine bestimmte Position in einer Reihenfolge nur dadurch verwiesen werden könnte, daß diese Reihenfolge von ihrem Beginn an in allen ihren Positionen bis hin zu dieser fraglichen Position – explizit-materiell – reproduziert wird. So etwas könnte sicherlich nicht als kommunikative Form der Vermittlung von Position gelten. Daran änderte sich auch nichts dadurch, daß man sich zur Vereinheitlichung des Vermittlungsgeschehens eines ausgezeichneten Zeichens – schriftlicher oder mündlicher Art – bedient, daß dann in entsprechend großer Anzahl gesetzt wird. Das Problem dabei ist einfach dies, daß jemand dann schon auch Abzählen bzw. Mitzählen müßte, um auch wissen zu können, in welcher Anzahl dieses eine Zeichen gesetzt wurde. Ein solches Abzählen bzw. Mitzählen läßt dieses System von Vermittlung – wie wir wissen – aber nicht zu.
Das wurde nun auch schon wiederholt festgestellt. Sprachliche Kommunikation ist eine Kommunikation des gegliederten Einsatzes von endlich vielen endlichen Zeichenfolgen, die sich alle aus endlich vielen vorgegebenen Zeichen aufbauen. Was im besonderen die Kommunikation über Zahlen anbelangt, so bedient man sich dazu eines eigenen Zeichensystems. Es kommen dabei also nicht einfach die Buchstaben des Alphabetes zur Anwendung. So wie alle Sprachen in Darstellung ihres Wortschatzes auf ein und dasselbe Alphabet zurückgreifen, so bedient sich auch Zahldarstellung in allen Sprachen desselben Zeichenmaterials. Zahldarstellung sieht also graphisch – wenn nicht auch akustisch – in allen Sprachen gleich aus. Zur Verwendung kommen – in eben der Reihenfolge – die Zeichen 0, 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8 und 9, wobei die 0 eine Sonderstellung einnimmt. Sie ist nicht eigentlich auch Bestandteil der vorzugebenden Reihenfolge. Die 0 ist nicht auch natürliche Zahl. Grundsätzlich würden es auch weniger Zeichen tun. Es müssen zumindest aber zwei Zeichen sein. Genausogut können es aber auch sehr viel mehr Zeichen sein. Das ist letztlich alles Konvention. Das System, nach dem – dann – die unendlich vielen Zeichenfolgen gebildet werden, ist unabhängig von der Anzahl der vorgegebenen Zeichen aber dasselbe. Man spricht dann zwar beispielsweise vom – praktisch – so gut wie ausschließlich praktizierten Dezimalsystem oder Dualsystem etwa, das aber hat nur etwas mit der Anzahl der Verwendung findenden Zeichen zu tun. Wie in den Buchstaben des Alphabetes bedient sich
Das Dezimalsystem ist also auch nur eines unter unendlich vielen möglichen Systemen von Polynom-Darstellung. Allen diesen Systemen ist gemeinsam, daß sie sich mehr als nur eines Zeichens bedienen. Das von uns seiner fehlenden Kommunikationsfähigkeit wegen kritisierte System von Positionsvermittlung setzt dagegen nur auf ein Zeichen. In seiner Ausdrucksweise ist dieses System demzufolge auch darauf beschränkt, mit diesem einen Zeichen zu operieren. In seinem Wortschatz ist dieses System auf Zeichenfolgen beschränkt, die sich nur aus diesem einen Zeichen zusammensetzen.
In gesprochener Sprache zumindest können – akustisch – auch nur Zeichenreihen gesetzt werden, und so wird denn auch – graphisch – in geschriebener Sprache verfahren. Andernfalls müßte jeder geschriebene Text in Reihenform gebracht werden, bevor er auch mündlich wiedergegeben werden kann. Das wäre ein wenig praktikables und ein ganz und gar unökonomisches Verfahren. Es wäre einfach auch schwierig, praktikable Regeln dafür zu finden, wie beliebig im Raum verteilte Zeichen in eine – ganz – bestimmte Reihenfolge zu bringen sind.
Eine Sprache mag sich in der Aussprache nicht sonderlich eng an die Schriftform halten, und es mag eine Sprache mehr zu bildhafter Darstellung neigen; in der Anordnung der einzelnen Schriftzeichen bzw. Spracheinheiten wird allgemein an einer Darstellung in Zeilenform festgehalten. Alles andere wäre auch wenig sinnvoll, wo sich gesprochener Sprache ohnehin keine andere Möglichkeit, als die einer konsequent praktizierten Reihendarstellung bietet. Verwendung findet dabei – wenn man so will – immer nur eine Zeile. Das ist einfach eine Notwendigkeit, so wie sie aus dem Ablauf der Zeit, dem wir in allen unseren Aktionen unterliegen, folgt. Man kann eine Zeichenmenge räumlich verschieden verteilen, verteilt wird sie in der Zeit, und dort wird sie im zeitlichen Nacheinander verteilt. Sprachliche Darstellung ist also immer – ob in gesprochener oder geschriebener Form – Reihendarstellung. Damit sind aber auch nur die äußeren Bedingungen festgelegt, denen jede sprachliche Darstellung unterliegt. Natürlich ist deswegen nicht alles, was in Reihe dargestellt ist, auch schon sprachliche Darstellung. Das hat sich uns in den – beiden – verschiedenen Systemen zur Darstellung der Menge der natürlichen Zahlen gezeigt. Einem System von Zahldarstellung, das auf Zeichenfolgen aus nur einem Zeichen setzt, fehlt notwendig jede sprachliche Qualität, während bei einem System, das sich wenigstens zweier verschiedener Zeichen bedient, zumindest die Voraussetzungen dafür vorliegen, daß so ein System auch über eine entsprechende sprachliche Qualität verfügt. Wenden wir uns deswegen noch einmal dieser – auch entscheidenden – Frage zu, woraus die sprachsetzende bzw. intelligenzbegründende Qualität eines Systems von Zeichenfolgen resultiert bis resultieren kann.
[27] Das Induktionsprinzip bzw. –axiom ist Teil der Peano-Axiome, die der – axiomatischen – Begründung der natürlichen Zahlen dienen. Bei der Behandlung dieser Axiome wird auch auf dieses Induktionsprinzip und dessen genaue Formulierung zurückzukommen sein.
[28] Siehe dazu beispielsweise K. Kuratowski/A. Mostowski, Set Theory, Amsterdam 1968, S. 53: (Auswahlaxiom). Für jede Familie A von disjunkten, nicht-leeren Mengen existiert eine Menge B, die genau ein Element mit jeder Menge aus A gemeinsam hat.