Die Transzendenz von Grenzwerten

 

Zur Konvergenz der natürlichen Zahlen

 

 

Inhalt

 

Abstract

1. Unendlichkeit und irrationale Zahlen

2. Die ideale Natur von Grenzwerten

3. Die natürlichen Zahlen und ihre Grenzwertmenge

Konklusion

 

 

 Abstract: Die systematische Entwicklung der Mathematik wird – allgemein – mit einer axiomatischen Begründung der reellen Zahlen eingeleitet. Es ist dies eine rein formale Begründung dieser Zahlen. Auf Darstellungsfragen, in deren Zusammenhang allein auch die Frage einer „echten“ materiellen Begründung dieser Zahlen angegangen werden könnte, wird dabei für gewöhnlich nicht eingegangen. Ein Existenz- und Eindeutigkeitsbeweis der reellen Zahlen gehört nicht zum Pflichtprogramm von Analysis-Lehrbüchern. Soweit in der Darstellung und Entwicklung von Mathematik Bedarf an konkreten reellen Zahlen ist, wird darauf wie selbstverständlich in der uns allenthalben geläufigen und allein auch praktikablen Form und Gestalt von b-al-Brüchen zurückgegriffen. Insbesondere die natürlichen Zahlen werden schlicht und einfach als etwas Gegebenes angesehen, darüber man sich weiter keine Gedanken zu machen brauche.

Das System bzw. Verfahren, in dem diese Zahlen in der mathematischen  ausschließlich ihre Darstellung finden, wird als mathematisch irrelevant angesehen. Es ist dieses Verfahren nicht auch Gegenstand der mathematischen Analyse. Dabei gäbe es ohne dieses System die natürlichen, und in deren Gefolge auch die reellen Zahlen, und mithin auch die ganze Mathematik nicht. Die ganze Mathematik leitet sich aus dem System zur Produktion bzw. Konstruktion der natürlichen Zahlen ab. Irrationale Zahlen gibt es auch nur in dem Umfang, in dem im – erweiterten – System der Darstellung der natürlichen Zahlen über die rationalen Zahlen noch Lücken bestehen. Wäre auch nach Einfügung der irrationalen Zahlen in diesem System noch weiter Platz für andere Zeichenfolgen resp. Zahlen, dann müßte man auch mit diesen Zeichenfolgen resp. Zahlen – im übertragenen Sinne – rechnen, und dann würde damit – im wörtlichen Sinne – auch gerechnet werden.

Das Aussehen der reellen Zahlen und damit auch der daraus sich ableitende mathematische Formalismus bzw. die daraus hervorgehende Mathematik wäre dann auch ein anderes. Ihre authentische Begründung erfährt die Mathematik so einzig und allein von diesem System bzw. Verfahren her. Und die Einbeziehung einer bzw. – der – Null läßt dieses System bzw. diese Mathematik – verfahrenstechnisch könnte, was die "bloße" Produktion einer nicht-endlichen Reihenfolge von endlichen Zeichenfolgen anbelangt, auf diese Null verzichten werden – zu einem einzigartigen System bzw. zu der einzig möglichen Mathematik werden.

Unendliche Zeichenfolgen, so wie sie der Darstellung der irrationalen Zahlen – sowie auch einem Teil der rationalen Zahlen – dienen, stellen dabei den Grenzwert bzw. – genauer – die Grenzwertmenge dieses Verfahrens dar. Daraus folgt dann unmittelbar auch, daß es keine (Zahlen-)menge geben kann, die mächtiger als die Menge der natürlichen Zahlen, aber weniger mächtig als die Menge der reellen Zahlen ist, und d.h. daraus folgt dann auch die Kontinuumshypothese.

 

1. Unendlichkeit und irrationale Zahlen

 

Die ebenso zentrale wie auch fundamentale Vorstellung der Mathematik ist die Vorstellung von Unendlichem bzw. des Unendlichen. Es ist dies eine Vorstellung, die sich von den natürlichen Zahlen in der diesen natürlichen Darstellung ableitet, so wie von diesen Zahlen – nach Form und Gestalt –  in der nicht nur mathematischen Praxis im engeren Sinne Gebrauch gemacht wird. Hinter dieser Form und Gestalt steht ein bestimmtes Verfahren, einVerfahren, das sicherstellt, daß das mit den natürlichen Zahlen auch kein Ende findet. Es gibt  keine letzte natürliche Zahl, und d.h. keine natürliche Zahl, auf die nicht noch eine andere, weitere natürliche Zahl folgen würde. Das ist verfahrensbedingt so einfach sichergestellt. Dieses Verfahren bleibt in Analysis-Lehrbüchern allerdings vollkommen unbeachtet. Über dieses Verfahren wird – allgemein – nicht nachgedacht. Auch in – ganz – elementaren Arithmetik-(Schul-)büchern findet man darüber im allgemeinen nichts, und soweit man darüber etwas findet, findet man darüber etwas in Verbindung mit der Interpretation dieses Systems von Darstellung als eines Stellenwertsystems, und d.h. eines Systems, in dem sich ein jedes Zeichen einer Zeichenfolge in den Zahlenwert so einer Folge nicht nur als dieses eine Zeichen sondern auch mit dem ganzen Gewicht der Position, die es in dieser Zeichenfolge besetzt hält, einbringt.

Unabhängig davon läßt sich jeder Zeichenfolge aufgrund ihrer Zusammensetzung sofort auch die Position entnehmen, die sie ihrerseits in der Reihenfolge aller dieser Zeichenfolgen einnimmt. Wir wissen aufgrund des "Entwicklungsgesetzes" der Serie aller dieser Zeichenfolgen sofort auch, wo wir mit der einzelnen Folge in dieser Serie stehen.  Gelesen wird eine jede Zeichenfolge allerdings schon auch im System der Gewichtungen fortlaufender besetzter Positionen in solchen Zeichenfolgen. Der Zahlenwert einer Zahl berechnet sin – in der Summe – nach den Gewichtungen der einzelnen Positionen multipliziert jeweils mit der Zahl, mit der die einzelnen Positionen auch besetzt sind. Diese Zahlen resp. Zahlzeichen sind auch das einzige, was wir von so einer Folge zu sehen bekommen. Das mit den Gewichtungen ist schließlich für alle Folgen immer dasselbe, und braucht damit auch nicht immer eigens kommuniziert zu werden.

Konstitutiv für dieses System von Gewichtungen ist auch die Null, einfach weil nur mit deren Hilfe jedes einzelne Zeichen einer Zeichenfolge immer auch richtig positioniert zu werden vermag. Bei nicht-besetzten Positionen wäre das ansonsten schwierig. Es müßte dann mit irgendwelchen Lücken gearbeitet werden. Wie könnten solche Lücken aber auch markiert werden? Wenn dabei nicht mit systemfremden Komponenten gearbeitet werden soll – was das ganze System sprengen würde – dann kommt dafür nur ein systeminternes Zeichen in Frage. Man kann dabei auch nicht gut mit Leerräumen arbeiten. Das müssen wir auch nicht. Die Null bringt – so wie sie in der Mathematik formal im Axiomensystem der reellen Zahlen definiert ist – alle guten Eigenschaften für diesen Zweck mit.

Als (Zahl-)zeichen in einer (Zahl-)zeichenfolge sagt uns die Null, daß die betreffende Position nicht besetzt ist, und d.h. nicht zum Zahlenwert der vorliegenden Zahl beiträgt. Im Stellenwertsystem so wie es der Darstellung natürlicher sowie – in deren Gefolge – auch aller reellen Zahlen zugrunde liegt, wird ganz bewußt auch auf diese Null gesetzt. Durch diese Null ist einfach dafür gesorgt, daß das ganze auch ein durchgängig positionenbezogenes System ist. Das läßt sich so nur mit dem "Leerzeichen" Null einrichten. Die Null ermöglicht es uns auch, sich die in der Abfolge der Zeichen einer endlichen Zeichenfolge enthaltene Information zunutze zu machen. Die Null spielt im mathematischen Formalismus im übrigen auch eine überaus gewichtige Rolle. Neben der 1 ist diese Null auch die einzige Zahl, die „konkret“ in der Zahlenaxiomatik der reellen Zahlen Erwähnung findet. Diesen beiden Zahlen ist jeweils ein eigenes Axiom gewidmet.

Die ganze Mathematik, und d.h. der ganze mathematische Formalismus wäre natürlich ohne die Null so nicht möglich. Grenzwerte definieren sich über beliebig kleine Abstände, und d.h. Abstände, die im Grenzfall gegen Null gehen. Der Begriff des Infinitesimalen und mit ihm natürlich die ganze Infinitesimalrechnung – sprich Analysis – könnte ohne die Null nicht gedacht werden. Ohne funktionierenden Grenzwertbegriff gäbe es im übrigen auch keine irrationalen Zahlen. Die von den natürlichen Zahlen ausgehende Zahlbereichserweiterung(en) könnten damit nicht einmal alle rationalen Zahlen umfassen. Ausgeklammert blieben dabei alle diejenigen rationalen Zahlen, die ihre Darstellung als periodischer unendlicher b-al-Bruch finden. Eine solche Darstellung ergibt nur Sinn, wenn man auch weiß, daß so ein Bruch auch konvergiert, und zwar – dann notwendig – gegen die diesen Bruch darstellende bzw. die durch diesen Bruch dargestellte rationale Zahl konvergiert. Immerhin läßt sich die Konvergenz dieser Brüche noch mit relativ einfachen Mitteln, mit Hilfe der geometrischen Reihe nämlich, beweisen. Man braucht dabei nicht – so wie beim Nachweis der Konvergenz nicht-periodisch unendlicher Brüche und d.h. zum Nachweis der Existenz von Irrationalzahlen – das Vollständigkeitsaxiom. Zum Einsatz kommt auch dabei die geometrische Reihe; allerdings geschieht das nur zu Abschätzungszwecken und nicht zu direkten Grenzwertfeststellungen.

 Diese Abschätzungen zeigen, daß die Folge der Partialsummen der unendlichen Reihe „nicht-periodisch unendlicher b-al-Bruch“ eine Cauchy-Folge und als solche – dem Vollständigkeitsaxiom nach – eine in  konvergente Folge ist. Die Konvergenz solcher Reihen läßt sich also nur per Axiom begründen. Was Reihen im Gegensatz zu „einfachen“ Folgen anbelangt, ist so etwas nicht unbedingt auch evident. Wenn immer noch etwas hinzukommt, dann sollte es auch immer – noch – etwas mehr werden. Aber das ist bei der geometrischen Reihe nicht anders, und diese Reihe konvergiert noch konventionell gewissermaßen. Also, das Vollständigkeitsaxiom läßt uns auch der Konvergenz nicht-periodisch unendlicher b-al-Brüche gewiß sein, und d.h. es läßt uns solche Brüche mit Zahlen, mit irrationalen Zahlen nämlich, identifizieren. Diese Zahlen heißen so, weil sie eben nicht rational sind, und insofern definieren sich diese Zahlen in der Abgrenzung zu den rationalen Zahlen

Sinn macht das nur, wenn es auch eine Begrenzung nach oben gibt, und d.h., wenn gesagt ist, aus welcher – übergeordneten – Menge wir uns diese irrationalen Zahlen entnommen zu denken haben. Ansonsten funktioniert das mit dieser bloß negativen Charakterisierung nicht. Schließlich will die Zugehörigkeit einer Zahl zu einer Zahlenmenge immer auch eindeutig geklärt sein, und zu Zahlen gehört immer auch die Zahldarstellung. In diesem Fall gibt es diesbezüglich nichts zu recherchieren und zu analysieren. Auch die irrationalen Zahlen können in ihrer Darstellung nur im System der natürlichen Zahlen und seiner möglichen Weiterungen (ver-)bleiben. In der Bruchkomponente bleibt dann einfach nur – noch – nicht-periodisch Unendliches übrig. Die Abgrenzung nach oben ist dann einfach durch die Reihenordnung in den  Zeichenfolgen gegeben, und diese Ordnung kennt nur eine Richtung..  Formalisiert könnte man sagen, daß die irrationalen Zahlen aus denjenigen Elementen des kartesischen Produktes  mit nicht-periodisch unendlicher zweiter Komponente bestehen, wenn mit  die Menge unendlicher Zeichenfolgen bezeichnet sein soll. Die Menge der reellen Zahlen wäre dann diesem Produkt  gleichzusetzen. Feststeht auch, daß es über die irrationalen Zahlen hinaus keine weiteren Zahlen mehr geben kann, einfach weil dafür keine Zeichenfolgen mehr zur Verfügung stehen. Nach oben hin ist mit diesen irrationalen Zahlen alles ausgeschöpft, was es – in diesem System – an Zahlen noch auszuschöpfen gab. Wäre da tatsächlich noch Platz für einen anderen Zahlentyp, dann – davon kann man ausgehen – könnte sich daran auch die Mathematik nicht uninteressiert zeigen. Die Mathematik wäre dann allerdings auch nicht mehr die, die sie jetzt ist, auch wenn es müßig wäre, sich darüber Gedanken zu machen, wie die Mathematik dann sein würde.Offenbar läßt sich auch innerhalb der irrationalen Zahlen nicht zwischen verschiedenen Zahlentypen differenzieren. Alles, was nicht periodisch ist, ist dann eben nicht-periodisch. Dazwischen gibt es nichts (mehr).

Es soll damit insgesamt nur darauf hingewiesen sein, daß sich die Mathematik nicht unabhängig von dem System konkreter Zahldarstellung, so wie es mit den natürlichen Zahlen ihren Anfang nimmt und sich dann bis hin zu den irrationalen Zahlen fortsetzt, denken läßt. Von diesem System her kann demnach diese Mathematik auch nur ihr einzig mögliche – authentische – Begründung erfahren. Im übrigen auch ist die Unterscheidung nach verschiedenen Zahlbereichen eine Unterscheidung dieses Systems von Zahldarstellung. Der axiomatischen Begründung der reellen Zahlen, so wie sie der systematischen Entwicklung der Analysis vorangehen, ist eine solche Unterscheidung – zunächst jedenfalls – fremd.

Diese Begründung gilt unterschiedslos allen reellen Zahlen in gleicher Weise. Die Notwendigkeit einer besonderen Auszeichnung der natürlichen Zahlen stellt sich alsbald aber bei der Definition – unendlicher – Folgen reeller Zahlen heraus. Solche Folgen haben die natürlichen Zahlen – definitionsgemäß – zum Definitionsbereich, und damit bedürfen diese Zahlen einer besonderen Charakterisierung bzw. Qualifizierung. Zurückgegriffen werden kann dabei allerdings auch nur auf die Eins und die Null als den einzigen konkret benannten Zahlen dieser Begründung. Die Null kommt dabei nicht in Betracht, ist doch diese Null bekanntlich keine natürliche Zahl, auch wenn sie diesen natürlichen Zahlen – ergänzend bzw. abrundend sozusagen – immer auch zugeordnet wird.

 

2. Die ideale Natur von Grenzwerten

 

 Die Null ist keine natürliche Zahl, auch wenn sie – fester – Bestandteil des Systems zur Darstellung aller – unendlich vielen – natürlichen Zahlen ist. Ginge es nur darum, einen Mechanismus zu begründen, der eine unendliche Folge von endlichen Zeichenfolgen aus sich entläßt – wobei sich jeder Folge dann notwendig auch ansehen läßt, in welcher Position in der Reihenfolge aller dieser Folgen sie steht – so bräuchte man diese Null nicht. Auch die einzelnen – grundrechnungsartbezogenen –Algorithmen, die uns mit diesen Zahlen dann auch rechnen ließen, bedürfen keiner solchen Null. Das funktioniert alles auch so ganz gut. Die Grundrechnungsarten bestehen schließlich auch aus nichts anderem denn bestimmten Regeln, die uns sagen, wie wir von zwei Punkten bzw. Positionen der Reihenfolge unserer Zeichenfolgen aus zu einer ganz bestimmten anderen Position in dieser Reihenfolge gelangen. Und von diesen Grundrechnungsarten gibt es auch – nur – genau vier Stück, wobei Subtraktion und Division auf Addition resp. Multiplikation zurückgeführt werden können. In der Menge der natürlichen Zahlen läßt sich weiter auch noch die Multiplikation auf die Addition zurückführen, die in dieser Menge somit als einzige unabhängige Verknüpfung verbleibt.

 Diese Grundrechnungsarten sind also auf jeder Reihenfolge definierbar. Sie sind allerdings nicht auch auf jeder Reihenfolge unbeschränkt ausführbar. So kann bekanntlich in der Menge der natürlichen Zahlen schon nicht mehr unbeschränkt subtrahiert bzw. dividiert werden. Dem wird bekanntlich in der Mathematik durch die Einführung neuer Zahlbereiche in Form und Gestalt der Erweiterung der bereits bestehenden – aktuellen – Zahlenmenge begegnet. Das System der Zahldarstellung bleibt dabei allerdings in allen Fällen immer dasselbe: es bleibt bei dem System der Zahldarstellung natürlicher Zahlen, nur daß ab den rationalen Zahlen – wie gesagt – mit kartesischen Produkten solcher natürlichen Zahlen gearbeitet wird, wobei in diesen Produkten die zweite Komponente auch von einer unendlichen Länge sein kann. Der ganzzahlige Anteil vorneweg muß dagegen von einer – wenn auch beliebig großen – endlichen Länge sein. Mathematisch läßt sich mit Brüchen mit unendlichem ganzzahligen Anteil nichts anfangen. Unendliche Zeichenfolgen stellen keine natürlichen Zahlen mehr dar, so wie sie – bis auf das Vorzeichen für – Ganzzahliges auch nur in Frage kommen. Unendliche Zeichenfolgen sind nach einer Seite bzw. zu einem „Ende“ hin offene Folgen. Die – systematische – Konstruktion bzw. Produktion unendlicher oder auch nur endlicher Folgen setzt in jedem Fall mit einem ersten Zeichen ein. Grundsätzlich wäre auch ein Verfahren denkbar, das diesen Anfang abwechselnd in der einen wie in der anderen Richtung fortschreibt. Mathematisch hätte das nichts zu bedeuten, einfach weil es in der Zuordnung eines Zahlenwertes zu einer Zeichenfolge nur auf die – endliche – Reihenfolge gesetzter Zeichen ankommt, unabhängig davon, in welcher Reihenfolge diese Zeichen auch gesetzt sind. Für den – immer auch statischen – Zahlenwert einer Zeichenfolge ist das ohne Bedeutung. Es kommt dann nur auf die Statik der fertigen Zeichenfolge, nicht aber auch auf die Dynamik der zu fertigenden Zeichenfolge an.

Diese statische Betrachtungsweise hat allerdings dort ihre Grenze, wo es um Grenzwerte geht. Grenzwerte sind als Zahlenwerte auch nur statische Größen; eine in sich dynamische Angelegenheit ist allerdings das Grenzwertverfahren, das die Verbindung von einer Folge zu dem ihr zugehörigem Grenzwert herstellt. Der Grenzwertübergang als solcher entzieht sich einer mathematischen Kontrolle. So ein Grenzwertübergang läßt sich nicht Schritt für Schritt nachvollziehen. Könnte es das, dann wäre das Ganze kein Grenzwertverfahren mehr, und insofern gehört diese Unmöglichkeit der Rekonstruktion auch zu den konstitutiven Voraussetzungen eines solchen Verfahrens. Das, was bei so einem Verfahren passiert, läßt sich mathematisch einfach nicht einholen. Es kommt dabei immer zum Vollzug von Unendlichem, und zu Unendlichem kommt man nicht prozessual, also verfahrensbezogen durch sukzessives Ergänzen von Endlichem, und sei es, daß dieses Ergänzen unbegrenzt oft  geschieht. Man muß dazu vielmehr diese beliebig vielen Ergänzungen in einem Schritt sozusagen vornehmen bzw. – besser – per Dekret einfach vornehmen lassen.

Grenzwertverfahren lassen sich nur so durchführen, daß einfach erklärt wird, es möchte so ein Verfahren auch abschließend durchgeführt sein. Das kann man, sofern das Regelwerk, , dem dieses Verfahren folgt, feststeht, und sofern dabei im materiellen Raum und der materiellen Zeit nichts zu bewegen ist. Beides sind notwendige – und zusammen auch zureichende – Bedingungen für den Vollzug von Unendlichem. Im räumlichen Nebeneinander und im zeitlichen Nacheinander – und das eine kann vom anderen nicht getrennt werden – kann sich nie Unendliches einstellen.

Der Zeit läßt sich einfach nicht vorgreifen, und zwar auch nicht vorgreifen im Sinne der bloßen, andauernden Existenz von Zeit. Es gibt den – zwingenden – Beweis der uns der Existenz auch nur der allernächsten Zeiteinheit – und sei diese noch so klein gewählt – versichert sein lassen könnte, nicht. Das bleibt immer erst abzuwarten. Das gleiche gilt für ein mögliches Ende oder auch Nicht-Ende der Zeit. Darüber läßt sich allenfalls spekulieren. Daß die Zeit noch andauert, beweist nur, daß so ein Ende noch nicht eingetreten ist; nie und nimmer aber beweist uns dies, daß es niemals auch zu so einem Ende kommen könnte. Zu Unendlichem gehört in diesem Sinne schon immer auch der Abschluß, auch wenn sich Unendliches gerade dadurch auszeichnet, daß es keinen Abschluß hat. Raum und Zeit, sowie auch alles Raum- und Zeitabhängige kann uns damit nicht dienen. Das ist nur einem Verfahren möglich, das verfahrensbezogen betrachtet zwar ohne Abschluß ist, uns nichtsdestoweniger aber das ganze Verfahren dennoch als abschließend vollzogen denken läßt. Voraussetzung dafür ist – wie gesagt – daß dabei materiell nichts zu bewegen ist, was bekanntlich auch nur in der endlichen Zeit und im endlichen Raum stattfinden könnte.

Wir sprechen gerade über das Verfahren zur Darstellung resp. Produktion der natürlichen Zahlen, einfach weil daraus die Mathematik ihren Begriff und ihre Vorstellung von Unendlichkeit ableitet. Wir könnten auch über das Verfahren reden, das die Modellvorstellungen in Mathematik und Philosophie von den natürlichen Zahlen beherrscht, das System von "Ein-Zeichen-Folgen" nämlich. In diesem System besteht jede natürliche zahl aus einer bestimmten Anzahl von Strichen resp. Einsen oder was auch immer. Wir haben hier auch einen Abschluß des Verfahrens in Form und Gestalt der – einen – unendlichen Zeichenfolge bestehend aus unendlich vielen Exemplaren dieses einen Zeichens. In diesem System fällt man demzufolge im Unendlichen aus den natürlichen Zahlen heraus, was sich dann auch nur so verstehen läßt, daß dieses System den natürlichen Zahlen auch nicht zum Modell gereicht. Darüberhinaus ist dieses System auch von einer fragwürdigen Unendlichkeit, was die darin produzierte Menge endlicher Zeichenfolgen  – an unendlichen Zeichenfolgen geht daraus nur eine einzige hervor – anbelangt. Es ist fraglich, ob es vor Erreichen der einen unendlichen Zeichenfolge bereits zu unendlich vielen endlichen Zeichenfolgen kommt.

Wir sind in Fragen der Darstellung der natürlichen Zahlen ausschließlich, weil einzig und allein auch zahlenwertige, und damit auch verknüpfungsfähige Verfahren auf dieses klassische System verwiesen. Von einem Modell zu reden verbietet sich dann auch, einfach weil wir es dabei mit der (Zahlen-)realität selbst zu tun haben. Ein Grenzübergang findet natürlich auch in diesem Verfahren statt, wenn man dieses Verfahren tun läßt, wozu dieses Verfahren auch in der Lage ist. Wir haben es dabei zweifelsohne mit einem nicht-abrechenden und insoweit – prozessual betrachtet – auch mit einem unendlichen Verfahren zu tun. Wenn es dabei zu keinen unendlichen Zeichenfolgen kommt, obwohl so ein Verfahren der ganzen Anlage nach ausgerichtet ist, dann muß das Regelwerk so sein, daß es dazu einfach nicht kommen kann. Platz für Unendliches ist offenbar auch noch davor bzw. zuvor. Das Verfahren ist dann allerdings ohne den – finalen – Schlußpunkt in Form und Gestalt einer oder auch mehrerer unendlicher Zeichenfolgen. Das ist das Besondere an diesem Verfahren, daß es sich in seiner ganzen Unendlichkeit auf der Ebene – nur – endlicher Zeichenfolgen bewegt.

Dieses Verfahren sagt uns, wie endlich viele Zeichen auf jede nur mögliche Weise zu Zeichenfolgen beliebiger – endlicher – Länge verbunden werden können. Dazu  gibt es ein Regelwerk, das uns in unserem Denken diese Kombinationen alle auch vollzogen sein läßt, auch wenn wir physikalisch-materiell – und d.h. in Raum und Zeit – diese Folgen Folge für Folge nie und nimmer vollziehen könnten. Wir können uns ein solches Verfahren abschließend als vollzogen denken, auch wenn das Verfahren keinen Abschluß hat. Unendliches gibt es insofern nur als Regelwerk eines Verfahrens zur offenen im Sinne von nicht-abschließbaren Kombination von endlichen Zeichenfolgen aus einer vorgegebenen bzw. vorzugebenden endlichen Menge von Zeichen. Ein Abgleiten in unendliche Zeichenfolgen könnte dabei der Unendlichkeit der aus diesem Verfahren hervorgehenden Menge an endlichen Zeichenfolgen nur schaden. Es wäre fraglich, ob das dann auch noch eine unendliche Menge sein könnte. Natürlich können diese endlichen Zeichenfolgen dabei alle nur in Reihenfolge produziert werden, genauso wie man sich bei den – beliebig – vorzugebenden Zeichen auf eine Reihenfolge dieser Zeichen zu verständigen hat.

 

3. Die natürlichen Zahlen und ihre Grenzwerte

 

Ein Verfahren, das festen Regeln folgt, ist – notwendig – ein Verfahren Schritt für Schritt. Die Produktion einer Menge von Zeichen kann eben nur Zeichen für Zeichen erfolgen, und d.h. sie kann mit nur in einem – bzw. in dem – System von Reihenfolge erfolgen. Unendlich viele – verschiedene – Einzelzeichen lassen sich jedenfalls auch nicht ganz nach Belieben Einzelzeichen für Einzelzeichen setzen, so daß sich auf irgendwelche Verfahrensregeln verzichten ließe. Für die willkürliche nicht begrenzte Auswahl von Einzelzeichen gibt es kein Verfahren. Man kann Unendliches nur unter Vorgabe endlich vieler Zeichen, mit denen dann systematisch kombiniert wird, produzieren lassen. Und sollen dabei – systematisch – bei zumindest zwei verschiednen Zeichen alle Möglichkeiten von Kombinationen dieser Zeichen auch ausgeschöpft werden, dann bleibt auch nur das Verfahren übrig, dessen wir uns zur Darstellung der – unendlichen – Menge der natürlichen Zahlen bedienen, wenn man einmal von der besonderen Bedeutung und Funktion der Null absieht, die zur Produktion einer unendlichen Reihenfolge von endlichen Zeichenfolgen nicht erforderlich wäre. Erforderlich ist diese Null allerdings dazu, um dieses System von Zeichenfolgen auch – konsequent – als ein Stellenwertsystem interpretieren zu können.

 Ohne die Null wäre die – vollkommene – Symmetrie, und d. h. rein positionsbezogene Gewichtung  im System aller dieser Zeichenfolgen nicht mehr gewahrt, was sich dann auch dahingehend ausdrücken würde, daß sich die Beiträge der einzelnen Positionen einer Zeichenfolge zum Zahlenwert dieser Folge „überlappen“ können.Dem Verständnis der einzelnen Zeichenfolgen dieses Systems als Zahl würde das doch etwas Abbruch tun. Die einzelnen Zeichenfolgen würden dann nicht weiter mehr sofort auch die Zerlegung ihres Zahlenwertes in ein Polynom mit der Basis des System als bestimmter „Unbestimmter“ so wie wir das im Dezimalsystem mit der Basis 10 bzw. – allgemein – in jedem b-al-Bruchsystem mit der Basis b haben, widerspiegeln.

Diese systeminterne Gliederung wie wir sie im Umgang mit diesen Zeichenfolgen resp. Zahlen von Anfang an verinnerlichen, wäre dabei gestört. Diesen – zusätzlichen – Komfort gibt es nur gegen ein Zeichen, das anzeigt, daß eine Position nicht besetzt ist, und d.h. nicht auch zum Zahlenwert einer Zeichenfolge beiträgt. Und man benötigt die Null im allgemeinen mathematischen Formalismus auch zum Zeichen dafür, daß etwas beliebig klein wird. Der ganze Infinitesimalkalkül, und d.h. die ganze Analysis bauen bekanntlich auf dieser Vorstellung bzw. auf diesem Konzept auf.

Im mathematischen Formalismus erscheint diese Null zum ersten Mal in Verbindung mit der Einführung der ganzen Zahlen. Und auch dort sind es Symmetrie-Gründe, die für diese Einführung sprechen. Nur die Einführung eines neutralen Elementes läßt uns die Negativen der natürlichen Zahlen spiegelbildlich um dieses neutrale Element zu den positiven natürlichen Zahlen auf der Zahlengeraden anordnen. Allerdings ist das ein Argument, das der Einführung der Null nur zur Motivation, nicht aber auch zur Begründung im engeren Sinne gereichen kann. In der „Polynomzerlegung“ natürlicher Zahlen hat die Null ihren festen Platz. Und dort erfährt die Null durch das diesem System inhärente Blockbildungsverfahren – man könnte auch sagen, durch das diesem Verfahren inhärente Zählwerk – ihre authentische – operative – mathematische Begründung.

Die Null ist die einzige Zahl, die auch gleich ihrem Negativen ist. So wie die Null in einem der Axiome der Addition definiert ist, ist sie auch eindeutig bestimmt. Das muß man sich bei Axiomen immer auch fragen, ob da etwas von der Art, wie es in einem Axiom oder einem ganzen Axiomensystem postuliert ist, auch gibt, und ob es so etwas auch genau einmal gibt. Nicht jede Zahl ist bei axiomatischer Begründung einer Zahlenmenge auch Gegenstand eines eigenen Axioms. Dieses Privileg teilt – was die Körperaxiome anbelangt, so wie diese insbesondere auch für den Körper der reellen Zahlen gelten – die Null nur mit der Eins. Alles andere an Zahlen wird in einem zu führenden Existenz- bzw. Eindeutigkeitsbeweis in einen "Aufwasch" abgehandelt. Definiert ist die Null als neutrales Element der Addition, und d.h. als diejenige Zahl, die zu einer x-beliebigen Zahl addiert, auch wieder nur diese x-beliebige Zahl – und das kann auch die Null selbst sein  – zum Ergebnis hat. Die Null ist ihr eigenes Negatives, und so gesehen ist diese Null die kleinstmögliche positive, aber auch die größtmögliche negative Zahl: . Das sind einfache Folgerungen aus den Axiomen der Addition.

Im Begriff der Nullfolge kommt der Null auch eine für die ganze Analysis zentrale Bedeutung zu. Jedes Grenzwertgeschehen ist ganz auf diese Null ab- bzw. zugestellt. Die Folge der Abstände der Glieder einer Folge zu deren Grenzwert ist eine Nullfolge, und d. h. eine Folge mit Grenzwert Null. Die klassischste unter den Nullfolgen ist die Folge . In Dezimalbruchdarstellung wäre das eine Folge mit durchwegs ganzzahligem Anteil Null, sowie einer Bruchkomponente, in der die positiv besetzten Stellen immer weiter hinausrücken. Im Grenzübergang verschwinden diese Stellen gänzlich. Man könnte sich dabei fragen, ob bzw. inwieweit es dabei auch zu einer Besetzung an unendlichen Stellen kommt, wenn es denn in so einem Bruch auch unendliche Bruchstellen gäbe. Jede Bruchstelle ist eine nur endliche Bruchstelle, auch wenn es davon unbegrenzt viele gibt. So oder so läßt sich sagen, daß sich unendlich Kleines in b-al-Bruchdarstellung nur durch unendlich Großes darstellen läßt.

Die unendlichen Zeichenfolgen, die aus dem allgemeinen Divisionsalgorithmus für ganze Zahlen hervorgehen, werden in diesem Verfahren tatsächlich auch angenommen. Der Grenzübergang, der in allem Unendlichem gegenwärtig ist, erreicht in diesem Fall schon auch seinen Grenzwert. Das ist, wie wir wissen, für Grenzwertverfahren untypisch. Der Grenzwertdefinition zufolge ist das auch ausgeschlossen. Von Nullfolgen wird die Null nicht auch angenommen. Folgen kommen ihrem Grenzwert nur beliebig nahe, sie nehmen ihn nicht selbst auch an. Verfahren wie das des allgemeinen Divisionsalgorithmus tun das im Grenzübergang, und d. h. wenn man das ganze Verfahren einfach für abschließend vollzogen erklärt – gegebenenfalls – schon. Natürlich läßt sich so ein Bruch nie vollständig in allen seinen unendlich vielen Bruchstellen explizit auch anschreiben. Wie sieht das aber in dem Verfahren zur Darstellung resp. Produktion der natürlichen Zahlen aus? Wie sieht das in diesem System im Unendlichen aus?

Die Menge der natürlichen Zahlen ist bekanntlich eine unendliche Menge und zwar eine unendliche Menge von – in ihrer Darstellung – endlichen Zeichenfolgen. Das sind die natürlichen Zahlen aber offenbar auch nur, weil es in dem Verfahren zur Produktion aller dieser Zeichenfolgen zu keinem Grenzübergang hin zu unendlichen Zeichenfolgen kommt. Andernfalls könnte man nicht so tun, als ginge das mit den endlichen Zeichenfolgen immer so weiter. So ein Übergang verfahrensbedingt, und d.h. auf Grund des Regelwerks dieses Verfahrens blockiert ist.

Dieses Verfahren ist ein kombiniertes Verfahren in dem Sinne, daß es sich die Entwicklung aller nur möglichen unbegrenzt endlichen Zeichenfolgen aus der vorgegebenen Zeichenmenge angelegen zu sein lassen hat. Die Zuwendung dieses Verfahrens zur Fortentwicklung einer Folge gilt dieser Folge allenfalls nur zur Ergänzung um ein weiteres Zeichen. Nur so läßt sich auch der – simultanen – Entwicklung aller nur möglichen solchen Folgen nachkommen. Bei dieser geteilten  Zuwendung bleibt es dann auch  im Unendlichen. Es ist dies nichts was durch einen Grenzwertübergang aufgehoben, und d.h. überwunden werden könnte; es ist dies vielmehr – umgekehrt – etwas, das einen solchen Grenz(-wert)übergang hin zu unendlichen Zeichenfolgen sicher verhindert. Nichtsdestoweniger kommt dieses Verfahren allen diesen unendlichen Folgen beliebig nahe, und insofern sind diese Folgen – auch im klassisch mathematischen Sinne, was den Grenzwertgedanken anbelangt – schon auch Grenzwert – genauer: Grenzwertmenge – dieses Verfahrens.

Unendlichkeit erfordert immer die Aufmerksamkeit eines Verfahrens ganz für sich alleine. Bei Verwendung nur eines Zeichens gilt diese Aufmerksamkeit zwangsläufig immer auch derselben Zeichenfolge. In so einer Situation steht am Ende des Verfahrens dann auch die – eine – unendliche Zeichenfolge. Man kann in diesem Fall das ganze Verfahren – in seinem Abschluß – mit so einer Folge identifizieren. Wenn so ein Verfahren  in der Gesamtheit aller seiner Elemente der Darstellung der natürlichen Zahlen dienen soll, dann müßte dieses Ende davon ausdrücklich ausgenommen bleiben, einfach weil sich mit einer unendlichen Zeichenfolge keine natürliche Zahl verbinden läßt. Es gibt von so einer Zeichenfolge keine Polynomzerlegung. Auch aus diesem Grunde geht auch das in der Mathematik angebotene Modell natürlicher Zahlen, die jede solche Zahl als Äquivalenzklasse gleichmächtiger Mengen verstehen möchte, an der Realität „natürliche Zahlen“ vorbei. Der kanonische Repräsentant der einzelnen Äquivalenzklasse "natürliche Zahl" wäre in diesem Modell eine "Ein-Zeichen-Folge" aus dem beschriebenen, systematisch entwickelten  System solcher Folgen, bestückt mit der entsprechenden Anzahl dieses einen Zeichens, wobei sich in diesem System diese Anzahl nicht auch beziffern läßt. Die Zeichenfolgen dieses Systems können uns damit jedenfalls nicht dienen. Es kann in diesem System nicht abgezählt werden. Das geht einfach nur "klassisch".

Ein Zahlenwert läßt sich mit solchen Folgen in der Sprache dieses Systems nicht verbinden. Gerechnet werden kann mit solchen Folgen demnach auch nicht. Diesen Folgen und mit ihnen dem ganzen System fehlt jede kommunikative Qualität. Mit welcher Folge wir es zu tun haben, das könnte immer nur dadurch vermittelt werden, daß man diese Folge zur Gänze – Zeichen für Zeichen – (stumm) reproduziert. Mit Sprache – so wie sich das auch für Zahlen gehört – hat das nichts zu tun. Mitteilen kann man sich in diesem System nur dadurch, daß man eine Zeichenfolge Zeichen für Zeichen bzw. – Strich für Strich – reproduziert, ohne  sagen – oder selbst auch nur wissen – zu können, wie oft wir diese Zeichen zu reproduzieren haben. Wir können diese Zeichen auch nicht abzählen, einfach weil abgezählt werden nur in einem Mehr-Zeichen-System, so wie es jedem – natürlichen – System der Darstellung der natürlichen Zahlen zugrunde liegt, kann. In so einem System steht jedes Zeichen einer Zeichenfolge nicht einfach dafür, daß auch ein Zeichen gesetzt ist; diese Zeichen bringen sich vielmehr in der Zahlenwert der dadurch dargestellten Zahl auch über die Position, die sie in der Reihenfolge gesetzter Zeichen so einer Zeichenfolge einnehmen, ein. So funktioniert – jede – Sprache, und so funktioniert das auch nur mit der Darstellung von Zahlen. Es kommt dann also nicht einfach nur auf die Anzahl gesetzter Zeichen sondern vielmehr auch darauf an, wie und d. h. in welcher Reihenfolge welche Zeichen gesetzt sind. Das haben wir so bei jeder Sprache, auch wenn dabei nicht mit Gewichtungen in den einzelnen Positionen gearbeitet wird. Auf die Reihenfolge gesetzter Zeichen kommt es dabei schon auch an. Das mit den Gewichtungen gehört aber auch bei Zahlen nicht originär zum System. Es handelt sich dabei vielmehr um eine Interpretation, wenn auch um eine vom System selbst nahegelegte, um nicht zu sagen geradezu aufgedrängte Interpretation. Das Verfahren als solches gestaltet sich davon völlig unabhängig.

 


Konklusion

 

Die Menge der unendlichen Zeichenfolgen, und d.h. die Menge der irrationalen Zahlen erschließt sich uns nur als „Grenzwertmenge“ des Verfahrens zur Darstellung bzw. Produktion der Menge der natürlichen Zahlen. Der Weg zu diesen irrationalen Zahlen führt – in ihrer Gesamtheit – nur über dieses Verfahren. Es gibt einfach den konstruktiven Schritt von den rationalen Zahlen zu den irrationalen Zahlen, so wie wir ihn zuvor von den natürlichen zu den ganzen, sowie von den ganzen zu den rationalen Zahlen haben, nicht. Von Abzählbaren zu Nicht-Abzählbaren läßt sich nicht auf konstruktivem Wege finden. Konstruktiv bleiben wir immer – nur – Abzählbarem verhaftet. Der Zerfallsprozeß, der zur Produktion von Abzählbarem stattzufinden hat, läßt sich konstruktiv nicht steuern. Dazu bedarf es eines Grenzüberganges. Feststeht, daß sich so ein Verfahren nicht rekonstruieren läßt und von daher schon einmal eine unabdingbare Voraussetzung für die Fähigkeit zur Produktion von Unendlichem mitbringt. Der Übergang von Endlichem zu Unendlichem vollzieht sich in einem Schritt oder er vollzieht sich nicht. Kommt es dabei bereits ständig auch zur Produktion von Elementen der zu produzierenden Menge, ist das Verfahren trotz seiner Unendlichkeit, und d. h. trotz des darin dann zwangsläufig auch mit enthaltenen Grenzüberganges ein konstruktives. Das ist die Situation so wie wir sie bei der Konstruktion der rationalen Zahlen vorliegen haben. Anders verhält es sich mit den irrationalen Zahlen, an die wir insgesamt erst am Ende des besagten Verfahrens herankommen. Deren Produktion als Grenzwertmenge dieses Verfahrens läßt sich analytisch nicht einholen.

Das was sich im Vollzug dieses Verfahrens abspielt, bleibt unserem Zugriff entzogen. Wir können dieses Verfahren insbesondere nicht zwischendurch einmal anhalten, um zu sehen, wie weit dieses Verfahren gerade gediehen ist. Wir sind ohne jede Möglichkeit, im Vollzug dieses Verfahrens einen Schnitt vorzunehmen, um in Abhängigkeit davon eine bestimmte zwischen den natürlichen und den reellen Zahlen liegende Menge ausgezeichnet sein zu lassen. Wir können dieses Verfahren entweder als Ganzes durchgeführt haben oder wir dürfen es uns erst nicht in Gang gesetzt denken. Und vom Standpunkt bzw. den Möglichkeiten unserer endlichen Vernunft her betrachtet bedeutet das nicht mehr und nicht weniger als daß es eine Menge von einer zwar größeren Mächtigkeit als die Mächtigkeit der natürlichen Zahlen aber dennoch kleineren Mächtigkeit als des Körpers der  reellen Zahlen nicht geben kann. Und das ist bekanntlich auch der Inhalt der Kontinuumshypothese.