Die Produktion der natürlichen Zahlen und die

 

Kontinuumshypothese

 

Zur Kritik des mathematischen Formalismus

 

 

Inhalt

                                                                                                                                                                                                                                                                             

  Abstract

 

I. Die natürlichen Zahlen und ihre Sprache

  I.1 Das Verfahren zur Darstellung der Menge der natürlichen Zahlen

  I.2 Die natürlichen Zahlen und die fortgesetzte Addition der Eins

  I.3 Die Entwicklung der Mathematik und ihre Tradition

 

II. Die Unendlichkeit – in – der  Mathematik

 II.1 Die Unendlichkeit der natürlichen Zahlen

 II.2 Die natürlichen Zahlen im Unendlichen

 II.3 Konkreter Verfahren und abstrakter  Formalismus

 

III. Die Zeitlosigkeit der Mathematik

III.1 Die Existenz nicht-periodisch unendlicher Zeichenfolgen

III.2 Das System von 0–1–Folgen

III.3 Das eine Zahlsystem und seine vielen Ausführungen

 

IV. Mathematik und Logik

IV.1 Die Konstruktion rationaler Zahlen

IV.2 Zahldarstellung als System von Fortschreibung und Wiederholung

IV.3 Der nicht-formalisierbare Verfahren von Zahldarstellung

 

V. Der mathematische Formalismus und seine Grenzen

V.1 Die "Lückenhaftigkeit" des arabischen Stellenwertsystems

V.2 Die Null und ihre verschiedenen Funktionen

V.3 Der "verhinderte Grenzwert" der natürlichen Zahlen und die Kontinuumshypothese

 

  Konklusion

 

Abstract: Das Verfahren zur Darstellung der Menge der natürlichen Zahlen findet in der – systematischen – Entwicklung der Mathematik allgemein keine Beachtung. Die Modelle, die in Philosophie und Mathematik nicht zuletzt auch zum Nachweis der Existenz bzw. Eindeutigkeit der zuvor axiomatisch begründeten Menge der natürlichen Zahlen herangezogen werden, reichen an die Realität dieser Zahlen, so wie sie sich uns durch dieses Verfahren erschließt, nicht heran. Weder die am Anzahlbegriff orientierte Begründung dieser Zahlen als Äquivalenzklassen gleichmächtiger Mengen, noch die sich an die  Vorstellung des Abzählens anlehnenden Peano-Axiome erfassen diese Zahlen in der ihnen durch dieses Verfahren zuteil werdenden Identität und Intelligibilität.

 Das zeigt sich insbesondere auch daran, daß allen diesen Modellen eine systemimmanente Begründung der Null fehlt, und diese Null ist für den Körper der reellen Zahlen und mithin auch für die ganze Mathematik konstitutiv. Es ist das arabische Stellenwertsystem, das dieser Null seinen bevorzugten und die ganze Mathematik erst ermöglichenden Platz im System aller – reellen – Zahlen zuordnet.

Die Entdeckung des arabischen Stellenwertsystems gehört zu den bedeutendsten Leistungen in der Geschichte der Menschheit. Im römischen Ziffern- bzw. Zahlensystem hätte es die Entwicklung der Mathematik, so wie sie durch das arabische Stellenwertsystem möglich wurde, nicht geben können. Man denke nur an den für die ganze Mathematik auch zentralen Grenzwertbegriff, der ohne die Null so auch nicht möglich wäre. Auch die Anordnungsaxiome „leben“ von der Null.

Das Verfahren zur Produktion und Darstellung der natürlichen Zahlen ließe sich so abändern, daß die Null, in der Funktion, die sie im arabischen Stellenwertsystem hat, nicht benötigt würde. Zum Modell würde der Menge der natürlichen Zahlen auch die daraus hervorgehende unendliche Folge endlicher Zeichenfolgen gereichen. Der ganze Formalismus, so wie er der – systematischen – Entwicklung der Mathematik zugrunde liegt, könnte dann so aber nicht mehr entwickelt werden. Unter allen Ausgaben dieses Verfahrens ist dasjenige, das die Null in der dieser eigenen Position und Funktion enthält, das einzige, das der Mathematik zur materiellen Grundlage gereicht. Ohne diese materielle Grundlage wäre der ganze mathematische Formalismus obsolet.

 Es ist dieses Verfahren auch das einzige Verfahren, das den Begriff des Unendlichen nicht zu einer bloßen Chiffre werden läßt. Unendliches läßt sich nicht einfach nur formal-abstrakt begründen. Man braucht dazu schon auch das konkret-materielle Verfahren. Deswegen ist dieses Verfahren auch das einzige Verfahren, das in allen Fragen, die Unendliches betreffen, über eine natürliche Kompetenz und Autorität verfügt. Dieses Verfahren ist von einer interessanten inneren Struktur, und es ist insbesondere im Unendlichen von einer besonderen Qualität. 

Grenzwertübergänge, so wie sie in der Mathematik allenthalben vollzogen werden, sind nicht von dieser einfachen Linearität, so wie man sich das im mathematischen Formalismus gemeinhin vorstellt. Aufschlußreich ist dieses Verfahren im Unendlichen insbesondere, was die Kontinuumshypothese anbelangt, die in der formalen Mathematik in einer für die ganze Mathematik ohnehin recht merkwürdigen Unentschiedenheit verbleibt Bekanntlich ist die Bewertung in der Mathematik diesbezüglich die, daß man diese Hypothese für weder beweisbar noch widerlegbar hält. Abgeleitet wird dieser Befund daraus, daß diese Hypothese dem  Axiomensystem  der reellen Zahlen nicht widerspricht, sich daraus aber auch nicht ableiten läßt. Kann ein Existenzbeweis auf diese formalistische Art und Weise aber auch geführt werden? Ist das – anders gefragt – nicht vielmehr eine Frage des Zahlenmaterials und dessen Verarbeitung, so daß sich diese Frage auch nur auf der Ebene konkret-materieller Zahlenproduktion behandeln und  beantworten läßt?

 

 

I. Die natürlichen Zahlen und ihre Sprache

 

I.1  Das  Verfahren zur Darstellung der Menge der  natürlichen Zahlen

 

  I. – Die systematische Entwicklung der Mathematik, so wie sie in Analysis-Lehrbüchern vorgetragen wird, setzt mit einer – axiomatischen – Begründung der reellen Zahlen ein. Damit wird in dieser systematischen Entwicklung etwas an den Anfang gestellt, was in der historischen Entwicklung erst am Ende zu stehen kam. Mit der Begründung der reellen Zahlen ist die von den natürlichen Zahlen ausgehende systematische Erweiterung von Zahlbereichen an ein Ende gelangt. Die komplexen Zahlen und alles, was sich darüber hinaus noch an Zahlbereichen konstruieren läßt, leiten sich von diesen reellen Zahlen ab. So ist eine komplexe Zahl nichts anderes als ein geordnetes Paar reeller Zahlen.

Die historische Entwicklung der Mathematik spiegelt sich auch in der mathematischen Biographie eines jeden Menschen wider. Am Anfang dieser Biographie, und d.h. am Anfang der Beschäftigung mit Zahlen stehen nicht die reellen sondern die natürlichen Zahlen, und d.h. es stehen am Anfang dieser Entwicklung die Zahlen 1, 2, 3, .... Zunächst gilt es dabei, sich die Zahlen bzw. die entsprechenden Zahlwörter von 1 bis 10 zu verinnerlichen. Mit der 10 tritt erstmalig auch eine weiteres und auch letztes – einfaches – Zeichen in Erscheinung, ein  Zeichen auch, das für sich genommen keine natürliche Zahl darstellt, in der Darstellung natürlicher – wie auch anderer – Zahlen aber von einer ganz besonderen Bedeutung ist. Formal haben wir mit diesen Zahlen in ihrem anfänglichen ersten Teil mit nichts anderem als einer Reihenfolge von neun einfachen und einem kombinierten Zeichen sowie gewissen dafür gewählten – sprachlichen – Bezeichnungen zu tun. Diese Zeichen müssen nach Reihenfolge und Aussprache einfach erlernt werden, wobei man sich beim Aufzählen dieser Wörter in unterstützender Weise auch der zehn Finger bedienen kann.

Daß wir uns in der Darstellung der natürlichen Zahlen so gut wie ausschließlich des Dezimalsystems bedienen, hat sicher auch mit dieser Fingertechnik zu tun. Bekanntlich gibt es zu diesem Dezimalsystem eine ganze Menge von Alternativen. Es gibt – fast – so viele Möglichkeiten der Darstellung natürlicher Zahlen wie es natürliche Zahlen selbst auch gibt. Lediglich der natürlichen Zahl 1 korrespondiert kein solches System. Alle diese Systeme unterscheiden sich nur in der Anzahl der verwendeten Zeichen. voneinander. Man kann sich eine beliebige Menge von in Reihenfolge geordneten Zeichen vorgeben und damit die ganze Menge natürlicher Zahlen zur Darstellung bringen. Das System, dem diese Darstellung folgt, ist dabei immer dasselbe. Jede natürliche Zahl besteht aus einer endlichen (Linear-)kombination aus den vorgegebenen Zeichen, und jede solche endliche Zeichenkombination stellt umgekehrt auch eine natürliche Zahl dar.

Die Entwicklung der Reihenfolge dieser Zeichenfolgen folgt dabei einem einfachen Verfahren. Man kann dieses Verfahren auch mit Worten zu beschreiben versuchen. In der Praxis erfolgt die Einübung in dieses Verfahren allerdings im konkreten Umgang mit konkreten Zahlen. Schritt für Schritt wird man dabei im (Schul-)unterricht an immer größere Zahlen, und d.h. an immer mehrstelligere Zeichenfolgen herangeführt. Wenn man einmal weiß, wie dieses Verfahren funktioniert, bereitet es auch keine Schwierigkeiten, die daraus hervorgehende Folge von Zeichenfolgen immer weiter auch fortzuschreiben. Zusätzliche Stellen werden in diesem Verfahren nur besetzt, um alles, was zuvor ohne diese eine besetzte Stelle stattgefunden hat, mit dieser zusätzlichen Stelle wiederholen zu können.

 

  II. – Das ganze Verfahren besteht aus einer Verbindung von beständiger Wiederholung und kontinuierlicher Fortsetzung. Insgesamt betrachtet bestehen die aus diesem Verfahren hervorgehenden Zeichenfolgen aus allen nur möglichen Kombinationen endlich vieler Zeichen aus einer vorgegebenen bzw. vorzugebenden, in Reihenfolge geordneten Menge von endlich vielen Zeichen, wobei Wiederholungen zulässig sind. (Keine dieser Zeichenfolgen darf allerdings – von links nach rechts gelesen – mit Null beginnen). Diese Menge wird als eine unendliche Menge einfach deswegen angesehen, weil sich jede beliebig endliche Zeichenfolge immer noch um weitere Zeichen ergänzen läßt, unabhängig davon, wie oft solche Ergänzungen schon vorgenommen worden sind. Allerdings wird man in der verfahrensbezogen betrachteten Ergänzung Zeichen für Zeichen alleine nicht schon auch die Gewähr für Unendlichkeit sehen können. Entscheidend ist letztlich, wie sich das im Grenz(übergangs-)geschehen darstellt, und in diesem geschehen wird bekanntlich so einem Verfahren auf einmal, und d. h. in einem Schritt abverlangt, wozu so ein Verfahren in der Lage ist. Insbesondere wird in diesem Fall diesbezüglich die Frage sein, ob es im Unendlichen dieses Verfahrens auch bei endlichen Zeichenfolgen bleibt oder nicht und ob gegebenenfalls den unendlichen Zeichenfolgen auch schon unendlich viele endliche Zeichenfolgen vorausgehen. Schließlich würde dabei unendlich vieles auf einmal getätigt. Mit unendlichen Zeichenfolgen ließen sich jedenfalls keine natürlichen Zahlen mehr in Verbindung bringen. Ihre Darstellung finden natürliche Zahlen grundsätzlich nur in endlichen Zeichenfolgen.

Wüßte man um das Verfahren zur Produktion aller dieser Zeichenfolgen nicht, dann könnte man sich die Frage nach der Existenz eines solchen Verfahrens als Übungsaufgabe stellen und dann würde man nicht unbedingt auch sofort auf diesen Verfahren kommen. Dieses Verfahren ist insofern nicht einfach trivial. Vergleichsweise einfach wäre noch die Aufgabe, alle Zeichenfolgen bestehend aus einer bestimmten Anzahl von – verschiedenen ­– Zeichen systematisch zu entwickeln. Geht man von einer bestimmten Reihenfolge dieser Zeichen aus, dann besteht diese Menge aus nichts anderem als der Menge aller Permutationen dieser anfänglichen Zeichenfolge, und von allen diesen Permutationen weiß man, wie man sie bekommt.

Die Anzahl dieser Permutationen beträgt bekanntlich n!, wenn n die Anzahl der zu permutierenden Zeichen ist. So wie Permutationen definiert sind, sind sie in Abhängigkeit von den natürlichen Zahlen definiert. Formal sind Permutationen als Elemente der symmetrischen Gruppe Sn aller bijektiven Abbildungen der Menge der natürlichen Zahlen auf sich selbst definiert. Permutationen können sich deswegen auch nicht zur Definition bzw. Konstruktion der natürlichen Zahlen eignen. Insbesondere können mit Hilfe von Permutationen keine unendlichen Mengen produziert werden. Bijektive Abbildungen einer endlichen Menge auf sich selbst gibt es immer nur endlich viele, wie groß diese Menge auch sein mag.

Es gibt auch eine Verallgemeinerung von Permutationen auf unendliche Mengen. Man sprich dann aber weniger von Permutation als vielmehr von Umordnung. Von Umordnung spricht man im Zusammenhang mit unendlichen Reihen. Reihen stellen eine besondere Form von – unendlichen – Folgen dar und unendliche Folgen stehen ihrerseits in einer engen Beziehung bzw. Abhängigkeit von den natürlichen Zahlen. So ist beispielsweise eine Folge reeller Zahlen definiert als Abbildung von  nach . Jede solche Folge ist der Anzahl ihrer Folgenglieder nach notwendig eine unendliche Folge, und d.h. es ist eine Folge, die ohne ein letztes Folgenglied ist. Die ganze Mathematik – und dabei insbesondere die ganze Analysis – wäre ohne die Vorstellung quantitativer Unendlichkeit – und zwar konstruktiv nachvollziehbarer – quantitativer Unendlichkeit nicht denkbar. Es genügt dazu keineswegs eine Vorstellung von Unendlichkeit, die sich einfach in der Vorstellung von einem unablässigen Nacheinander erschöpft. Die Unendlichkeit in der Mathematik ist die Unendlichkeit der natürlichen Zahlen. Unendliches in der Mathematik gibt es, weil es die unendlich vielen natürlichen Zahlen gibt. Das findet so auch aus der Definition von Unendlichem in der Mathematik seinen Niederschlag.

 

  III.– Der Begriff des Unendlichen wird in der Mathematik im Zusammenhang mit Mengen definiert. Eine Menge heißt definitionsgemäß eine endliche Menge, wenn sie n Elemente, für ein positives, natürliches  enthält. Eine Menge heißt unendliche Menge, wenn sie nicht endlich ist, und d.h. wenn die Anzahl ihrer Elemente größer als jedes natürliche n ist. Aus dieser Definition folgt im übrigen auch, daß die Menge der natürlichen Zahlen selbst auch eine unendliche Menge ist. Mit den natürlichen Zahlen ist weiterhin natürlich auch jede Menge, die diese natürlichen Zahlen als Teilmenge enthält, eine unendliche Menge. Unendlich ist darüber hinaus auch die Bildmenge jeder injektiven Abbildung, die die Menge der natürlichen Zahlen zum Definitionsbereich hat. Bei Folgen ist diese Verschiedenheit der Bildelemente durch den – in formaler Schreibweise – natürlichen Index gewährleistet, der jedes Folgenglied auch mit seinem Urbild in Verbindung bringt und bei – ansonsten gleicher materieller Ausstattung – auch verschieden sein läßt. Folgen sind damit definitionsgemäß immer auch unendliche Folgen. Die Unendlichkeit unendlicher Folgen – zu denen im übrigen auch die unendliche Folge natürlicher Zahlen gehört – findet darin ihren Ausdruck, daß es kein letztes Folgenglied gibt, und d.h. kein Folgenglied, auf das nicht noch ein weiteres Folgenglied folgen würde.

Der Grenzwertbegriff – und mit ihm die ganze Analysis – wäre ohne diese Eigenschaft unendlicher Folgen nicht möglich. Ein Grenzwertübergang kann nur in Abhängigkeit von der unendlichen Folge natürlicher Zahlen vollzogen werden. Was Folgen anbelangt, so ist das so auch in der Definition des Grenzwertes von Folgen festgehalten. Grenzwert einer Folge (  ) reeller Zahlen ist eine reelle Zahl  dann, wenn es zu jedem  eine natürliche Zahl  gibt, so daß für alle  . Das ist eine formale Definition für eine allgemeine mathematische Konzeption. Natürlich ist diese Definition davon abhängig, daß sowohl der Grenzwert als auch das – beliebig – vorzugebende  genauso auch wie die gesuchte natürliche Zahl  sowie schließlich auch die Beträge der fraglichen Differenzen alle im einzelnen auch beziffert werden können.

 Anders würde diese Definition keinen Sinn ergeben, einfach weil im konkreten Fall sonst nicht überprüft werden könnte, ob diese Bedingung auch erfüllt ist oder nicht. Diese Definition wäre ansonsten ziemlich nichtssagend. Natürlich stellt sich die Frage der Konvergenz einer Folge immer auch nur anhand einer ganz konkret definierten Folge. Die allgemeine Folge  mit der in solchen Definitionen immer operiert wird, gibt es insoweit auch nicht. Das gilt allgemein aber für alle mathematischen Symbole, und d.h. es gilt insoweit auch für den ganzen mathematischen Formalismus. Diesen Formalismus gibt es auch nur, weil es die natürlichen Zahlen in der durch unser besagtes Verfahren hervorgebrachten Form und Gestalt gibt.

Man könnte sich die natürlichen Zahlen auch durch eine Folge von Ein-Zeichen-Folgen, und d.h. durch eine Folge von Zeichenfolgen, die sich untereinander nur in der Anzahl, in der ein und dasselbe Zeichen gesetzt ist unterscheiden, dargestellt denken. Das wäre auch diejenige Form von Darstellung, die durch unser Verfahren, das nur funktioniert, wenn auch mindestens zwei verschiedene Zeichen zur Verfügung stehen, nicht abgedeckt ist. Allerdings teilt diese Form der Darstellung dann auch nicht die – kommunikativen – Vorzüge eines durch dieses Verfahren begründeten Systems von Darstellung. Wenn die Information, die uns durch ein jedes Zeichen in einer Zeichenfolge, die sich nur aus ein und demselben Zeichen zusammensetzt, darin besteht, daß dieses eine Zeichen ein – weiteres – Mal gesetzt ist, dann ist dieses eine Zeichen eben auch so oft zu setzen, wie es gesetzt sein muß, damit durch eine solche Folge  auch eine ganz bestimmte natürliche Zahl dargestellt sein kann.

Die Frage ist nur, woher man wissen kann, welches die natürliche Zahl ist, die durch eine solche Zeichenfolge dargestellt sein soll. Das läßt sich offensichtlich nur feststellen dadurch, daß man diese Menge von Zeichen abzählt. Abgezählt werden kann offenbar aber nur in dem System, so wie es dem besagten Verfahren zugrunde liegt. Abgezählt ist jedenfalls nicht schon auch dadurch, daß man die ganze Menge von Zeichen noch einmal setzt. Dadurch läßt sich zusätzlich nichts an Information gewinnen.

 

I.2 Die natürlichen Zahlen und die fortgesetzte Addition der Eins

 

  I. – Es kommt beim Abzählen einer Menge darauf an, die einzelnen Elemente zu einer einzigen (An-)zahl zusammen zu fassen. Jedes einzelne Element geht dabei in diese Anzahl mit einer 1 ein. Das ist auch die Vorstellung, die einer jeden Zahl, so wie sie im System unseres Verfahren dargestellt wird, zugrunde liegt, die Vorstellung einer Summe von genau so vielen Einsen, wie durch eine solche Zahl angegeben ist. Zu den Eigenschaften der natürlichen Zahl 1 gehört bekanntlich, daß Multiplikation mit dieser 1 jede natürliche – aber auch jede andere reelle – Zahl unverändert läßt. Jedes Produkt einer natürlichen Zahl mit der Zahl 1 läßt sich aber auch als Summe mit ebenso viel Einsen als Summanden, wie diese natürliche Zahl ihrem Zahlenwert nach angibt, schreiben.

Die Zahl 13 beispielsweise entspricht so einer Summe, in der die 1 genau dreizehnmal als Summand auftritt. Will man eine natürliche Zahl wie die Zahl 13 als so eine Summe „ausschreiben“, dann muß man natürlich auch wieder wissen, wie oft die 1 dabei zu setzen ist. Auch dazu muß wieder abgezählt werden, und abgezählt werden kann jedenfalls nicht in einem System, in dem natürliche Zahlen ihre – einzige – Schreibweise bzw. Darstellung als Summe von Einsen finden. Man kann in der „Sprache“ dieses Systems nicht sagen, wie oft dieses Zeichen schon gesetzt ist. Man kann in der Sprache dieses Systems solche Summen nur dahingehend vergleichen, in welcher von zwei solchen Summen dieses eine Zeichen öfter gesetzt ist als in der anderen, wenn es denn auch in einer von zwei solchen Folgen auch öfter gesetzt ist als in der anderen. Man kann mit anderen Worten zwei solcher Zeichenfolgen auf Gleichheit bzw. Ungleichheit in der Anzahl der jeweils gesetzten Zeichen vergleichen. Das geschieht einfach dadurch, daß man die Zeichen der beiden Zeichenfolgen in der Reihenfolge in der sie jeweils gesetzt sind, paarweise einander zuordnet bzw. aufeinander abbildet. Die größere der Folge ist dann diejenige Folge, die noch überschüssige Zeichen aufzuweisen hat, nachdem die Zeichen der einen Folge bereits vollständig verbraucht sind.

Gleich groß sind zwei solcher Folgen genau dann, wenn diese Zuordnung genau „aufgeht“. In diesem Fall könnte man auch sagen, daß sich die beiden Zeichenfolgen in der Menge ihrer Elemente bijektiv aufeinander abbilden lassen. Auf diese Weise läßt sich auch eine Äquivalenzrelation auf einer Menge von Mengen bzw. auf dem System der Teilmenge einer Menge begründen. Auf dieser Äquivalenzrelation beruht auch ein Modell zur Konstruktion der natürlichen Zahlen, so wie man es gelegentlich – wenn zumeist auch nur schemenhaft – in Lehrbüchern der Analysis skizziert findet. Die solcherart definierten Äquivalenzklassen stehen dann jeweils für eine ganz bestimmte Anzahl in der Menge aller Anzahlen. Auf der Menge dieser Äquivalenzklassen läßt sich auch eine Ordnung £ sowie eine Addition + erklären. (siehe z.B. H.-J. Reiffen/ H.W. Trapp, Einführung in die Analysis I, Mannheim, 1972, S. 49)

 Damit wäre diese Menge auch mit allem ausgestattet, womit so eine Menge – den Vorstellungen von Mathematikern zufolge – ausgestattet zu sein hat, wenn sie uns zum Modell der Menge der natürlichen Zahlen dienen soll können. Jedes Modell dient dem Nachweis der Existenz dessen, was zuvor per Axiome definiert bzw. postuliert wurde. Jede Modellbildung erübrigt sich überall dort, wo die Definition ihrerseits bereits den Nachweis der – materiellen – Existenz des Definierten beinhaltet. Bei einem konstruktiven Verfahren haben wir diese Situation vorliegen.

Ein Existenz- bzw. Eindeutigkeitsbeweis, so wie er für gewöhnlich im Gefolge eines axiomatischen Vorgehens zu führen ist, erübrigt sich dann. In exemplarischer Weise finden wir diese Situation bei der Erweiterung der Menge der natürlichen Zahlen zur Menge der ganzen sowie – anschließend – zur Menge der rationalen Zahlen vor. Diese beiden Zahlbereichserweiterungen – so wie sie wie gesagt auch der mathematischen Biographie eines jeden Menschen entsprechen – tragen eindeutig konstruktiven Charakter. In einem Fall wird die Menge der natürlichen Zahl nicht nur formal sondern auch material um die Menge ihrer Negativen ergänzt; im anderen Fall wird aus der solcherart erhaltenen Menge nicht weniger formal wie auch material die Menge aller Brüche p/q gebildet, wobei man sich jede Zahl p aus der Ursprungsmenge mit der Zahl   aus der Bildmenge identifiziert zu denken hat. Auf diese Weise enthält die Bildmenge auch die ganze Ursprungsmenge, so wie man das bei der Erweiterung einer Menge auch erwarten darf. Wie aber verhält es sich diesbezüglich mit den natürlichen Zahlen selbst? Die natürlichen Zahlen ihrerseits lassen sich natürlich nicht als Erweiterungsmenge eines noch elementareren Zahlbereiches verstehen. Die natürlichen Zahlen lassen sich nicht aus anderen Zahlbereichen ableiten. Kann es dann aber auch so etwas wie eine Konstruktion dieser natürlichen Zahlen geben?

 

  II.– Wir haben uns im letzten Abschnitt mit einem Modell der natürlichen Zahlen beschäftigt. Ein solches Modell folgt notwendig immer einer axiomatischen Begründung dieser Zahlen, einfach weil eine solche Begründung notwendig einen Existenz- bzw. Eindeutigkeitsbeweis schuldig bleibt. Diesem besagten Modell geht eine axiomatische Begründung der natürlichen Zahlen voraus, die sich ihrer ganzen Anlage nach eng an die – gewöhnliche – axiomatische Begründung der reellen Zahlen anlehnt. (siehe z.B. H.-J. Reiffen/H.W. Trapp, Einführung in die Analysis I, Mannheim, 1972, S. 24f). Es wird in dieser Begründung eine assoziative und kommunikative Addition sowie eine Ordnungsrelation verlangt, für die die sogenannte Verträglichkeitsbedingung sowie die Wohlordnungseigenschaft gelten. Aus diesen Axiomen läßt sich dann alles, worüber die natürlichen Zahlen an Eigenschaften verfügen, ableiten. Mit den natürlichen Zahlen sind natürlich die Zahlen gemeint, so wie sie uns aus der Darstellung im allgemein – und auch so gut wie ausschließlich – gebräuchlichen Dezimalsystem bekannt sind. Dazu gehört – wie gesagt – auch ein Satz von zehn Zeichen, auf den man sich in der Darstellung der natürlichen Zahlen verständigt hat, und an denen man seither zweckmäßigerweise auch festgehalten hat. Die Zeichen als solche wären allerdings austauschbar. Die Form und Gestalt dieser Zeichen ist für das ganze System der Darstellung ohne jede Bedeutung. Wichtig dabei ist allein, daß sich die einzelnen Zeichen alle auch voneinander unterscheiden lassen.

Der ganze mathematische Formalismus dient in diesem Fall nur der – formalen – Rekonstruktion dessen, was uns von der unserem Verfahren folgenden natürlichen Darstellung der natürlichen Zahlen bekannt ist. Wir haben in diesem System natürlich eine assoziative und kommunikative Addition sowie eine Ordnungsrelation, die die Verträglichkeitsbedingung sowie die Wohlordnungseigenschaft erfüllt. Man kann mit Hilfe dieser Axiome – wie gesagt – alles beweisen, was die natürlichen Zahlen – in der uns gebräuchlichen Darstellung wie gesagt – auszeichnet. Man kann daraus nur nicht auch das Verfahren ableiten, dem die in der Praxis ausschließlich gebräuchliche Darstellung natürlicher Zahlen folgt. Dieser Verfahren ist auch nicht Gegenstand dieses Axiomensystems. Heißt das, daß in diesem Axiomensystem einfach von diesem Verfahren abstrahiert werden könnte? Gestaltet sich die Entwicklung der Mathematik unabhängig von diesem Verfahren sowie dem daraus hervorgehenden System der Darstellung natürlicher Zahlen?

Es könnte ganz danach aussehen, wenn man sieht, daß in der ganzen Entwicklung der Mathematik von diesem Verfahren und der diesem Verfahren verpflichteten (natürlichen) Darstellung natürlicher Zahlen keine Rede ist. In welch enger Verbindung zu diesem System von Zahldarstellung die ganze Entwicklung der Mathematik gleichwohl steht, beweist die Tatsache, daß der Existenz der Null im Axiomensystem der reellen Zahlen ein eigenes Axiom gewidmet ist. Die Zahl Null ist eine Besonderheit des arabischen Stellenwertsystems, so wie es durch unser besagtes Verfahren beschrieben ist. In dem zuvor gebräuchlichen römischen System gibt es bekanntlich kein Zeichen für eine Zahl Null. Es gibt diese Zahl Null in diesem System nicht. In einem Stellenwertsystem wie dem arabischen System dagegen, und d.h. in einem System, in dem jedes einzelne Zeichen innerhalb einer eine bestimmte Zahl darstellenden Zeichenfolge seine Bedeutung – auch – aus der Position bezieht, die es innerhalb dieser Zeichenfolge einnimmt, ist die „Existenz“ einer Zahl Null unverzichtbar. Man muß in einem solchen System einfach auch zum Ausdruck bringen können, daß eine (oder auch mehrere) Position(en) zwischen zwei besetzten Positionen nicht besetzt ist bzw. besetzt sind. Wir benötigen dieses Leerstellenzeichen Null dann, um die effektiv besetzten Positionen mit dem, womit sie besetzt sind, auch in die richtige Position bringen zu können.

 

  III.– Die Zahl Null ist keine natürliche Zahl. Sie wird im allgemeinen in ergänzender Weise allerdings den natürlichen Zahlen zugeordnet. Das ist entsprechend aber immer auch zu vermerken. Für die Menge der natürlichen Zahlen inklusive der Null bedient man sich eines eigenen Symbols. Für gewöhnlich wird dazu die Null einfach als Index dem allgemeinen Symbol  für die Menge der natürlichen Zahlen beigefügt: . Geht die Begründung der natürlichen Zahlen der Begründung der reellen Zahlen voraus, dann kann auf diese Null auch nur ergänzend als einem neutralen Element der Addition hingewiesen werden. Ein – theoretisches – Motiv dafür gibt es allerdings nicht. Die natürlichen Zahlen, so wie sie zuvor ihre axiomatische Begründung erfahren haben, verlangen nach dieser Null nicht. Die Existenz einer solchen Null läßt sich aus diesem Axiomensystem auch nicht ableiten. Die Zahl Null ist – wie gesagt – keine natürliche Zahl.

Wenn man die Menge der natürlichen Zahl durch das beschriebene System von Ein-Zeichen-Folgen dargestellt sehen möchte, dann bedarf es dazu keiner Null. So etwas wie die Null wäre einem solchen System einfach fremd. In dem beschriebenen – auf dem Anzahlbegriff aufbauenden – mengetheoretischen Modell der Menge der natürlichen Zahl läßt sich die Zahl Null auch nur mit der leeren Menge identifizieren. Die Äquivalenzklasse dieser Zahl Null besteht dann auch nur aus dieser einen leeren Menge allein. Definitionsgemäß gehört die leere Menge zur Potenzmenge einer jeden Menge.

Die Zahl Null spielt auch im allgemeinen Formalismus der Mathematik eine besondere Rolle insofern, als der Umgang mit der Zahl Null im Zusammenhang mit allgemeinen Definitionen im allgemeinen auch einer gesonderten Festsetzung bzw. Konvention bedarf, und sei es, daß die Zahl Null von einer solchen Definition ausgeklammert bleibt. Die Bedeutung der Zahl Null im arabischen Stellenwertsystem erklärt sich aus der Funktion, die diese Null bzw. das Zeichen für diese Null in diesem System ausübt. Jede Null in einer der Zeichenfolgen dieses Systems besagt, daß die betreffende Position zum Zahlenwert der ganzen (Zahl-)zeichenfolge nichts beiträgt. Man kann auf diese Information – wie gesagt – nicht verzichten, weil anders der Beitrag derjenigen Positionen, die auch positiv besetzt sind, nicht richtig eingeordnet werden könnte. Ihre Gewichtung innerhalb einer Zahlzeichenfolge kommt den einzelnen Zeichen aufgrund ihrer Position innerhalb so einer Zeichenfolge zu. Um alle diese Zeichen auch richtig zu positionieren, bedarf es eines Leerzeichens für den Fall, daß eine Position  nicht besetzt ist.

Die funktionale Bedeutung der Zahl Null in diesem Stellenwertsystem interessiert in einem Axiomensystem der Menge der natürlichen Zahlen nicht. Das ganze der Produktion resp. Darstellung dieser Zahlen dienende  Verfahren ist bekanntlich nicht Gegenstand eines solchen Axiomensystems. In so einem System zählen nur die Eigenschaften von Verknüpfungen bzw. Anordnungen. Das operative, verknüpfungsbezogene, der funktionalen, darstellungsbezogenen Bedeutung der Null korrespondierende Element besteht in der Eigenschaft dieser „Zahl“, bei Multiplikation mit jeder x-beliebigen Zahl immer wieder nur sich selbst zum Ergebnis zu haben. Multiplikation mit Null führt immer nur – zurück – zur Null.

Operativ wird die Zahl Null im genannten Axiomensystem der Menge der natürlichen Zahlen durch ihre Eigenschaft neutrales Element der Addition zu sein, charakterisiert. Im Gegensatz zur Multiplikation, die der Null nichts anhaben kann, kann Addition der Null zu einer natürlichen bzw. auch reellen Zahl dieser Zahl nichts anhaben. Sie läßt diese Zahl unberührt. Diese Eigenschaft der Zahl Null wird im Axiomensystem der reellen Zahlen auch als Axiom geführt, wohingegen sie bei unserer axiomatischen Begründung der natürlichen Zahlen – dogmatisch – nur ergänzend vermerkt werden konnte. (siehe z.B. H.-J. Reiffen/H.W. Trapp, Einführung in die Analysis I, Mannheim, 1972, S. 31).

 

I.3 Die Entwicklung der Mathematik und ihre Tradition

 

  I. – Bei der – axiomatischen – Begründung von Zahlbereichen wird immer operativ argumentiert. Bei unserem Verfahren zur Darstellung der natürlichen Zahlen wird dagegen nur funktional gedacht. Dieses Verfahren existiert und funktioniert unabhängig davon, ob wir die aus diesem Verfahren hervorgehenden Zeichenfolgen als natürliche Zahlen lesen und verstehen oder nicht. Die Deutung der von diesem Verfahren produzierten Zeichenfolgen als natürliche Zahlen ist für dieses Verfahren nicht konstitutiv. Das hat für dieses Verfahren als Verfahren nichts zu bedeuten. Umgekehrt lassen sich die natürlichen Zahlen ohne daß von diesem Verfahren produzierte System von Zeichenfolgen nicht lesen und nicht verstehen. Das ist ganz offenbar die einzige Form der Darstellung natürlicher Zahlen, die diese auch gleich auch mit einem – mit ihrem – Zahlenwert ausstattet, ohne daß dazu zuvor erst noch abgezählt werden müßte, so wie wir das bei einem System von Ein-Zeichen-Folgen haben. Wir können jeder dieser Zeichenfolgen sofort entnehmen, wo wir mit dieser Folge in der unendlichen Folge aller solcher endlichen Zeichenfolgen stehen. Das gilt unabhängig davon, ob wir jede einzelne dieser Zeichenfolgen auch mit einer natürlichen Zahl identifizieren oder nicht; es ist dies offenbar aber schon auch die Voraussetzung dafür, daß jede solche Zeichenfolge auch mit einer natürlichen Zahl identifiziert werden kann bzw. daß umgekehrt eine natürliche Zahl mit so einer Zeichenfolge gleichgesetzt werden kann.

Feststeht jedenfalls, daß nur in Form und Gestalt solcher Zeichenfolgen natürlicher Zahlen auch in unserem Bewusstsein und in unserer Vorstellung Form und Gestalt annehmen können. Nur in Form und Gestalt solcher Zeichenfolgen kann mit natürlichen Zahlen auch gerechnet werden. Die Algorithmen zur Durchführung der Grundrechnungsarten so wie sie in den Schulbüchern angeboten werden, setzen eine Darstellung der natürlichen Zahlen in Form und Gestalt solcher Zeichenfolgen voraus. In Analysis-Lehrbüchern sind diese Algorithmen allerdings kein Thema (mehr). Auch zur Darstellung natürlicher Zahlen wird in diesen Texten kein Wort (mehr) verloren. Das wird alles einfach als bekannt bzw. als gegeben voraussetzt. Soweit auch in diesen Lehrbüchern Bedarf an natürlichen Zahlen ist, wird von diesen Zahlen in Form und Gestalt eines Systems solcher Zeichenfolgen bzw. – konkreter – wird von diesen Zahlen in Form und Gestalt des mit 1, 2, 3 ... beginnenden Dezimalsystems solcher Zeichenfolgen Gebrauch gemacht.

 

  II. – Auch die Mathematik steht diesbezüglich ganz in der Tradition natürlicher alltäglicher Zahldarstellung. Daß hinter dieser Darstellung ein bestimmtes System steht, und daß es von diesem System auch unendlich viele verschiedene Ausgaben gibt, darüber geht man in den Analysis-Lehrbüchern einfach hinweg. Dabei sind diese natürlichen Zahlen ein integraler, konstitutiver Bestandteil auch der rein formal-abstrakten Entwicklung von Mathematik, so wie sie in Analysis-Lehrbüchern erfolgt. Es ist keineswegs so, daß dieser Formalismus ohne diese ganz konkrete Darstellung natürlicher Zahlen in Form und Gestalt einer ganz bestimmten Ausgabe des besagten Systems von Darstellung dieser Zahlen auskommen könnte. Was diese natürlichen Zahlen anbelangt läßt sich nicht einfach nur im Formal-Abstrakten verbleiben. Das mag in vielen anderen bzw. – vielmehr – auch allen anderen Dingen dieser Entwicklung der Mathematik möglich sein; was – einzig und allein – die natürlichen Zahlen anbelangt ist dies jedenfalls nicht möglich.

So ist es beispielsweise und insbesondere nicht erforderlich der formal-abstrakten Begründung der reellen Zahlen auch eine konkrete Darstellung dieser Zahlen zur Seite zu stellen, damit die ganze Mathematik so wie sie in Analysis-Lehrbüchern entwickelt wird, auch entwickelt werden kann. Diese Entwicklung setzt in ihrer bzw. zu ihrer formalen Möglichkeit weder einen Existenz- noch einen Eindeutigkeitsbeweis dieser Zahlen voraus.

Im allgemeinen fehlt in den Lehrbüchern auch ein solcher Beweis und das beweist eben, daß es auch ohne so einen Beweis geht. Es muß in diesen Lehrbüchern schließlich auch alles bewiesen werden, was an Behauptungen aufgestellt wird, und falls mit den vorhandenen Möglichkeiten eine Behauptung nicht bewiesen werden kann, muß man einfach dafür sorgen, daß die Voraussetzungen für so einen Beweis auch geschaffen werden. Wenn es dazu eines Existenz- bzw. Eindeutigkeitsbeweises bedürfte, dann müßte ein solcher Beweis eben auch geführt werden. Wenn er in den Lehrbüchern nicht geführt wird, dann beweist dies – wie gesagt – daß er auch nicht geführt werden muß. Schließlich steht es den Autoren solcher Lehrbücher nicht frei, in der Entwicklung der Mathematik einen Weg zu beschreiten, der uns auf so manche Behauptung und deren Beweis verzichten ließe. Was die wesentlichen Elemente in der Entwicklung der Mathematik anbelangt, so sind diese jedem Autor entsprechender Lehrbücher unverrückbar vorgegeben. In ihren Grundzügen ist jede dieser Entwicklungen gleich.

Das heißt nicht, daß sich all diese Entwicklungen deswegen einfach nur gleichen würden. Es gibt eine Vielzahl von Analysis 1-Darstellungen und es kommen auch immer wieder neue Darstellungen hinzu. In der Gestaltung so einer Darstellung verfügen die Autoren doch über einen gewissen Spielraum. Man kann in den Beispielen eine andere Auswahl treffen, man kann in der Beweisführung variieren, und man kann sich auch verschiedenen „Ansätzen“ verpflichtet fühlen. So gibt es Darstellungen, die in besonderer Weise anwendungsbezogen sind, was sich insbesondere und vorwiegend in physikalischen Beispielen niederschlägt. Andere Darstellungen wiederum liegen auf größtmögliche Abstraktion wert, was sich in einem betont formalistischen Vorgehen bemerkbar macht. Nichtsdestoweniger sind alle diese Darstellungen ein und demselben Thema und ein und derselben Entwicklung verpflichtet.

 

  III. – Die Mathematik, die es zu entwickeln gibt, ist allen diesen Darstellungen vorgegeben. Allerdings ist diese Entwicklung selbst auch Ergebnis einer längeren Entwicklung, so wie sie sich insbesondere in den zurückliegenden hundert Jahren etwa vollzogen hat. Eine grundlegend neuere Entwicklung im Anschluss an diese Entwicklung ist nicht mehr zu erwarten. Neuere Impulse in der – grundlegenden – Entwicklung der Mathematik können nur von einer Reflexion über die bislang nicht reflektierten Voraussetzungen dieser Entwicklung ausgehen, und zu diesen bislang nicht reflektierten Voraussetzungen dieser Entwicklung zählen die natürlichen Zahlen in dem diesen Zahlen eigenen System von Darstellung.

Dieses System wird – wie gesagt – in den Lehrbüchern allerdings nicht thematisiert. Sofern die natürlichen Zahlen unabhängig von der Begründung der reellen Zahlen eine eigene Begründung erfahren, geschieht das entweder im Äquivalenzmengenmodell oder im System der Peano-Axiome. Das erste Modell lehnt sich an die allgemeine axiomatische Begründung der reellen Zahlen an, während die zweite Variante sich den natürlichen Zahlen über das Phänomen Reihenfolge zu nähern sucht, auch wenn dieser Begriff Reihenfolge in dieser Variante auch nicht unbedingt fallen muß.

 Es wird in diesen Peano-Axiomen eine Menge über eine Abbildung konstruiert. Die Forderungen an diese Abbildung sind die, daß sie umkehrbar ist, sowie daß es in ihr ein ausgezeichnetes Element gibt, das nicht im Bild dieser Abbildung liegt und daß darüberhinaus eine Eigenschaft dieser Menge bzw. eine mit Hilfe dieser Menge mögliches Verfahren begründet, daß in der Literatur unter dem Namen vollständige Induktion bekannt ist. Diese vollständige Induktion besagt, daß jede Teilmenge dieser gegebenen Menge, die dieses eine ausgezeichnete Element sowie mit jedem ihrer Elemente auch das betreffende Bildelement enthält, auch schon die ganze Menge umfaßt.

Der Name vollständige Induktion steht in der Mathematik für ein Beweisverfahren,  das immer dann Anwendung finden kann, wenn es darum geht, Behauptungen zu beweisen, die in einer abstrakt-formalen Abhängigkeit von der einzelnen abstrakt-formalen  natürlichen Zahl formuliert sind. Es kann sich dabei entweder um Behauptungen handeln, die von den natürlichen Zahlen selbst handeln oder aber auch um Behauptungen, die in Abhängigkeit von den natürlichen Zahlen indiziert werden können. Das Verfahren ist dann dies, daß die Behauptung in einem ersten Schritt für die Zahl 1 und in einem zweiten Schritt für die Zahl  unter der Annahme, daß die Behauptung für jede beliebige natürliche Zahl n schon bewiesen wäre, bewiesen wird.

Natürlich kann eine solche Behauptung nicht für jede einzelne natürliche Zahl auch einzeln bewiesen werden. Wir haben es bei der Menge der natürlichen Zahlen insbesondere auch mit einer unendlichen Menge zu tun. Das folgt einfach aus den Eigenschaften der dieser Menge in den Peano-Axiomen zugrundeliegenden Abbildung. Eine injektive Abbildung einer endlichen Menge in diese Menge selbst kann es nicht geben, wenn ein Punkt dieser Menge als Bildpunkt dieser Abbildung ausgeschlossen ist.

 

 

II. Die Unendlichkeit – in – der Mathematik

 

II. 1  Die Unendlichkeit der natürlichen Zahlen

 

  I. – Der Begriff des Unendlichen ist der zentrale Begriff der Analysis schlechthin. Eingeführt und behandelt wird dieser Begriff in der Analysis als mengentheoretischer Begriff. So ist jede Menge entweder eine endliche oder eben eine nicht-endliche, und d.h. eine unendliche Menge. Die Definition der Unendlichkeit von Mengen ist eine indirekte Definition. Definiert wird dieser Begriff in Abhängigkeit von der Menge der natürlichen Zahlen. Zur Definition eignet sich diese Menge von Zahlen natürlich auch nur deswegen, weil diese Menge selbst auch eine unendliche Menge ist. Definitionsgemäß ist eine Menge eine endliche Menge, wenn sie sich in der Form  für ein natürliches  schreiben läßt. Die geforderte Indizierung einer unendlichen Menge muß aber nicht notwendig von 1 bis n laufen. Im Ergebnis läuft das allerdings immer darauf hinaus, sodaß uns die etwas allgemeinere Abschnittsdefinition von endlichen Mengen nicht zu interessieren braucht.

Abschnitte der Menge der natürlichen Zahlen sind – im Sinne der Reihenfolge dieser Zahlen – geschlossene Teilmengen derselben. Die Indizierung läuft dann nicht von 1 bis n sondern etwa von n über n + 1, n + 2, .... bis n + m, für natürliches n, m. Prinzipiell könnte man auch Indizierungen zulassen, die sich ganz nach Belieben aus der Menge der natürlichen Zahlen bedienen. Dann wäre sogar verfahrensbedingt sichergestellt, daß die indizierte Menge auch eine endliche Menge ist, einfach weil eine nicht-mechanisierte Indizierung Element für Element notwendig die Indizierung einer endlicher Menge sind. Das ist jedenfalls solange so als diese Indizierung läuft. Element für Element läßt sich in – willkürlicher Reihenfolge – immer nur eine endliche Menge bedienen.

Das gilt aber auch für die Menge der natürlichen Zahlen selbst, wenn diese immer nur Zahl für Zahl bzw. Zeichenfolge für Zeichenfolge – in der Zeit – produziert werden könnte. Die Menge der natürlichen Zahlen ist eine unendliche Menge auch nur deswegen, weil diese Menge ihre Existenz einem Verfahren verdankt, das diese Zahlenmenge bzw. der die diese Zahlenmenge darstellende Folge von Zeichenfolgen selbsttätig – in unablässiger Weise – produziert bzw. immer schon produziert hat. Die Produktion bzw. Darstellung dieser Zahlen unterliegt keinerlei Zeitindex. Würde sie das, könnte diese Zahlenmenge notwendig eine nur endliche Menge selbst dann sein, wenn diese Produktion auch immerfort andauern würde bzw. andauern könnte. Dem Zeitablauf wohnt in jedem Fall ein begrenzendes Element inne, das zuverlässig ausschließt, daß in diesem Verlauf jemals Unendliches entstehen könnte. Der Zeitablauf läßt so etwas nicht zu. In ihrer empirischen Realität ist die Zeit notwendig eine nur endliche Zeit, auch wenn diese Zeit endlos lange andauern sollte.

Zeitabhängigkeit schließt Unendlichkeit kategorisch und definitiv aus. Das gilt – wie gesagt – auch für die Zeit selbst. Während ihres Zeitverlaufes kann die Zeit ihrer Zeitdauer nach keine unendliche sein, und sobald sie aufhörte, sich weiter auszudehnen, wäre es mit dieser Zeit vorbei, und d.h. würde dadurch die Endlichkeit der Zeit definitiv auch festgeschrieben. Eine unendliche Zeit könnte es nur als eine in ihrer Unendlichkeit vorweggenommene Zeit geben, und das schließt der Zeitverlauf gerade aus. Man müßte vorab schon einfach dieser Unendlichkeit versichert sein, und das kann man nicht, solange die Zeit, um deren mögliche Unendlichkeit es geht, sich in ihrer Unendlichkeit nicht auch dadurch erwiesen hat, daß sie auch unendlich lange gewährt hat. Das, was zum Beweis der Unendlichkeit von Zeit notwendig wäre, ist gerade auch das, was – wenn es denn auch einträfe – das Gegenteil dessen bewiese, was damit eigentlich bewiesen sein soll.

 

  II. – Zeit gibt es nur als endliche Zeit oder es gibt keine Zeit. Unendlichkeit gibt es in der Mathematik auch nur, weil es in der Mathematik keine Zeit gibt. Die Mathematik ist in sich eine zeitlose Angelegenheit, auch wenn diese Mathematik natürlich auch nur in der Zeit betrieben bzw. entwickelt werden kann. Es findet sich darin allerdings nichts betrieben bzw. entwickelt, was nicht immer schon vollzogen bzw. entwickelt wäre. Nur unter dieser Voraussetzung auch kann es Unendliches geben. Die Unendlichkeit der Mathematik ist die Unendlichkeit der natürlichen Zahlen und die Unendlichkeit dieser Zahlen ist die Unendlichkeit der Serie von – endlichen – Zeichenfolgen so wie sie – einem bestimmten System folgend – zur Darstellung der natürlichen Zahlen herangezogen wird.

Dieses System bzw. das diesem System zugrundeliegende Verfahren bedarf zur Produktion aller dieser Zeichenfolgen keiner Zeit. Per Konstruktionsvorschrift können wir uns diese Zeichenfolgen schon immer auch als vollständig produziert denken, auch wenn das Produktionsverfahren produktionsbezogen gesehen notwendig ohne – zeitliches – Ende ist, einfach weil es keine letzte Zeichenfolge gibt, auf die nicht noch auch eine weitere Zeichenfolge folgen würde. Damit verfügt dieses Produktionsverfahren über diejenigen Eigenschaften, die wir von Unendlichem notwendigen erwarten, und die – wie gesehen – der Zeit notwendig auch fehlen. Würde man dieses Produktionsverfahren mit einer Zeitkomponente ausstatten, so bliebe auch dieses Verfahren und bliebe mit ihm auch die Menge produzierter Zeichenfolgen notwendig Endlichem verhaftet. Wir kämen damit zu keinem Ende, und wir dürften damit im übrigen auch zu keinem Ende kommen, wenn die Menge dieser Zeichenfolgen eine unendliche Menge sein können sollte. So aber bedarf es der Zeit in der Produktion der endlos vielen Zeichenfolgen dieses Systems nicht. Die Produktionsvorschrift beinhaltet zugleich auch die Produktion. Daß es mit dieser Produktion – an sich – kein Ende haben kann, steht dann dem nicht entgegen, uns diese Produktion schon immer zur Gänze als vollzogen zu denken.

Eine Zeitbezogenheit haftet diesem Verfahren allerdings insofern an, als diese ganze Produktion schon auch dynamischer Natur ist. Man kann diese Produktion und das was aus dieser Produktion hervorgeht, nicht einfach nur unter statischen Aspekten betrachten. Daß die Zeit nicht auch als – ein – Element in das Materialobjekt mathematischer Analyse eingeht, führt dazu, daß wir mit dieser Mathematik auch keine dynamische Komponente in Verbindung bringen, so wie wir das bei jeder Zeitabhängigkeit in begleitender Weise immer haben. Das tun wir auch nicht bei Grenzwertverfahren, obwohl so ein Verfahren als das Verfahren der Analysis schlechthin infolge der demselben zugrundeliegenden Idee ständiger Annäherung ein in sich dynamisches Verfahren ist. Die Möglichkeit, Grenzwerte zu bilden, verdankt die Analysis aber auch wieder nur den natürlichen Zahlen. Der für die Analysis zentrale Begriff der Folge bzw. Reihe wird in expliziter Abhängigkeit von diesen natürlichen Zahlen definiert, als Abbildungen nämlich, die diese natürlichen Zahlen zum Definitionsbereich haben. Die Unendlichkeit dieser Zahlen ist eine notwendige "Bedingung der Möglichkeit", Grenzwerte zu bilden, sofern solche Grenzwerte im einzelnen auch existieren.

Was die natürlichen Zahlen selbst anbelangt, verfügen diese über einen solchen Grenzwert nicht. Die natürlichen Zahlen sind in mathematischer Terminologie divergent, wenn auch in der besonderen Form der – bestimmten – Divergenz gegen . Diese imaginäre Größe ¥ ist keine natürliche, aber auch keine reelle Zahl, auch wenn sie im mathematischen Formalismus und in unserer mathematischen Vorstellung – mit Abstrichen allerdings – so behandelt wird, als würde es sich dabei um eine – reguläre – Zahl handeln. Man kann diese „Zahl“ auch dazu verwenden, die Zahlengerade bzw. – im Zweidimensionalen – die komplexe Ebene abzuschließen bzw. zu kompaktifizieren. Wegen der angenehmen – topologischen – Eigenschaften, über die kompakte Mengen verfügen, und weil der mathematische Formalismus von wenigen Modifikationen bzw. Ergänzungen abgesehen derselbe ist, steht dem nichts entgegen, die reelle Analysis gleich mit den kompaktifizierten reellen Zahlen zu entwickeln. Im Ergebnis unterscheidet sich die eine Analysis nicht von der anderen, nur daß im einen Fall die „Zahl“  außer Konkurrenz läuft, während sie im anderen Fall in die zugrundeliegende Punktmenge integriert ist.

 

  III. – Der Begriff des Unendlichen ist in Verbindung mit den natürlichen Zahlen einfach ein Symbol dafür, daß die Menge der natürlichen Zahlen auch in ihrer ganzen Unendlichkeit eine abgeschlossene Menge ist. Nur als abgeschlossene Menge kann – das wissen wir bereits – diese Menge auch eine unendliche Menge sein. Als eine sich – immer noch – in fortlaufender Produktion befindliche Menge, könnte diese Menge zwangsläufig immer auch nur eine endliche Menge sein, so wie auch die Zeit in ihrem Zeitablauf immer auch nur eine endliche Zeit sein kann. So aber ist die Produktion dieser natürlichen Zahlen von aller Zeit enthoben und damit läßt sich als abgeschlossen ansehen, was in der Zeit niemals abgeschlossen werden könnte.

Die Frage ist nur, wie sich die Dinge – will heißen: die natürlichen Zahlen – im Unendlichen tatsächlich entwickeln. Der mathematische Formalismus geht – was die natürlichen Zahlen anbelangt – einfach von einer in ihren Elementen der Größe nach in gleichmäßigen Abständen geordneten nicht-endenden Menge aus. Das ist jedenfalls die Situation auch, so wie sie sich uns darstellt, wenn wir die Menge der natürlichen Zahlen als eine durch fortgesetzte Addition der 1 sich entwickelnde Menge ansehen, ohne dabei auf das Verfahren der Darstellung dieser natürlichen Zahlen in Form und Gestalt systematisch entwickelter bzw. systematisch sich entwickelnder Zeichenfolgen zu sehen. Das würde – im System – einer Darstellung der natürlichen Zahlen durch Zeichenfolgen entsprechen, die beim Übergang von einer natürlichen Zahl zur nächsten eine Ergänzung um jeweils ein und daßelbe Zeichen erfahren. In diesem System sehen – abgesehen von der Anzahl gesetzter Zeichen – alle Zeichenfolgen gleich aus. Über die Anzahl der gesetzten Zeichen kann man sich in diesem System allerdings auch nicht mitteilen. Der „Übergang ins Unendliche“ gestaltet sich in diesem System auch wenig spektakulär. Es ist insbesondere dabei auch sichergestellt, daß es auch nur eine einzige Zeichenfolge ist, die am Ende dieses Überganges steht. Diese eine unendliche Zeichenfolge unterscheidet sich von allen endlichen Zeichenfolgen zuvor einfach nur darin, daß diese unendliche Zeichenfolge über kein letztes Zeichen, und d.h. über kein Zeichen, dem nicht noch auch ein weiteres Zeichen folgen würde, verfügt.

Dieser Übergang ist – wie das ganze Produktionsverfahren zuvor – dynamischer Natur, auch wenn wir nicht sagen können, wie sich dieser Übergang tatsächlich vollzieht. Dieser Übergang ist – wie jedes Grenzwertverfahren – kein möglicher Gegenstand mathematischer Analyse. Die eine unendliche Folge ist von allen endlichen Folgen zuvor durch einen Graben getrennt, der analytisch nicht überbrückt werden kann. Insbesondere kann dieser Übergang nicht so vollzogen werden, daß man zwischenzeitlich einmal innezuhalten versuchte, um zu sehen, wo man augenblicklich genau steht. Das läßt kein Grenzwertverfahren zu. Wir können analytisch immer nur entweder die Position vor dem zu vollziehenden Übergang oder aber die Position nach bereits vollzogenem Übergang einnehmen. Das Problem dabei ist einfach dies, daß – prozessual – durch fortgesetzte sukzessive Ergänzung um jeweils ein Zeichen aus einer endlichen Zeichenfolge niemals eine unendliche Zeichenfolge werden kann. Es ist das Besondere auch an einem Verfahren wie dem zur Darstellung der natürlichen Zahlen, daß es uns als abgeschlossen denken läßt, was Schritt für Schritt niemals abgeschlossen werden könnte. Das gilt auch für ein Verfahren wie das Grenzwertverfahren, bei dem dieser Abschluß in Form und Gestalt eines Grenzwertes eben vorliegt, und d.h. eines Wertes, dem man sich Schritt für Schritt zwar immer mehr annähert, von dem aber definitiv ausgeschlossen ist, daß er jemals auch exakt erreicht werden könnte. So ein Grenzwert ist selbst nicht auch Teil der ihm zugehörigen Folge.

Das ist auch die Zahl  nicht, die in der Mathematik als uneigentlicher Grenzwert der natürlichen Zahlen bzw. auch jeder anderen bestimmt gegen dieses Symbol divergenten Folge dient. Allerdings steht dieses Symbol nicht auch in gleicher Weise so wie allgemeine Grenzwerte von Folgen außerhalb der Folge der natürlichen Zahlen. Diese – eine – „unendliche natürliche Zahl“ ist in gewisser Weise in diese Zahlenmenge integriert. Die Vorstellung, die man von dieser Zahl hat, ist jedenfalls nicht die einer außerhalb dieser Menge stehenden Zahl, der man sich in dieser Menge mit fortschreitender Anzahl von Elementen immer auch mehr annähern würde. Dieses Symbol läßt sich allein schon deswegen nicht so interpretieren, weil sich keine Abstände natürlicher Zahlen zu diesem Symbol angeben lassen. Soweit man von solchen Abständen reden kann, sind diese – unabhängig von der jeweiligen natürlichen Zahl – alle gleichbleibend selbst auch unendlich.

Unendliches wird dadurch nicht zu Endlichem, daß man davon Endliches wegnimmt. Es ist auch eine Konsequenz der Eigenschaft von Unendlichem, nicht auch Schritt für Schritt (re-)produziert werden zu können. Unendliches interessiert Endliches einfach nicht. Was vorher schon alles an Endlichem war, das ist für den Übergang von Endlichem zu Unendlichem ohne jede Bedeutung. Dieser Schritt läßt sich auch nicht vorbereiten. Man kann diesem Schritt auch nicht entgegengehen. Dieser Schritt ist immer von gleichbleibender Qualität, unabhängig davon, wie weit man diesem Unendlichem durch eine Produktion Schritt für Schritt schon entgegengekommen ist. Dieser eine Schritt unterscheidet sich von allen Schritten zuvor nur darin, daß dabei nicht einfach nur ein – einziges – Element sondern zugleich auch unendlich viele Elemente gesetzt sind, Elemente, für die man Schritt für Schritt gesetzt gedacht unendlich viele Schritte benötigen würde.

Dieser eine Schritt beinhaltet schon auch diese – unendlich – vielen Schritte. Der Schritt vom Endlichen zu Unendlichem läßt uns diese – unendlich – vielen Schritte in nur einem einzigen Schritt tun. Eine unendliche Folge kann auch nur eine unendliche Folge sein, weil sie über unendlich viele Folgenglieder verfügt. Diese müssen – soll die Folge auch eine unendliche Folge sein bzw. werden können – alle einzeln auch Folgenglied für Folgenglied gesetzt werden bzw. gesetzt sein. Das besondere an dem Verfahren zur Produktion bzw. Darstellung der Menge der natürlichen Zahlen besteht einfach darin, daß dieses Verfahren ein Verfahren ohne Abschluß ist, uns gleichwohl aber der fehlenden Zeitbezogenheit wegen, so wie sie jedes mathematische Verfahren auszeichnet,  alles,  was dieses Verfahren hervorzubringen gestattet, per Dekret in einem Schritt auch als hervorgebracht denken läßt. Dieser Schritt kann so allerdings nur in unserer Vorstellung, in unserem Bewußtsein bzw. in unserem Denken vollzogen werden. Würde man auch auf einer materiellen Ausführung aller dieser Schritte in der Zeit bestehen, dann käme man – wie viel Zeit uns dafür immer auch gegönnt sein möge – über endliche Zeichenfolgen nicht hinaus. In der Zeit ist zeitbezogen bzw. zeitabhängig kein Übergang von Endlichem zu Unendlichem möglich. So etwas läßt sich nur in einem Verfahren realisieren, das zu seinem Vollzug nicht der Zeit bedarf. Das aber bedeutet notwendig, daß, das, was so ein Verfahren an Vollzug anzubieten hat, immer auch schon als vollzogen gedacht werden kann, unabhängig davon, wie umfangreich bzw. wie unendlich dieses Angebot bzw. dessen Vollzug auch sein mag. Daß es so etwas auch gibt, das beweist uns das Verfahren zur Produktion der unendlichen Serie von Zeichenfolgen, so wie diese uns auch als natürliche Zahlen dienen. Es wird uns in diesem Verfahren – in einem Regelwerk – gesagt, wie diese ganze endlose Serie von Zeichenfolgen aus der vorgegebenen bzw. vorzugebenden, und im übrigen auch in Reihenfolge zu ordnenden Menge von Zeichen hervorgeht. Damit steht a priori gewissermaßen auch schon fest, wie alle diese Zeichenfolgen aussehen, und so gesehen können wir uns alle diese Zeichenfolgen auch schon – immer – als gesetzt denken. Der explizit materielle Vollzug in der Zeit fügt dem – soweit das zeitlich auch möglich ist – nichts hinzu.

 

II. 2  Die natürlichen Zahlen im Unendlichen

 

  I. – Die Mathematik hat sich nicht an ihrer praktischen Umsetzung zu bewahrheiten, so wie wir das in den experimentellen Wissenschaften haben, deren Erkenntnisse in der Praxis immer auch erst verifiziert werden müssen. Ob das, was in diesen Wissenschaften behauptet wird, richtig ist oder nicht, das zeigt sich erst in der Praxis, und das kann sich auch erst in der Praxis zeigen. Die Mathematik bürgt in ihren – in Diensten der Physik stehenden – korrekten Ableitungen nicht auch für die Korrektheit des Abgeleiteten. Das kann man sich nur von den materiellen Realitäten bestätigen lassen. Die ganze Physik ist eine Physik dieser materiellen Realitäten. Gäbe es diese Realitäten nicht, gäbe es auch keine Physik. Das materielle Universum ist das Materialobjekt der Physik. Das Materialobjekt der Mathematik sind dagegen – die – reellen Zahlen.

Das materielle Universum ist der Physik vorgegeben. Von – den – Zahlen kann man das in gleicher Weise nicht sagen, auch wenn die Mathematik – insbesondere was die natürlichen Zahlen anbelangt – so tut, als ob sie diese Zahlen einfach auch nur vorfinden würde. Das Verfahren, das der Produktion bzw. Darstellung der natürlichen Zahlen zugrunde liegt, ist für die Mathematik jedenfalls kein Thema. Dabei kommt man in allen Darstellungsfragen von Zahlen an diesem Verfahren nicht vorbei. Sowohl die Darstellung bzw. Produktion rationaler Zahlen als auch irrationaler Zahlen folgt diesem Verfahren. Die irrationalen Zahlen tun dies allerdings nur „grenzwertweise“. Das System der Darstellung natürlicher Zahlen beschert uns – in geordneter Reihenfolge – jede nur mögliche endliche „Linearkombination“ von Zeichen aus einer vorgegebenen bzw. vorzugebenden endlichen, in Reihenfolge geordneten Menge von Zeichen.

Uns ist das aus der Darstellung natürlicher Zahlen im Dezimalsystem geläufig. Mit der einzigen Einschränkung, daß – von links nach rechts gelesen – keine Zeichenfolge mit der Null beginnen darf, stellt ansonsten jede auch nur ganz willkürlich aus diesen Zeichen zusammengesetzte Zeichenfolge – von welcher endlichen Länge auch immer – eine natürliche Zahl dar. Wir können auch sofort sagen, welches diese Zahl ist bzw. wo wir mit einer solchen Zeichenfolge in der unendlichen Serie aller solchen Folgen stehen. Das weiß man, wenn man um das System weiß, daß dieser ganzen Serie von Folgen in der sukzessiven Produktion aller dieser Folgen zugrunde liegt. Es gibt in diesem System keine Folge, die nicht – an späterer Stelle allerdings nur –wieder auch aufgenommen würde, um durch ein weiteres Zeichen auch fortgeführt zu werden.

Diese Fortführung erfolgt – wie gesagt – nur nicht auch in – der – fortlaufenden Reihenfolge dieser Zeichenfolgen. Die Fortführung ein und derselben Zeichenfolge findet sich nach jedem zusätzlich gesetzten Zeichen unterbrochen durch die gleichrangige, gleichförmige und gleichwertige Fortsetzung aller anderen bis dahin aktuell entwickelten Zeichenfolgen. Das hat insbesondere auch zur Folge, daß mit jedem Verfahrensschritt, und d.h. mit jedem Übergang von der Teilmenge aller m-elementigen Zeichenfolgen zur Teilmenge aller  -elementigen Zeichenfolgen für jedes natürliche m die Menge an Zeichenfolgen insgesamt um das b-fache anwächst, wenn b die Menge vorgegebener einfacher Zeichen ist. So gibt es beispielsweise im Dezimalsystem zehnmal zehn Zeichenfolgen mit zwei Elementen bzw. – wie man dazu auch sagt – zweistellige Zahlen, und es gibt zehn mal zehn mal zehn dreistellige Zahlen usf. Das ganze fächert sich – mit anderen Worten – immer mehr auf, und d.h. es dauert in diesem System mit fortschreitender Verfahrensdauer immer länger bis eine bereits produzierte Folge wieder aufgegriffen und um ein weiteres Zeichen fortgeschrieben wird.

 Es müssen mit der Zeit einfach immer mehr Zeichenfolgen bedient werden. Mit wachsender zugelassener Anzahl von Zeichen einer Zeichenfolge wachsen natürlich auch die Möglichkeiten, verschiedene Zeichenfolgen aus der vorgegebenen Menge von Zeichen zu bilden, wobei Zeichen immer auch wiederholt werden dürfen, an. Auch eine Zeichenfolge, die in allen Positionen immer nur mit demselben Zeichen besetzt ist, ist eine zulässige Zeichenfolge dieses Systems. Man könnte sich bei der Darstellung natürlicher Zahlen schon auch nur auf Zeichenfolgen dieses Typs beschränken, vorausgesetzt, man ist nur darauf bedacht, eine unendliche Folge endlicher Zeichenfolgen zur Verfügung zu haben, die uns jede natürliche Zahl auch mit einer solchen Zeichenfolge identifizieren läßt, und zwar – genauer noch – mit jener Zeichenfolgen identifizieren läßt die in der Anzahl der gesetzten Zeichen dem Zahlenwert der betreffenden natürlichen Zahl entspricht.

 

II. – Man könnte sich in dieser Form von Darstellung auch durch eine Eigenschaft natürlicher Zahlen, die Eigenschaft nämlich, Produkt bzw. Ergebnis fortgesetzter Addition der Eins zu sein, bestärkt sehen. Jede natürliche Zahl ist so gesehen die Summe einer dem Zahlenwert einer natürlichen Zahl entsprechenden Anzahl von Einsen. Man muß dabei allerdings auch schon sehen, daß in diesem System von Darstellung solche Summen nicht auch aufgelöst werden können, und d.h. daß man in diesem System nicht sagen kann, welches die einer solchen Summe entsprechende natürliche Zahl ist bzw. sein soll. Das läßt sich in diesem System nicht sagen. In der Praxis und für die Praxis ist dieses System deswegen ohne jede Bedeutung.

Auch in der Mathematik könnte man damit nichts anfangen, auch wenn in einer bestimmten Modellvorstellung der natürlichen Zahlen so getan wird, als ob damit diese Zahlen auch in ihrer ganzen Identität, Realität und Intelligibilität beschrieben bzw. erfaßt wären. Auch in der Philosophie wird dieses Verständnis natürlicher Zahlen gepflegt. Immerhin hätte dieses Verständnis der natürlichen Zahlen den Vorzug, daß man doch auch eine recht genaue Vorstellung über das „Ende“ dieser Zahlen, und d.h. über die diese Zahlen abschließende eine „unendliche natürliche Zahl“ hätte. Es wäre dies einfach auch diejenige Zeichenfolge, die dieses eine Zeichen unendlich oft enthält.

Auch diese eine Zeichenfolge gibt es nur, nachdem zuvor der Schritt von Endlichem zu Unendlichem vollzogen wurde. Dieser Übergang führt voraussetzungsgemäß notwendig nur zu einer einzigen unendlichen Folge und so gesehen trägt dieses Vorgehen den Charakter eines Grenzwertverfahrens. In der Mathematik spricht man in diesem Zusammenhang allerdings – wie gesehen – von bestimmter Divergenz gegen  bzw. man spricht auch von „uneigentlicher“ Konvergenz. Immerhin das Ganze hat wie gesagt Grenzwert (verfahrens-) Charakter. Wie aber sieht das in dieser Beziehung mit der regulären Darstellung natürlicher Zahlen aus? Wie stellt sich in dieser Darstellung die Situation im Unendlichen dar? In diesem System von Darstellung werden immer mehr Zeichenfolgen von immer größerer Länge produziert. In der Grenzwertbetrachtung sollte dies bedeuten, daß aus diesem Verfahren unendlich viele Zeichenfolgen von unendlicher Länge hervorgehen.

Für ein Grenzwertverfahren wäre so etwas allerdings ungewöhnlich. Grundsätzlich lassen sich zu jeder unendlichen Folge Grenzwertbetrachtungen insofern anstellen, als es Unendlichkeit nur gegen ein Grenzwertverfahren geben kann. In jeder unendlichen Folge findet notwendig der Übergang von Endlichem zu Unendlichem statt. In der Mathematik wird dabei immer darauf gesehen, ob eine Folge konvergiert oder nicht. Konvergent – und zwar eigentlich konvergent – ist eine Folge dann, wenn es einen Grenzwert dieser Folge, und d.h. einen Wert gibt, dem sich diese Folge – gemessen an den Abständen der Folgenglieder zu diesem Wert – immer mehr, und d.h. beliebig mehr annähern. Divergente Folgen sind dagegen Folgen, zu denen es einen solchen – ausgezeichneten – Grenzwert nicht gibt. Solche Folgen legen sich auch im Unendlichen im Sinne der Grenzwertdefinition nicht auf einen solchen Grenzwert fest. Falls es sich um eine beschränkte Folge handelt, und d.h. um eine Folge, deren Folgenglieder alle in einem endlichen Intervall liegen, so besitzt so eine Folge auf jeden Fall einen Häufungspunkt, und d.h. sie besetzt eine konvergente Teilfolge. Ein einfaches Beispiel für eine solche Folge ist die Folge  mit den beiden Häufungspunkten  und .Die konvergente Teilfolge ist dabei ebenso eine unendliche Folge wie die – verbleibende – Restfolge. Unendliches läßt sich somit auch in Teile zerlegen, die selbst alle auch unendlich und in diesem Sinne auch nicht kleiner als das Ganze sind. Unendliches läßt sich also nicht nur um Endliches sondern auch um Unendliches vermindern, ohne daß Unendliches dabei vermindert würde.

Eine Folge ohne Häufungspunkt ist die Folge der natürlichen Zahlen. Es ist dies zugleich auch eine divergente – wenn auch bestimmt gegen  divergente – sowie auch eine nichtbeschränkte Folge. Der mathematische Formalismus geht von einer linearen Anordnung der natürlichen Zahlen aus, die in dem Symbol  ihren Abschluß findet. Die Zeitunabhängigkeit bzw. Zeitlosigkeit des mathematischen Formalismus berechtigt uns zu der Annahme eines solchen Abschlusses.

 

  III. – Alles, was das Verfahren zur Produktion der die natürlichen Zahlen darstellenden Zeichenfolgen hervorzubringen vermag, ist von diesem immer auch schon hervorgebracht. Allerdings gestalten sich die Verhältnisse im Unendlichen dieses Produktionsverfahrens sehr viel differenzierter als daß dieses ganze Verfahren in diesem einen Symbol ¥ seinen symbolischen Abschluß finden könnte. Es werden von diesem Verfahren alle endlichen Folgen beliebiger Längen produziert, die sich aus einer vorgegebenen endlichen, in Reihenfolge geordneten Menge von Zeichen zusammensetzen lassen. Dieses Verfahren tut das in einem – einzigen Verfahren, und insoweit tut es das auch in Reihenfolge. Die Möglichkeit dazu eröffnet diesem Verfahren ein kombiniertes Vorgehen, bei dem ständig zwischen den einzelnen Folgen zwecks Fortführung um ein weiteres Zeichen hin und her gependelt wird. Nur auf diese Weise ist es diesem Verfahren auch möglich, alle nur möglichen endlichen Zeichenfolgen beliebiger Länge „in einem Zug“, und dh. in einer Reihenfolge hervorzubringen. Würde sich dieses Verfahren auf eine Folge beschränken, bliebe es auch auf diese eine Folge beschränkt.

 Bei dieser einen Folge würde es dann aber auch zu einer effektiv unendlichen Folge reichen, und d.h. diese eine Folge würde auch "so richtig" angenommen. Grenzwerte haben es dagegen so an sich, daß sie nicht angenommen werden. Es macht schon einen, wenn auch mathematisch nicht thematisierten Unterschied, ob sich ein unendliches Verfahren nur mit einer Folge oder mit unendlich vielen Folgen zugleich zu beschäftigen hat. Die eine Folge wird bei einem Grenzübergang effektiv erreicht; die vielen anderen Folgen bleiben in ihrer ganzen Unendlichkeit dagegen "außen vor". Es bleibt bei diesen Folgen bei der bloßen fortwährenden immer näher rückenden Annäherung, so wie das auch der klassischen Grenzwertdefinition entspricht. Bei unendlichen Verfahren, die sich nur einer Zeichenfolge zu widmen haben, ist das wie gesagt anders. Das macht schon einen kleinen, wenn auch feinen Unterschied. 

Unser Verfahren ist dadurch, daß es seine Aufmerksamkeit allen nur möglichen Folgen "zugleich" schenkt, auch auf nur endliche – wenn auch endliche Folgen beliebiger Länge – beschränkt. Dieses kombinierte Verfahren verhindert, daß es auch nach erfolgtem Grenzübergang zu unendlichen Folgen kommen könnte. Auch im Unendlichen kann sich dieses Verfahren nicht von der abwechselnden Zuwendung zu den einzelnen Folgen lösen, einfach weil das zur Konstruktion des ganzen Verfahrens so gehört, und Verfahrenselemente grundsätzlich nicht zur Disposition von Grenzwertübergängen stehen. Die einzelnen Folgenglieder folgen im Unendlichen genau derselben Konstruktionsvorschrift wie im Endlichen auch. Damit aber ist verfahrensbedingt die Produktion aller Zeichenfolgen dieses Systems eine Produktion der Ergänzung Zeichen um Zeichen, und von einer solchen Produktion wissen wir, daß sie zwar zu unendlich endlichen nicht aber auch zu eigentlich unendlichen Zeichenfolgen führen kann.

Durch dieses kombinierte Verfahren ist ein Grenzwertübergang einfach blockiert. Damit ist verfahrensbedingt sichergestellt, daß die Folge aller dieser endlichen Zeichenfolgen nicht doch auch von einer unendlichen Zeichenfolge abgeschlossen werden könnte. Es gibt so eine unendliche Zeichenfolge in diesem System nicht, und gäbe es sie, dann gäbe es sie auch in einer unendlichen – genauer noch: in einer nicht-abzählbar unendlichen – Anzahl. Alle diese unendlich vielen Zeichenfolgen, um deren ständige Fortführung dieses Verfahren ständig auch bemüht ist, müßten dann alle zugleich auch abgeschlossen, und d.h. zu unendlichen Zeichenfolgen fortgeführt werden (können). Man kann sich dabei nicht wahlweise auf einzelne Folgen beschränken. Auch das gehört zu den Besonderheiten dieses Verfahrens, daß es uns nämlich mit allen nur möglichen Zeichenfolgen beliebiger endlicher Länge bedient, daß er uns aber für keine einzelne dieser Zeichenfolgen mit einem besonderen Entwicklungsgesetz dienen kann. Ein solches Gesetz hätte uns zu sagen, in welcher Reihenfolge die unendlich-endlich vielen Zeichen einander folgen. Eine Definition bzw. Konstruktion solcher Zeichenfolgen kann es auch nur gegen so ein Entwicklungsgesetz bzw. ein Gesetz der Serie geben.

 

II. 3  Konkreter Verfahren und abstrakter Formalismus

 

  I. – Endlich viele Zeichen egal welcher Anzahl lassen sich immer ganz nach Belieben setzen, ohne daß dafür ein gesetzmäßiger Zusammenhang hergestellt sein müßte. Alle Spielarten unendlicher bzw. nicht-endlicher Zeichenfolgen gibt es dagegen nur gegen ein Gesetz der Serie. In expliziter Form definiert sich ein solches Gesetz immer in Abhängigkeit von den natürlichen Zahlen. Unter Bedingungen, die uns nicht auf diese Zahlen zurückgreifen lassen, einfach weil es diese Zahlen noch nicht gibt, kann so ein Gesetz explizit auch nicht formuliert sein, und d.h. eine solche unendliche Zeichenfolge kann nicht als Folge im mathematischen Sinne definiert sein. Dazu bedürfte es nämlich bereits der natürlichen Zahlen als – obligatorischem – Definitionsbereich solcher Folgen. Dem Verfahren als solchem läßt sich damit notwendig kein explizites Gesetz der Serie für einzelne nicht-endliche Elemente der von diesem Verfahren produzierten Menge nicht-endlicher Zeichenfolgen entnehmen.

 Dieses Verfahren produziert – wie gesagt – eine ganze Menge solcher nicht-endlicher Zeichenfolgen. Im Grenzwertverfahren – könnte es erfolgreich gestaltet werden – würden alle diese Folgen zugleich hervorgebracht, und zwar in voller Abgeschlossenheit hervorgebracht. Aus der statischen Perspektive der Mathematik läßt sich nur zwischen endlichen und unendlichen Zeichenfolgen unterscheiden, wobei sich endliche Folgen von unendlichen darin unterscheiden, daß endliche Folgen über ein letztes Folgenglied, und d.h. ein Folgenglied, dem nicht noch auch ein weiteres Folgenglied folgt, verfügen. Endliche Zeichenfolgen können also – im Gegensatz zu unendlichen – immer noch um weitere Zeichen ergänzt werden. Die Produktion einer solchen unendlichen Zeichenfolge ist ihrer ganzen Anlage nach eine dynamische Angelegenheit. Daß die Mathematik von unendlichen Folgen in rein statischer Weise handeln kann, liegt einfach daran, daß für die Mathematik – per Gesetz der Serie – diese Folgen immer auch schon auch als vollständig vollzogen gedacht werden können.

Die Produktion solcher Folgen ist in der Mathematik – wie gesehen – an keinen Zeitindex gebunden. Es kommt für die Mathematik nicht auf die effektive – materielle – Produktion solcher Zeichenfolgen an. Würde es das, könnte es in der Mathematik und für die Mathematik auch nur endliche Zeichenfolgen bzw. Zeichenfolgen, die in ständiger Erweiterung bzw. Fortführung begriffen sind, geben. Damit ließe sich nun aber nicht viel anfangen. Die Mathematik müßte unter diesen Umständen auf den Begriff bzw. die Realität des Unendlichen bzw. von Unendlichem verzichten. Das, womit sich Mathematik zu beschäftigen hat bzw. auch beschäftigen kann ist nichts, was der Mathematik erst durch den Zeitablauf zur Verfügung gestellt werden könnte bzw. müßte. Das System von Zeichenfolgen, so wie es uns zur Darstellung der Menge der natürlichen Zahlen dient, ist in seiner Existenz unabhängig von der effektiven materiellen Produktion – aller – dieser Zeichenfolgen. Man muß nur wissen, wie alle diese Folgen auch zu produzieren sind, damit sie bereits auch als produziert gelten können, und zwar auch abschließend als produziert gelten können. Die Produktionsvorschrift ersetzt in den Fällen die effektive – materielle – Produktion, in denen diese Produktionsvorschrift immer auch schon eine Form der Produktion per Produktionsvorschrift allein beinhaltet, und in denen die – zusätzliche – materielle Ausführung dem bereits in unserer Vorstellung Produzierten nichts hinzufügt.

 

  II. – Das ist in allen physikalischen Dingen anders. Eine Versuchsbeschreibung ersetzt dort in keinem Fall auch dessen effektive, materielle Ausführung. Die Versuchsbeschreibung nimmt die Versuchsausführung nicht auch schon vorweg. Das liegt einfach daran, daß in der Physik nicht mit – beliebig – austauschbaren Zeichen, sondern mit konkreten, materiellen Dingen operiert wird, und wie sich diese Dinge verhalten, das läßt sich – präzise – nie genau vorhersehen. In die – mathematischen – Ableitungen der Physik geht der einzelne physikalische Körper über ein abstraktes Symbol ein. In der klassischen Mechanik ist dies das Symbol m, das stellvertretend für die Masse eines solchen Körpers steht. In der Elementarteilchen-Physik trägt jedes solche Teilchen ein eigenes Symbol. Das kann man in der Elementarteilchen-Physik deswegen tun, weil es von diesen Teilchen nur wenige gibt, auch wenn die Liste dieser Teilchen immer wieder zu ergänzen ist. Die Makrophysik hat sich dagegen für alle nur möglichen physikalischen Körper zuständig zu erklären, und da bietet sich als Maß für die Menge an Stoff, die ein Körper enthält, einfach dessen Masse an. Makroskopische physikalische Körper unterscheiden sich damit nur im Zahlenwert bezüglich einer physikalischen Größe, die ansonsten keinerlei körperspezifische Differenzierung erlaubt.

Damit bewegt sich die ganze klassische Mechanik auf einem ziemlich hohen Abstraktionsniveau. Dem gegenüber bewegt sich die Mathematik auf dem Abstraktionsniveau Null, auch wenn gerade die Mathematik als die abstrakteste aller Wissenschaften gilt. Diese Einschätzung rührt von daher – und sie ist insofern auch begründet – daß in der Mathematik die Zeichen, deren sich die Mathematik bedient, in ihrer konkreten, materiellen Form und Gestalt für das, was damit – mathematisch – ausgedrückt sein soll, ohne jede Bedeutung sind, und insofern wird von diesen Zeichen auch in der größtmöglichen Weise abstrahiert.

Die ganze Mathematik ist ein einziges Regelwerk darüber, wie mit Zeichen, die sein mögen, welche sie wollen, umgegangen werden kann bzw. umgegangen werden darf. Das Regelwerk besteht aus den Axiomen für die reellen Zahlen. So wie dieses Regelwerk verfaßt ist, ist es natürlich nicht rein willkürlich verfaßt. Man weiß natürlich was diese reellen Zahlen alles an Zahlen umfassen, bevor man sich um das Regelwerk bemüht, das in axiomatisierter Form alle diese Zahlen in sich bzw. unter sich vereint. Wir wissen, wie die natürlichen Zahlen (in Abhängigkeit natürlich von dem Material, mit dem wir in die Produktion resp. Darstellung dieser Zahlen hineingehen), wie die ganzen Zahlen, wie die rationalen Zahlen, wie die irrationalen Zahlen aussehen, und d. h. wie die reellen Zahlen insgesamt aussehen. Das wissen wir alles aber auch nur, weil wir um das Verfahren wissen, das uns – ausgehend von einer in Reihenfolge geordneten Menge endlich vieler Zeichen – mit der unendlichen Serie von endlichen Zeichenfolgen, so wie wir uns ihrer zur Darstellung der natürlichen Zahlen bedienen, dient. Liegen erst einmal die natürlichen Zahlen vor, ist es nur noch ein kleiner Schritt zu den ganzen Zahlen, sowie ein nur geringfügig größerer Schritt von diesen ganzen zu den rationalen Zahlen. Die ganzen Zahlen gehen aus den natürlichen Zahlen dadurch hervor, daß man jede natürliche Zahl – zusätzlich – auch noch mit einem Minuszeichen führt.

Die rationalen Zahlen wiederum bestehen aus allen „Brüchen“  ganzer Zahlen p, q, .  Man kann die Menge aller dieser  zu einem Körper dadurch werden lassen, daß man diese Elemente gewissen Rechenregeln, so wie sie für Körper allgemein zu gelten haben, Genüge tun läßt. Das kann man formal einfach so festlegen. Es sollte dabei nur auch sichergestellt sein, daß sich aus der Anwendung dieser Regeln keine Widersprüche ergeben.

Ein Widerspruch liegt vor, sobald sich aus diesen Rechenregeln gegensätzliche Aussagen, und d.h. Aussagen, die beide nicht zugleich wahr sein können, ergeben. Formal liegt ein Widerspruch immer dann vor, wenn auf beiden Seiten einer Gleichung Verschiedenes steht. Aber auch Ungleichungen können zum Nachweis von Widersprüchen dienen. So kann ein Element einer linear geordneten Menge nicht zugleich größer und kleiner als irgend ein anderes Element dieser Menge sein. Nachdem definitionsgemäß die Elemente einer Menge immer nur sich selbst gleich sein können, stehen die Elemente einer linear geordneten Menge immer auch in einer Kleiner-als-oder Größer-als-Beziehung. So lange man sich mit den Elementen einer Menge nur formal-abstrakt beschäftigt – und wenn man nur an der Feststellung allgemeiner Beziehungen zwischen den Elementen einer Menge interessiert ist, kann man sich mit diesen Elementen auch nur formal-abstrakt beschäftigen – läßt sich  allerdings nicht auch entscheiden, welches von zwei Elementen einer solchen Menge das größere und welches das kleinere ist. Dazu müßte man die beiden Elemente schon in ihrer ganz konkreten, materiellen Darstellung vorliegen haben.

 

  III. – Der formal-abstrakte Umgang mit den Elementen einer (Zahlen-) Menge kann immer nur der Feststellung allgemeiner Beziehungen zwischen diesen Elementen gelten, und d.h. Beziehungen, die in dieser Form in gleicher Weise für alle Elemente dieser Menge gelten, und diese Beziehungen können auch nur auf diese Weise festgestellt sein. Was für alle Elemente einer Menge in gleicher Weise gilt stellt man am besten auch so dar, daß sich jedes Element der Menge auch davon angesprochen fühlen kann, und d.h. man stellt es in Form und Gestalt allgemeiner Symbole dar, von denen jedes für sich allein stellvertretend auch für alle Elemente dieser Menge steht. Ob  es eine Menge mit  Elementen, die über diese Eigenschaften auch verfügen, gibt, das läßt sich dann immer nur  anhand eines konkret vorliegenden Modells dieser Menge  bzw. – besser – anhand der konkret präsen(-tier)ten Realität dieser Menge selbst mit dann auch konkret bezifferten bzw. bezeichneten Elementen  feststellen. Abstrakt-formal lassen sich nur allgemeine Regeln formulieren bzw. postulieren. Der Nachweis dafür, daß eine Menge in allen ihren Elementen diesen Regeln genügt, kann nur von der Menge dieser Elementen selbst in –einer  – ihrer konkreten Materialisierung(en) bzw. – sofern diese Elemente alle aus ein und demselben Verfahren hervorgehen – anhand dieses Verfahrens verifiziert werden.

Was unendliche Mengen anbelangt, liegt notwendig immer so ein Verfahren auch vor, einfach weil unendliche Mengen ihre Existenz nur so einem Verfahren verdanken können. Man kann Unendliches nur produzieren lassen, und nicht auch – willkürlich – Element für Element setzen. Analysis 1-Lehrbücher setzen ein bzw. setzen an – abgesehen vielleicht von einleitenden allgemeinen Ausführungen über Mengen und Abbildungen – mit dem Regelwerk für den Körper der reellen Zahlen. Diese Einführung bzw. Begründung der reellen Zahlen ist somit axiomatischer Natur, und d.h. dieses Regelwerk wird einfach nur festgestellt, nicht aber auch auf seine Begründetheit bzw. Berechtigung hin überprüft. Das wäre einem Existenz- bzw. Eindeutigkeitsbeweis vorbehalten.

In den Analysis-Lehrbüchern wird im allgemeinen auf diese Beweise verzichtet. In diesen Beweisen wäre der Nachweis darüber zu führen, daß es eine Menge die dem genannten Regelwerk genügt, auch gibt, und daß es davon – im wesentlichen – auch nur eine einzige Menge gibt. Diese Beweise werden – wie gesagt – in Analysis-Lehrbüchern im allgemeinen jedoch nicht geführt. Sie sind offenbar nicht erforderlich, um die ganze Analysis so entwickeln zu können, wie sie zu entwickeln ist, und d.h. insbesondere auch inklusive der Beweise für alles, was in dieser Entwicklung und zu Zwecken dieser Entwicklung an Behauptungen aufgestellt wird bzw. aufzustellen ist. Man kann sich fragen, inwieweit das Ganze auch Sinn machen würde, wenn es eine Menge, die dem allgemein präsentierten Regelwerk genügt, nicht auch geben würde.

Man kann sich darüberhinaus auch fragen, inwieweit die Entwicklung der Mathematik sich unabhängig von der konkreten Bezugnahme auf eine solche Menge gestaltet bzw. gestalten ließe. Die Frage wäre also die, inwieweit die Entwicklung von Mathematik ohne die explizite Verwendung von Zahlen in – einer – ihrer ganz konkreten, materiellen Darstellung(en) möglich wäre. Also, wenn man sich Analysis 1-Texte ansieht, dann ist es so, daß in diesen Texten von Zahlen in konkreter Darstellung überall dort auch Gebrauch gemacht wird, wo man davon auch Gebrauch machen möchte. Die Frage wäre die, ob man darauf auch verzichten könnte, ohne daß dadurch die – allgemeine – Entwicklung von Mathematik unmöglich würde.

Was in diesem Fall jedenfalls nicht mehr möglich wäre, das wäre in irgendwelche Berechnungen wie die von Folgengliedern oder Funktionswerten einzutreten. Gerechnet werden kann nun einmal nur in diesem einen System von Zahldarstellung. Die in Mathematik und Philosophie gängigen Modelle der natürlichen Zahlen verschließen sich allen diesbezüglichen Algorithmen, und Rechnen heißt immer auch Rechenverfahren zum Einsatz zu bringen.  

 

 

 

III. Die Zeitlosigkeit der Mathematik

 

III. 1. Die Existenz nicht-periodischer  unendlicher Zeichenfolgen

 

  I. – Die Berechnung konkreter Funktions- oder Folgenwerte etwa ist nur mit Hilfe konkreter Zahlenwerte möglich. Es müssen dazu konkrete Zahlen in dann auch – notwendig – konkreter Darstellung den in der Funktions- oder Folgenvorschrift vorgesehenen Verknüpfungen auch unterzogen werden. Auf einer abstrakt-formalen Ebene können diese Operationen nicht auch ausgeführt werden. Die Definition so einer Verknüpfung verlangt insofern von sich aus nach einer konkreten Darstellung der Elemente der betreffenden Menge, einer Darstellung, die uns die betreffenden Verknüpfungen dann alle auch ausführen läßt.

Anders hätte es auch keinen Sinn, von einer Verknüpfung zu reden. Verknüpfung en definieren sich immer von dem her, was durch diese Verknüpfungen bewirkt wird, und d.h. sie definieren sich vom Ergebnis dieser Verknüpfungen her. Verknüpfungen verlangen von sich her immer auch nach ihrer – zumindest möglichen – Ausführung. Wo diese Ausführung ausgeschlossen ist, einfach weil das verwendete Material eine solche Ausführung nicht zuläßt bzw. weil für dieses Material keine solche Ausführung definiert ist, sollte auf die Bezeichnung Verknüpfung besser auch verzichtet werden. Wird an dieser Bezeichnung dennoch festgehalten, so setzt das voraus, daß die betreffende Menge in ihren Elementen auch einer Darstellung zugänglich ist, die uns solche Verknüpfungen auch ausführen läßt. Wenn somit in Analysis-Lehrbüchern die reellen Zahlen als eine Menge vorgestellt werden, auf der zwei Verknüpfungen mit bestimmten Eigenschaften gegeben wären, dann setzt das – implizite – voraus, daß diese Menge in allen ihren Elementen auch über eine Darstellung verfügt, in der bzw. mit der auch gerechnet werden kann.

Die Ausführung dieser Verknüpfungen ist dann eine Frage des Systems dieser Darstellung. Verknüpfungen führen über eine Menge nicht hinaus, und d.h. die Verknüpfung zweier Elemente einer Menge hat wieder ein – im allgemeinen auch anderes – Element dieser Menge zum Ergebnis. Verknüpfungen sind andererseits so definiert, daß sie für alle Elemente einer Menge in der gleichen Weise gelten, und d.h. daß diese Verknüpfung in ihrem Vollzug immer auch den gleichen Regeln folgt, unabhängig davon, welches die zu verknüpfenden Elemente sind. Aber auch das läßt sich wiederum nur einrichten, wenn sich solche Verknüpfungen auch auf eine Darstellung der Elemente einer Menge stützen können, die ein und demselben System folgt. Nur unter dieser Voraussetzung lassen sich auf einer Menge auch Verknüpfungen definieren, die für die Menge als Ganzes gelten, und d.h. von denen immer auch eindeutig erklärt und geklärt ist, daß eine Verknüpfung vorliegt bzw. welche Verknüpfung vorliegt.

Was nun die reellen Zahlen anbelangt, so werden von diesem Zahlkörper zwei Verknüpfungen – genannt Addition und Multiplikation – mit jeweils gewissen Eigenschaften postuliert. Aus diesen Eigenschaften läßt sich dann auch eine ganze Menge weiterer – allgemeiner – Eigenschaften reeller Zahlen ableiten. Einer konkreten Darstellung dieser Zahlen bedarf es dazu nicht. Allgemeine Eigenschaften einer Menge lassen sich immer auch nur allgemein formulieren. Es gibt keine Eigenschaften von Zahlen, die – grundsätzlich jedenfalls – nicht auch für andere Zahlen in Frage kommen könnten, und d.h. von denen a priori bereits auszuschließen wäre, daß sie evtl. auch von anderen Zahlen geteilt werden könnten

 

  II. – Einschränkungen hinsichtlich des Geltungsbereiches der Eigenschaften von Zahlen könnten auch wieder nur in Bezug auf ein System konkreter Darstellung dieser Zahlen erfolgen. So ergibt beispielsweise die Unterscheidung zwischen geraden und ungeraden Zahlen nur in Verbindung mit einem System konkreter Zahldarstellung auch Sinn. Gerade ist eine natürliche Zahl, wenn sie durch zwei teilbar ist. Mit so einer Feststellung bewegt man sich ganz und gar im System der Darstellung natürlicher Zahlen.

Eine Formalisierung dieser Aussage würde ohne jeden Informationswert sein, so etwa wenn man etwa sagen würde, eine natürliche Zahl p ist eine gerade Zahl, wenn sie durch eine natürliche Zahl q teilbar ist. So eine Aussage ergibt nur in einem System konkreter Zahldarstellung Sinn. Zumindest die Zahl q müßte konkretisiert werden, um zu der statthaften Formalisierung dieser Aussage in der Form: Eine natürliche Zahl p ist eine gerade Zahl, wenn sie durch die natürliche Zahl zwei teilbar ist, zu gelangen. Angesprochen werden in einer solchen Formalisierung notwendig alle natürlichen Zahlen. Es hätte wenig Sinn, dabei schon – vorab – aussortieren zu wollen. Auf die beliebige natürliche Zahl kann aber nur durch ein allgemeines Symbol Bezug genommen werden. Auf die Zahl Zwei als ganz bestimmte natürliche Zahl kann dagegen nur in – einem System – konkreter Darstellung aufmerksam  gemacht werden

Dasselbe gilt natürlich auch für die Überprüfung einzelner natürlicher Zahlen auf die Eigenschaft hin, durch zwei teilbar zu sein. Nur in einem System konkreter Darstellung kann die Division durch zwei – falls sie denn auch möglich ist – auch ausgeführt werden bzw. ist sie immer schon auch ausgeführt. Auch die Ausführung mathematischer Operationen unterliegt keinerlei Zeitindex. Alles, was sich an Operationen in der Mathematik denken bzw. definieren läßt, ist per Denken bzw. Definition immer schon auch ausgeführt. Das Ergebnis beispielsweise der Addition zweier natürlicher Zahlen steht immer schon fest, seit es diese Zahlen gibt bzw. seit sich diese Zahlen denken lassen. Dadurch wird die Mathematik zu einer Disziplin, die so, wie sie ist, immer schon – und d.h. vor aller Zeit – gewesen ist. Die Mathematik wird so – mit anderen Worten – zu einer schöpfungsunabhängigen Disziplin bzw. zu einer Disziplin, die so, wie sie ist, notwendig auch im göttlichen Verstande so ist. Mathematischen Notwendigkeiten unterliegt in diesem Sinne auch der göttliche Verstand.

 

  III. – Ob eine natürliche Zahl gerade ist oder nicht, das läßt sich einfach an deren Endziffer in ihrer regulären Darstellung als Zahlzeichenfolge ablesen. Man unterscheidet diesbezüglich zwischen geraden und ungeraden Endziffern. Für die Entwicklung der Mathematik ist diese Unterscheidung zwischen geraden und ungeraden Zahlen insofern entscheidend, als sich mit ihrer Hilfe allein beweisen läßt, daß die Quadratwurzel aus  keine rationale Zahl sein kann. In den Lehrbüchern wird dieses Beispiel immer auch als Aufhänger für die Existenz nicht-rationaler Zahlen, und d.h. als Nachweis dafür, daß es über die rationalen Zahlen hinaus noch weiterer Zahlen bedarf, soll aus allen positiven rationalen Zahlen unbeschränkt auch die Quadratwurzel bezogen werden können, eingeführt. Man weiß auch, wie diese Zahlen aussehen, und offenbar ist an eine Erweiterung der Menge der rationalen Zahlen um irrationale Zahlen auch nur deswegen zu denken, weil man weiß, wie diese Zahlen aussehen bzw. weil man weiß, daß für solche irrationalen Zahlen im – erweiterten – System der Darstellung natürlicher Zahlen auch noch Platz ist. Wäre dieser Platz nicht vorhanden, bräuchte man sich über die – mögliche – Existenz weiterer, über die rationalen Zahlen hinausgehender Zahlen auch keine Gedanken zu machen.

Die materielle Darstellung ist insofern für Zahlen schon auch konstitutiv, auch wenn sich Zahlen in ihrer – immateriellen bzw. metaphysischen – Realität auch nicht einfach auf eine solche Darstellung reduzieren lassen. Man weiß um die Lücke im System der Darstellung rationaler Zahlen, weil man weiß, wie rationale Zahlen, die formal als Brüche  definiert sind, aufzulösen sind, und d.h. weil man weiß, wie zwei ganze Zahlen dividiert werden können. Im Ergebnis führt so etwas immer entweder zu endlichen oder zu periodisch-unendlichen Dezimalbrüchen etwa. Die Lücke, die in diesem System von Zahldarstellung allein noch verbleibt, besteht somit aus allen unendlichen nicht-periodischen Brüchen.

Daß es solche Brüche gibt bzw. geben muß, folgt notwendig aus dem formal-abstrakten Beweis dafür, daß  nicht-rational ist. Deswegen auch kann man sich sicher sein, daß es in den einschlägigen Verfahren bzw. Algorithmen zur sukzessiven Approximation von  beispielsweise und insbesondere niemals zu einer periodischen oder gar abbrechenden Entwicklung kommen kann. Die ganze Entwicklung ist vielmehr notwendig eine nicht-periodisch unendliche. Periode ist jede – immer wiederkehrende – endliche geschlossene Zeichenfolge in der Bruchkomponente der – beispielsweise –Dezimalbruchentwicklung einer rationalen Zahl. Periode kann mit anderen Worten – formal – jede natürliche Zahl sein. Eine solche periodische Entwicklung läßt sich auch nicht einfach dadurch aufheben, daß man diese Entwicklung an einer einzigen oder auch beliebig vielen anderen – ausgesuchten – Stellen verändert.

Davon wären immer nur endliche Teile der unendlichen Bruchentwicklung. Die Periodizität oder Nicht-Periodizität des vorliegenden Bruches betroffen bliebe davon unberührt. Um so einen Bruch aber an unendlich vielen Stellen zu verändern, bedarf es eines entsprechenden Verfahrens. Das aber führt auch nur zu regulären, will heißen gleichmäßig über den ganzen Bruch verteilten Veränderungen. Irreguläres wie nicht-periodisch Unendliches läßt sich auf diese Weise nicht bzw. nur in sehr begrenztem Umfang einrichten.   

 

 

III. 2 Das System von 0–1 Folgen

 

 

I. – Neben dem Verfahren zur Darstellung der natürlichen Zahlen, das sich der systematischen Produktion aller nur möglichen endlichen Zeichenfolgen aus einer vorgegebenen bzw. vorzugebenden endlichen Menge von Zeichenfolgen verpflichtet weiß und uns nur grenzwert(mengen)weise auch an unendliche Zeichenfolgen heranführt, gibt es auch noch das Verfahren, das von Anfang an auf unendliche – periodische wie nicht-periodische – Zeichenfolgen setzt, und diese auch nicht weniger systematisch entwickelt. So ein Verfahren gibt es auf dualer Basis, und d. h. bei Verwendung allein der Null und der Eins. Das ist auch das Minimum an Zeichen, auf das man sich beschränken kann, wenn man sich nicht einfach auf Ein-Zeichen-Folgen beschränken will, wovon es im Unendlichen auch nur eine einzige gibt. Das Verfahren besteht darin, daß man ausgehend von der reinen unendlichen "Nullfolge", und d. h. derjenigen unendlichen Folge, die ausschließlich aus Nullen besteht, auf dem Umweg über alle nur möglichen unendlichen 0-1-Folgen zu der reinen unendlichen "Einsfolge" aufschließt. Man ersetzt dazu in einem ersten Schritt sukzessive und abwechselnd in fortlaufender Reihenfolge die einzelnen Nullen durch Einsen. Auf diese Weise bekommen wir eine unendliche Menge von unendlichen Zeichenfolgen, von denen eine jede – an jeweils auch verschiedener Stelle – genau eine 1 aufweist. Auf einer zweiten (Verfahrens-)stufe läßt sich das Spiel wieder von vorne beginnen, nur daß wir in diesem Fall jeweils auf eine, nämlich auf die bereits mit einer 1 besetzte Position nicht mehr zürückgreifen können. Im Ergebnis finden wir so zu allen unendlichen Zeichenfolgen, die über genau zwei Einsen verfügen. Dazu wird einfach wieder nur jede einzelne Zeichenfolge aus der ersten Verfahrensstufe wieder aufgegriffen, nur um deren – von links nach rechts gelesen – erste (freie sozusagen ) Null durch eine Eins zu ersetzen. Das ganze Verfahren läßt sich so immer wieder aufs neue starten, wobei mit jeder neuen Verfahrensstufe die daraus hervorgehenden neuen Zeichenfolgen mit einer zusätzlichen Eins ausgestattet werden. Wir werden das Verfahren prozessual, also von Verfahrensstufe zu Verfahrensstufe betrachtet nie abschließen können. Wir kämen dabei einfach nie über Folge mit nur endlich vielen Einsen hinaus. Dazu haben wir vielmehr das Verfahren sich selbst zu überlassen, auf daß es uns in einem Schritt, der seinerseits aus unendlich vielen Schritten besteht, alles an Folgen anzubieten vermag, was es uns anzubieten hat. Das ist die einzige Möglichkeit, dieses Verfahren sein ganzes Potential auch ausschöpfen zu lassen, und d. h. dieses Verfahren auch alles an Folgen mit unendlich vielen Einsen produzieren zu lassen. Nur im Grenzübergang des Verfahrens eröffnen sich uns auch alle dessen Möglichkeiten. Nur dann kommt es auch zu einem Abschluß dieses Verfahrens in Form und Gestalt der reinen 1-Folge. Diesem Abschluß näheren wir uns dabei auch auf den verschiedensten Wegen an. Vor erfolgtem Grenzübergang haben wir es ausschließlich mit Folgen mit nur endlich vielen Einsen zu tun, und d.h. wir haben es dabei insbesondere ausschließlich mit periodischen Brüchen von einer x-beliebigen Nullperiode (Jede endliche "Nullfolge" kann als Periode so eines Bruches angesehen werden. Regulär würde man solche Brüche als endliche Brüche ansehen, nachdem in der Bruchkomponente abschließende Nullen jedweder Länge nicht interessieren) zu tun. Nach erfolgtem Grenzüber- gang liegt mit der Menge aller möglichen 0-1-Folgen auch alles an nicht-periodischen Elementen dieser Menge vor. Wir werden nur nicht auch nur eine einzige davon auch beziffern, und d.h. in der genauen – unendlichen – Abfolge ihrer Nullen bzw. Einsen auch rekonstruieren können.

  Das ganze Verfahren funktioniert in der beschriebenen Form nur mit zwei verschiedenen Zeichen. Auch wenn man das ganze Verfahren bei Verwendung von mehr als zwei Zeichen, so wie wir das insbesondere im Dezimalsystem auch haben,  entsprechend aufsplitten und d. h. getrennt nach Zweiergruppen arbeiten wollte, entgehen uns dabei in einem System, in dem uns mehr als zwei Zeichen zur Verfügung stehen, alle Folgen mit mehr als zwei verschiedenen Zeichen. Interessant ist dabei auch zu sehen, daß die Menge von Null-Eins-Folgen im Dualsystem die Gesamtheit aller Folgen dieses Systems bestimmt, während sie im Dezimalsystem nur eine echte Teilmenge der Folgen dieses Systems ausmacht. Ergänzend zu unserer Erkenntnis von früher, wonach Unendliches nicht nur bei Wegnahme von Endlichem immer noch Unendliches bleibt sondern auch durch Reduzierung um Unendliches seine Unendlichkeit nicht zu verlieren braucht, ist nunmehr festzustellen, daß Unendliches durch eine seiner unendlichen Teilmengen in seiner Unendlichkeit bereits vollkommen erfaßt bzw. repräsentiert sein kann.

 

  II. – Jede Null-Eins-Folge ist eindeutig charakterisiert durch die Folge von Positionen, die – bereits – mit einer Eins besetzt sind. Wenn man sicherstellen will, daß in diesem ganzen Verfahren jede Null-Eins-Folge auch nur einmal erfaßt wird, dann hat man sich auf solche Folgen zu beschränken, die in ihrer Indexfolge streng monoton sind, und d.h. die in der fortlaufenden Besetzung mit Einsen auch ständig auf höher positionierte Nullen zurückgreift. Einmal übersprungene Nullen werden – mit anderen Worten – in dieser Besetzung nicht mehr berücksichtigt.

So ist das ganze Verfahren im übrigen auch angelegt. Wenn man nur auf die Indexfolge sieht – und sei diese Folge auch eine streng monotone Folge – dann könnte die Besetzung der entsprechenden Null-Eins-Folge auf verschiedene Weise – genauer auf n! verschiedene Weise, wenn n die Anzahl gesetzter Einsen ist – erfolgen. Es gibt dann ebenso viele Reihenfolgen der Besetzung wie es Permutationen einer Menge von n Elementen gibt. Feststeht auch, daß der Austausch von Nullen durch Einsen in unserer reinen Null-Folge notwendig immer auch in einer bestimmten Reihenfolge erfolgt.

Die Möglichkeit, diese Einsen – bezogen auf ihre Position – in einer anderen als einer streng monoton wachsenden Indexfolge zu setzen, besteht allerdings auch nur in einem Austauschverfahren, das uns aus einer bereits vollständig vorliegenden Folge gesetzte Zeichen sukzessive durch andere Zeichen ersetzen läßt. Ansonsten werden in der Produktion – unendlicher – Folgen natürlich in fortlaufender Reihenfolge Zeichen für Zeichen gesetzt. Der Austausch von Nullen durch Einsen erfolgt in dem beschriebenen Verfahren so, daß die erste auf die zuletzt gesetzte Eins folgende Null als nächstes durch eine Eins ersetzt wird. Das bedeutet insbesondere auch, daß alle vor der zuerst gesetzten Eins stehende Nullen einer Folge in allen aus dieser Folge hervorgehenden Ableitungen von Folgen erhalten bleiben. Nur auf diese Weise auch läßt sich sicherstellen, daß in diesem Verfahren auch alle möglichen Null-Eins-Folgen erreicht werden.

Dieses Verfahren funktioniert so – wie gesagt – aber auch nur mit Null-Eins-Folgen, und insofern ist dieses Verfahren ein besonderes Verfahren des Dualsystems. Es ist dies ein besonderes Verfahren neben dem allgemeinen System zur Darstellung natürlicher Zahlen, so wie sich dieses eine System – entsprechend der Anzahl vorgegebener bzw. vorzugebender Zeichen – in verschiedene Ausgaben desselben wie etwa dem Dual- bzw. Dezimalsystem auffächert. In jedem solchen System werden wir auch – systematisch und in geordneter Reihenfolge – mit allen möglichen endlichen „Linearkombinationen“ aus dieser vorgegebenen bzw. vorzugebenden Menge von endlich vielen – einfachen – Zeichen bedient. Beide Systeme folgen einem gänzlich anderen Regelwerk. Das für das Dualsystem skizzierte alternative Verfahren bleibt hinter dem regulären Verfahren auch insoweit zurück, als uns dieses alternative Verfahren alle Folgen des Systems nicht auch in geordneter Reihenfolge anbietet. Allerdings bereitet uns die Rekonstruktion jeder einzelnen Folge innerhalb des ganzen Verfahrens auch keine Schwierigkeiten. Wir können problemlos jede in einer Folge gesetzte Eins nicht nur der Verfahrensstufe zuordnen, in der diese Eins gesetzt wurde; wir können auch sagen, welches die Position der ganzen bis dahin entwickelten Zeichenfolge innerhalb der aus dieser Verfahrensstufe hervorgehenden unendlichen Menge von Zeichenfolgen ist.

 

  III. – Das läßt sich alles genau rekonstruieren. Wir können genau den Weg zurückverfolgen, den diese Folge – ausgehend von der reinen Null-Folge ganz zu Beginn des Verfahrens – im Verlauf des ganzen Verfahrens bis hin zu eben dieser Folge genommen hat. Die betreffende Verfahrensebene ist einfach durch die Anzahl der gesetzten Einsen gegeben, während sich die Position einer Zeichenfolge innerhalb einer Verfahrensebene aus dem Abstand der zuletzt – und d.h. auf eben dieser Verfahrensstufe – gesetzten Eins und der auf der Verfahrensebene zuvor gesetzten vorletzten Eins der betreffenden Folge ergibt. Mit Abstand gemeint ist dabei einfach die um eins vermehrte Anzahl von Nullen zwischen diesen beiden Einsen. Alle diese Zeichenfolgen lassen sich auch bequem der Größe nach ordnen, in dem man von jeweils zwei solcher Folgen diejenige als die größere ansieht, die in einem Parallelvergleich von links nach rechts gelesen über eine erste niedrigere positionierte Eins als die andere Folge verfügt. Sofern sich das nicht schon an der jeweils zuerst gesetzten Eins entscheidet, ist dieser Parallelvergleich eben solange fortzuführen bis man auf zwei Einsen stößt, die – obwohl sie in der Reihenfolge der in beiden Folgen gesetzten Einsen an gleicher Position stehen – in den betreffenden Folgen selbst nicht auch die gleiche Position einnehmen, und d.h. bis man in einer der Folgen erstmals auf eine Eins stößt, der in gleicher Position in der anderen Folge nicht ebenfalls auch eine Eins, sondern eine Null gegenüber steht. Nachdem alle in diesem Verfahren produzierten Folgen verschieden sind, gibt es im Vergleich zweier solcher Folgen immer auch diese eine, in beiden Folgen verschieden besetzte Position.

Dieser Vergleich ist also immer auch möglich, wobei es in diesem Vergleich nicht auch auf die Anzahl der in einer Folge gesetzten Einsen ankommt. Man könnte dieses Kriterium natürlich auch umgekehrt lesen, wodurch dann die der ursprünglichen Lesart zufolge größeren Folgen zu kleineren würden und umgekehrt. Allerdings würde sich diese Lesart dann nicht mehr mit der Interpretation decken, die der Identifizierung reeller Zahlen in (Dezimal-) Bruchdarstellung zugrunde liegt, und die es uns auch gestattet, jede solche Zahl mit einem Zahlenwert zu identifizieren, vorausgesetzt wir haben es auch mit einer endlichen oder periodisch-unendlichen Entwicklung zu tun. Andernfalls könnte die betreffende reelle Zahl auch nur zu einem – kleinen – Bruchteil dargestellt werden.

 

III. 3 Das eine System von Zahldarstellung und  seine vielen Ausführungen

 

  I. –Explizit-materiell verzeichnet werden können immer nur endlich viele Zeichen. Das gilt auch für unendlich-periodische Brüche, nur daß die Unendlichkeit dieser Brüche vollständig durch die immer wiederkehrende und nur endlich viele Zeichen umfassende Periode erfaßt bzw. beschrieben ist. Die Frage ist dann natürlich auch die, inwieweit irrationale Zahlen überhaupt einer Darstellung zugänglich sind. Eine komplette – materielle – Darstellung in (Dezimal-) Bruchform können irrationale Zahlen jedenfalls nicht finden. Daß es solche Zahlen auch gibt, das wissen wir, seit wir zum einen wissen, daß   nicht rational ist, und seit uns zum anderen – und es ist dies auch nicht weniger wichtig zu wissen – bekannt ist, daß es im – erweiterten – System der Darstellung natürlicher Zahlen über die rationalen Zahlen hinaus auch noch Platz für diese – dann – irrationalen bzw. nicht-rationalen Zahlen gibt.

Daß in diesem System noch Platz für solche Zahlen ist, das folgt einfach daraus, daß rationale Zahlen in diesem System ihre Darstellung in Form und Gestalt endlicher oder periodisch-unendlicher Brüche finden. Umgekehrt läßt sich jeder solche Bruch auch problemlos in einen gewöhnlichen Bruch, und d.h. in eine reguläre rationale Zahl in ihrer definitionsgemäßen Darstellung als , umwandeln. In dieser zuletzt genannten Richtung führt der Beweis über die geometrische Reihe. In der umgekehrten Richtung stützt sich der Beweis dagegen auf Teilbarkeitsregeln im Dezimalsystem. Aus diesen Regeln läßt sich dann auch bequem ableiten, daß Brüche deren Nenner nicht nur Potenzen von 2 und 5 als Primteiler enthält, in ihrer Dezimalbruchentwicklung zum einen nicht abbrechen können, zum anderen aber sich dabei in einer bzw. mit einer bestimmten endlichen Zeichenfolge immer wiederholen.

In den – konkreten – materiellen Zeichenfolgen sieht das je nach dem System, für das wir uns in der Darstellung natürlicher Zahlen entschieden haben, immer auch etwas anders aus. So liest sich beispielsweise die Division von 1 durch 7 im Dualsystem bei identischer Auswahl der ersten beiden – und im Dualsystem im übrigen auch einzigen beiden – Zeichen eines jeden Systems so: 1: 111 = 0,001, während sie im Dezimalsystem bekanntlich die Form  = 0,142857 hat. Die Definition von Primzahl ist natürlich eine systemunabhängige Definition. Sinnvoll ist diese Definition, aber auch nur, wenn sie im Ergebnis auch für alle diese Systeme die gleiche ist, und d.h., wenn die Eigenschaft, Primzahl zu sein, eine darstellungs- unabhängige Eigenschaft ist. Eine Zahl, die beispielsweise im Dualsystem Primzahl ist, muß das auch im Dezimalsystem sein. Andernfalls müßte man immer dazu sagen, auf welches System von Zahldarstellung wir uns gerade beziehen. Das tut man in der Mathematik nicht; folglich gestaltet sich diese ganze Mathematik unabhängig von dem System von Zahldar- stellung, für das wir uns im konkreten Umgang mit Zahlen entschieden haben, weil wir uns für ein solches System zu diesem Zwecke immer auch zu entscheiden haben.

 

  II. – Die Mathematik hält sich diesbezüglich allerdings völlig bedeckt. Sie kann wie gesagt aber nur unter der Voraussetzung, daß die Realität bzw. Identität der einzelnen Zahlen unab- hängig vom System ihrer Darstellung ist. Soweit in der Mathematik konkreter Bedarf an Zahlen ist, finden diese Zahlen ihre Darstellung – fraglos – einfach im allgemein gebräuchlichen Dezimalsystem. Daß beispielsweise die Zahl 23 eine Primzahl ist, das läßt sich vergleichsweise schnell feststellen, indem man diese Zahl – ganz konkret – auf ihre Teilbarkeit bezüglich aller dafür in Frage kommenden Teiler hin überprüft. Das sind alle ungeraden Zahlen £ 11. Jede ganze Zahl, die größer als die Hälfte von 23 ist, kommt als möglicher Teiler dieser Zahl 23 schon nicht mehr in Frage. Eine Zahl ist durch eine andere Zahl definitionsgemäß teilbar, wenn diese andere Zahl in der einen Zahl mehr als einmal „aufgeht“. Mögliche (Prim-)Teiler der Zahl 23 sind also die Zahlen 3, 5, 7, 9 und 11. Keine dieser Zahlen teilt diese Zahl 23 auch, wie man sofort sieht.

Wenn man es genau wissen will, dann muß man die Division im einzelnen auch durchführen. Es steht uns dazu auch ein Algorithmus, und d.h. ein förmliches – allgemeines – Rechenverfahren zur Verfügung. In seinem Regelwerk ist dieses Verfahren nicht auf das Dezimalsystem beschränkt. So wie die Regeln dieses Regelwerks sind, funktionieren diese Regeln auch in jeder anderen Ausgabe des allgemeinen Systems zur Darstellung natürlicher Zahlen. Im übrigen auch sieht man so einer Darstellung natürlicher Zahlen nicht an, welche Ausgabe des allgemeinen Systems zur Darstellung dieser Zahlen einer konkreten (Zahl-)zeichenfolge zugrunde liegt. Sofern man sich nicht sicher sein kann, um welche Ausgabe es sich dabei handelt, müßte das eigens immer auch vermerkt sein. In der Praxis kommt das allerdings so gut wie nicht vor, einfach weil man sich in dieser Praxis praktisch immer sicher sein kann, daß solche (Zahl-)zeichenfolgen immer im Dezimalsystem zu lesen sind.

Eine (Zahl-)zeichenfolge in den uns nur allzu vertrauten Zahlzeichen läßt uns nicht nur sofort an eine natürliche Zahl denken; sie läßt uns diese Zahl sofort auch – exakt – identifizieren. Wir lesen eine solche Zahlzeichenfolge – mit anderen Worten – nicht als eine – einfache – Folge von Zeichen; wir lesen sie sofort auch als die durch diese Zeichenfolge im Dezimalsystem eindeutig bestimmte – eine – natürliche Zahl. In einer anderen Ausgabe unseres Systems von Zahldarstellung würde sich diese Zeichenfolge natürlich anders darstellen bzw. sie würde sich in der durch diese Zeichenfolge repräsentierten Zahl anders lesen.

 

  III. - Allerdings würde uns die Umstellung auf ein anderes System von Zahldarstellung ziemlich schwer fallen. Es würde eine geraume Zeit dauern, bis wir uns an dieses neue System auch gewöhnt haben. Dazu bedarf es doch einer ganzen Menge an (Ein-)Übung. Die Schwierigkeit dabei ist einfach die, daß in jedem anderen System die einzelnen Stellen einer Zahlzeichenfolge auch einen anderen Stellenwert haben. Im Dezimalsystem berechnet sich dieser Stellenwert in – aufsteigenden – Potenzen von Zehn. Der Stellenwert einer Position ist das Zehnfache des Stellenwertes der Position zuvor, wobei – von rechts nach links gelesen – mit dem Stellenwert  angefangen wird. Im Dualsystem dagegen tritt für den Stellenwert einer Position anstelle der betreffenden Zehnpotenz die entsprechende Zweierpotenz. Im Dualsystem wird damit in ganz anderen Einheiten als im Dezimalsystem gerechnet. Das Einheitensystem des Dualsystems ist das System von Zweierpotenzen, und d.h. ist die Folge 1, 2, 4, 8, 16, ... Im Dezimalsystem ist das anstelle dessen die uns nur allzu bekannte Folge von Zehnerpotenzen: 1, 10, 100, 1000, ....

Es ist natürlich nicht Sinn und Zweck der – alternativen – Verwendung des Dualsystems anstelle des Dezimalsystems, im Dualsystem dargestellte Zahlen zu Zwecken ihrer Realisierung bzw. Identifizierung immer erst in die entsprechende Darstellung dieser Zahlen im Dezimalsystem „umzurechnen“, auch wenn gerade das und nichts anderes in dieser Situation die gängige Praxis sein dürfte. Wären wir mit dem Dualsystem anstelle des Dezimalsystems aufgewachsen, dann wäre die Situation eine genau umgekehrte: jede Zahl in Dezimaldarstellung würde von uns, nur um festzustellen, mit welcher Zahl wir es zu tun haben, sofort in die entsprechende Dualdarstellung umgewandelt. Das würde dann so aussehen, daß die Dezimalzahl durch möglichst große Zweierpotenzen ausgeschöpft wird. Man würde als erstes somit nach der größten Zweierpotenz suchen, die in dieser Dezimalzahl noch aufgeht.

Mit dem verbleibenden Rest wird genau so verfahren. Daß diese Rechnung insgesamt aufgeht, ist einfach dadurch sichergestellt, daß mit der nullten Potenz von Zwei auch die Eins im Einzugsbereich des Systems von Zweierpotenzen liegt. Es ist dadurch sichergestellt, daß bei dieser Umwandlung kein nicht weiter auflösbarer Rest übrig bleibt. Die Zahl Eins – ebenso wie die Zahl Null – bedarf keiner weiteren Auflösung und ist auch keiner weiteren Auflösung zugänglich. Die Null und die Eins sind die beiden einzigen Zahlen, die in jedem System – notwendig – eine Darstellung per einfachem (Zahl-)zeichen finden. Daß die Null und die Eins – desweiteren – als einzige Zahlen nicht selbst auch ein System von Zahldarstellung begründen, liegt einfach daran, daß jede Potenz von Null – mit Ausnahme der ersten Potenz – auch wieder gleich Null und jede Potenz von Eins auch gleich wieder Eins ist. Mit der Null und der Eins läßt sich somit – auf Potenzen-Basis – kein Stellenwertsystem begründen. Umgekehrt kann aber– wie gesagt – die Zahl Null und die Zahl Eins auch in keinem Stellenwertsystem eine – auf das betreffende Stellenwertsystem bezogene – Darstellung finden. Es gibt also weder eine zusammengesetzte Darstellung der Zahlen Null und Eins, noch können diese beiden Zahlen Grundlage für die zusammengesetzte Darstellung anderer Zahlen sein.

 

IV. Mathematik und Logik

 

IV. 1 Die Konstruktion rationaler Zahlen

 

I. – Die Sonderstellung der  beiden Zahlen 0 und 1 im System der Darstellung der natürlichen – wie auch aller anderen – Zahlen läßt sich auch daran ersehen, daß es sich dabei um die einzigen Zahlen handelt, denen in den Körperaxiomen für die reellen Zahlen jeweils ein eigenes Axiom gewidmet ist. Es sind dies – mit anderen Worten – die beiden einzigen Zahlen, die namentlich gewissermaßen in diesen Körperaxiomen auch Erwähnung finden. Zu jedem Körper gehört notwendig auch eine Null bzw. eine Eins. Diese beiden Zahlen zeichnen sich dadurch aus, daß sie bezüglich der Addition bzw. Multiplikation neutral sind, und d.h. daß eine Addition der Null bzw. eine Multiplikation mit Eins die solcherart ergänzte bzw. multiplizierte Zahl nicht verändert. Diese Zahl gibt dann jeweils auch den Summen- bzw. Produktwert wider. Jede dieser beiden Zahlen Null und Eins bildet für sich genommen dann auch die Grundlage bzw. Voraussetzung für jeweils ein weiteres Körperaxiom, das Axiom der Existenz des Negativen bzw. das Axiom der Existenz des Inversen. Dem einen Axiom zufolge gibt es zu jedem Körperelement x ein negatives Element , so daß , während das andere Axiom die Existenz eines Inversen  zu jedem von Null verschiedenen x mit  postuliert. An sonstigen Axiomen ist für Körper nur noch die Assoziativität bzw. Kommutativität der beiden Verknüpfungen genannt Addition und Multiplikation  sowie die Gültigkeit des diese beiden Verknüpfungen selbst verknüpfenden Distributivgesetztes gefordert.

Das sind alles Dinge, so wie sie uns aus dem Umgang mit rationalen Zahlen auch bestens vertraut sind. Die Null und die Eins sind natürlich auch schon fester Bestandteil der Darstellung natürlicher bzw. ganzer Zahlen. Über das, was ein Körper ansonsten noch an Elementen enthalten muß bzw. enthalten kann, darüber schweigen sich die Körperaxiome aus. Unabhängig davon ist die Null und ist die Eins in jedem Körper durch ihre Eigenschaften eindeutig bestimmt. Über diese Null und diese Eins hinaus muß ein Körper nicht notwendig auch noch weitere Elemente enthalten. Es lassen sich auf der Menge  zwei Verknüpfungen derart definieren, daß die dadurch auf dieser Menge bestimmte Struktur auch allen Körperaxiomen genügt. Diese ganze Struktur läßt sich in zwei einfachen quadratischen Tabellen – eine für die Addition und eine für die Multiplikation – von jeweils drei Zeilen und Spalten festhalten. Es ist dies ein merkwürdiger Körper, ergibt doch in diesem Körper die Eins zu der Eins addiert Null.

 Das ist natürlich etwas, was sich mit unserem Verständnis der Zahlen Null und Eins nicht vereinbaren läßt. Unser Verständnis ist diesbezüglich ganz von den natürlichen Zahlen her bestimmt, und in der Menge dieser Zahlen ist bekanntlich 1 + 1 = 2. Die Eins bzw. auch die Null dieses Körpers kann somit nicht die Null bzw. Eins aus der Menge der natürlichen Zahlen sein. Das wird in den Körperaxiomen auch nicht verlangt. Schließlich ist die Menge der natürlichen Zahlen auch kein Körper. Allerdings ist das – wie gesagt – die Menge der rationalen Zahlen und die Null und Eins dieser rationalen Zahlen ist die Null und Eins der natürlichen Zahlen. Das ergibt sich einfach daraus, daß die rationalen Zahlen eine Erweiterung der Menge der ganzen Zahlen, die ihrerseits aus einer Erweiterung der Menge der natürlichen Zahlen hervorgehen, sind.

 

  II. – Der Schritt von den natürlichen zu den ganzen Zahlen, und von diesen ganzen Zahlen zu den rationalen Zahlen ist – wie gesehen – rein konstruktiver Natur. Getan werden können diese beiden Schritte natürlich erst, nachdem auch die natürlichen Zahlen vorliegen. Wie aber kommt man zu diesen Zahlen? Mathematiker haben nicht danach zu fragen, was diese Zahlen sind; es genügt vollauf, wenn sie wissen, woran sie mit diesen Zahlen sind, und d.h. wie mit diesen Zahlen umgegangen werden kann. Es kommt – mit anderen Worten – allein auf die Eigenschaften dieser Zahlen an, nicht aber auf so etwas wie deren ontologische, metaphysische Realität bzw. Identität.

 Darüber hat die Mathematik nicht zu befinden. Es genügt der Mathematik, wenn sie von diesen Zahlen so Gebrauch machen kann, wie sich von diesen Zahlen auch Gebrauch machen läßt. Die natürlichen Zahlen, das sind für die Mathematik – materiell – die Zeichen bzw. Zeichenfolgen 1, 2, 3, ....und – formell – Summen verschiedenster Anzahl von Einsen, wobei in der Reihenfolge der natürlichen Zahlen die einer natürlichen Zahl folgende natürliche Zahl in der ihr zugehörigen Summe von Einsen die Eins genau einmal mehr enthält als die entsprechende Summe der vorhergehenden natürlichen Zahl. Man bekommt in diesem Sinne alle natürlichen Zahlen in der diesen Zahlen eigenen Reihenfolge – formal-induktiv – dadurch, daß man mit der Eins als erstem Glied dieser Reihenfolge beginnt, und das (n + 1)-te – Folgenglied aus dem n-ten-Folgenglied durch Addition der Eins hervorgeht.

Diese Additionen können im und durch den mathematischen Formalismus samt und sonders allerdings nicht ausgeführt werden. Aus den Körperaxiomen für die Addition läßt sich nur ableiten, daß es diese Summen alle auch geben sollte. Die beiden einzigen Zahlen, die uns dieses Axiomensystem anzubieten hat, das sind – wie gesagt – die Zahlen Null und Eins, wobei Addition der Null und Multiplikation mit Eins führt den Körperaxiomen sowie einfachen Ableitungen daraus folgend nicht über die Null resp. Eins hinausführt. Wie es um die Summe 1+1 bestellt ist, dazu sagen uns die Körperaxiome nichts. Es ist grundsätzlich auch nicht ausgeschlossen, daß 1+1 auch gleich 0 sein könnte, wie das vorhin angesprochene Beispiel des Körpers bestehend allein aus der Null und der Eins zeigt. Wenn man in einem Körper auch die natürlichen Zahlen integriert haben will, dann muß man so etwas natürlich ausschließen, gilt doch in der Menge der natürlichen Zahlen 1 + 1 = 2. Warum ist das aber so?

Wir müssen uns nicht die Frage beantworten, was die Zahl Eins, und was die Zahl Zwei „ist“. Es genügt, wenn wir wissen, daß in der Reihenfolge der natürlichen Zahlen auf die Eins die Zwei folgt, wobei die Bezeichnungsweise nichts zu bedeuten hat. Die Zwei, die auf die Eins folgt bzw. die Eins, die der Zwei vorausgeht, könnte aussehen, wie sie möchte; und wir mögen zu der Eins bzw. der Zwei auch sagen, wie wir wollen; entscheidend allein ist, daß wir es bei der einen Zahl mit der der anderen Zahl folgenden Zahl zu tun haben. Es muß sich dabei um zwei in Reihenfolge (an-)geordnete Zahlen handeln. Die materielle Form und Gestalt der Zeichen, deren wir uns zur Darstellung dieser Reihenfolge bedienen sowie die Art und Weise, wie wir diese Zeichen akustisch wiedergeben, hat dabei – wie gesagt – nichts zu bedeuten. Jedes andere Zeichen anstelle der – im einzelnen – gewählten Zeichen mit jeder anderen als der gewählten akustischen Wiedergabe tut es in gleicher Weise. Das gilt so auch über die Zahl Zwei hinaus, und d.h. es gilt – im Dezimalsystem – so auch für die Zahlen 3, 4, 5, .... Wir können uns die Zeichen dafür zurecht legen wie wir wollen, und wir können sie aussprechen, wie es uns beliebt. Sie tun alle in gleicher Weise ihren Dienst sobald sie auch in eine Reihenfolge gebracht sind. Das ändert sich erst mit der Zahl 10. Diese Zahl ist im Dezimalsystem die erste Zahl, die in ihrer Darstellung sich der Kombination zweier Zeichen bedient, wobei in dieser Zeichenfolge 10 nur die 0 zuvor nicht schon einmal auch aufgetreten ist.

 

  III. – Das Zeichen Null nimmt im ganzen System dieser Zeichenfolgen – so wie die Fortführung dieser Folge von Zeichenfolgen zeigt – eine Sonderstellung ein. Sie ist für sich alleine genommen selbst nicht auch Element dieses Systems, das mit der Eins beginnt. Welches die Funktion dieser Null im ganzen System ist, das läßt sich der Reihenfolge dieser Zeichenfolgen, so wie uns diese Reihenfolge aus unserem Umgang – auch mit größeren – natürlichen Zahlen nur allzu vertraut ist, sofort auch entnehmen, ohne daß diese Funktion – expressis verbis – in eine Regel bzw. in ein ganzes Regelwerk gefaßt werden müßte. Man sieht auch so sofort, wie dieses ganze System ganz auf diese Null abgestellt ist.

Die Aneignung dieses Systems geschieht einfach durch – praktische – Einübung in dieses System. Wenn man erst einmal weiß, wie die Zahlen bis 1000 etwa aussehen, dann weiß man auch, wie das mit diesen Zahlen immer weiter fortgeht, auch wenn wir für die größeren Einheiten dieses Systems, so wie sie durch die größere Stellenzahl größerer Zahlen bedingt ist, keine Bezeichnung mehr haben. Ohnehin finden im Einheitensystem der natürlichen Zahlen ab der Einheit 1000 neue Einheiten nur noch für das Tausendfache der vorhergehenden Einheit auch eine eigene Bezeichnung. Die beiden dazwischen liegenden Einheiten werden einfach als das zehn- bzw. hundert-fache der Einheit zuvor deklariert.

Für das Verfahren der Produktion aller dieser Zeichenfolgen ist diese Bezeichnungsweise bzw. ist dieses ganze Einheitensystem ohne Bedeutung. Dieses Verfahren produziert im übrigen auch mehr Folgen als wir uns jemals an Einheiten ausdenken könnten. Für die – individuelle – Bezeichnung aller dieser Folgen bräuchte man auch unendlich viele bzw. – präziser – bräuchte man nicht-endlich viele Einheiten. Schließlich gibt es auch keine unendliche Einheit wie es auch keine unendliche natürliche Zahl gibt, und alle Einheiten im System der natürlichen Zahlen sind allesamt selbst auch natürliche Zahlen. Das schließt – wie wir wissen – allerdings nicht auch aus, daß die Menge der natürlichen Zahlen eine unendliche Menge ist.

 

IV. 2 Zahldarstellung als ein System von Fortschreibung uns Wiederholung

 

  I – Der Verfahren, das uns alle natürlichen Zahlen bzw. die diese Zahlen darstellenden Zeichenfolgen produziert, bedarf zu seinem Verständnis nicht der Deutung bestimmter dieser Zeichenfolgen als Einheiten im System aller dieser Zeichenfolgen. Man kann allerdings schon auch sagen, daß sich – so wie dieses Verfahren organisiert ist – die Interpretation bestimmter Zeichenfolgen als Einheiten im System aller dieser Folgen geradezu aufdrängt. Dieses Verfahren als solches stellt selbst nicht auch ein mathematisches Verfahren dar; es bildet allerdings die Grundlage für jede Art von mathematischem Verfahren dadurch, daß wir ihm die natürlichen Zahlen verdanken, und diese natürlichen Zahlen bilden die Grundlage aller Zahlen, und mithin auch die Grundlage der reellen Zahlen, die in ihrer axiomatischen Begründung die Grundlage der Mathematik bilden.

Das Verfahren zur Produktion der natürlichen Zahlen beruht – wie gesagt – auf Fortsetzung und Wiederholung. Es ist dies ein Verfahren des – ständig – wiederholten Setzens einer in Reihenfolge (vor-)gegebenen endlichen Menge von Zeichen, wobei in diesem Verfahren auch ein (Zähl-)verfahren integriert ist, das uns sagt, wie oft diese Zeichenreihe – bislang – schon gesetzt wurde. Diese Buchführung wird – von rechts nach links gelesen – ab der zweiten Stelle einer Zeichenfolge geführt, während die erste Stelle für das fortgesetzte, wiederholte Setzen der vorgegebenen Zeichenmenge in eben der Reihenfolge dieser Zeichenmenge  – und dazu gehört in dieser Situation auch die Null – reserviert ist. Auf der zweiten Stelle wird – in eben der Reihenfolge dieser Zeichenmenge, in diesem Fall aber ausschließlich der Null – festgehalten, wie oft diese Zeichenmenge (diesmal also wieder einschließlich der Null) auf der ersten Position schon – vollständig – durchlaufen wurde. Die Feststellung eines vollständigen Zeichendurchlaufs folgt zugleich mit dem Setzen des letzten Zeichens der vorgegebenen bzw. vorzugebenden Zeichenmenge (der augenblicklichen Lesart zufolge also die Null). Nur so läßt sich dem ganzen Verfahren auch Zählwerkcharakter verleihen. Reicht für die Buchführung über die Anzahl dieser Durchläufe diese Zeichenmenge (ohne die Null diesmal wieder) nicht mehr aus, dann wird ein kompletter Satz solcher Durchläufe auf  der dritten Position mit einer Eins (wohlgemerkt also keiner Null) vermerkt, während auf der zweiten Position wieder von vorne (mit der Eins also auch) angefangen wird, genauso wie das immer wieder auch auf der ersten Position geschieht.

Das ganze Verfahren läßt sich unbegrenzt auch fortführen, wobei mit jedem neu gesetzten und festgehaltenen Zeichen auf der – von links nach rechts gelesen – ersten Position auf den Positionen daneben – insgesamt – alles wiederholt wird, was sich zuvor bereits – mit einem anderen Zeichen auf dieser ersten Position – abgespielt hat.

Das Verfahren als solches wäre nicht unbedingt auch auf eine Null in der dieser Zahl für das ganze System eigenen Funktion und Bedeutung angewiesen, was die Produktion unendlich vieler endlicher Zeichenfolgen in fortlaufender Reihenfolge anbelangt. So könnte man – im Dezimalsystem – nach der 9 – mangels 0 – sofort auch zur 11 als der dann niedrigsten zweistelligen Zahl übergehen. Entsprechend würde auf die 19 die 21 bzw. auf die 99 die 111 und sofort folgen. Ansonsten könnte das ganze Verfahren wie gehabt ablaufen. Diesem Verzicht auf die Null würde dann natürlich sofort auch das Dualsystem zum Opfer fallen, nachdem dieses System sich dann nur noch auf die Eins stützen könnte, und mit einem Zeichen allein funktioniert – wie wir wissen – das ganze System nicht mehr. Wie wirkt sich dieser Verzicht auf die Null aber auf diejenigen Systeme aus, die genügend Zeichen zur Verfügung haben, um auf die – zusätzliche – Null nicht unbedingt auch angewiesen zu sein?

  II. – Sehen wir auf das Dezimalsystem, um uns in unseren Überlegungen auch gleich auf ein konkretes Zahlenmaterial beziehen zu können, so stellt es sich die unmittelbare Konsequenz eines Verzichtes auf die Null so dar, daß die Menge von Zahlen zwischen 1 und 99 ihrer Anzahl nach neun Zahlen mehr als die Menge der Zahlen zwischen 111 und 199 enthält. Das liegt einfach daran, daß ohne die Null innerhalb der natürlichen Zahlen von 99 ab bis einschließlich 199 die Zahlen 1 bis 9 nicht auch wiederholt werden können. Die natürlichen Zahlen ab 99 sind allesamt mindestens dreistellig. Damit können einstellige Zahlen in einem System von Fortführung und Wiederholung nicht in dreistellige Zahlen integriert sein bzw. nicht in dreistelligen Zahlen wieder aufgenommen werden, wenn dieses System von Fortführung und Wiederholung in der Fortführung immer nur auf ein – einziges – neues bzw. zusätzliches Zeichen setzt. Dann liegt einfach eine Lücke vor, die – im System – nicht geschlossen werden kann. Alle uns zur Verfügung stehenden Zeichen sind diesbezüglich schon anderweitig vergeben. Jede mögliche Kombination von zwei Zeichen aus der vorgegebenen Zeichenmenge ist bereits als Element in der Menge aller solcher zwei-elementigen Zeichenfolgen von 11 bis 99 enthalten und wird als solches dann in einer dreistelligen Kombination fortgeführt.

Es hätte auch wenig Sinn, diese Lücke durch ein nur für diesen Zweck eingerichtetes Zeichen schließen zu wollen. Was dem ganzen Verfahrensablauf, und d.h. was die Folge der daraus hervorgehenden Zeichenfolgen betrifft, so stört eine solche Lücke nicht, einfach weil sie dort als Lücke nicht auch in Erscheinung tritt. Diese Lücke tritt nicht einmal dann in Erscheinung, wenn man haben möchte, daß jede ein-elementige Zeichenfolge als Teilfolge auch drei-elementiger Zeichenfolgen wieder auftritt. Das tun alle diese ein-elementigen Zeichenfolgen auch, nur daß sie das in Verbindung mit einer zwei-elementigen Zusatz- bzw. Ergänzungsfolge tun, einfach weil anders keine drei-elementige Zeichenfolge entstehen kann. Daß das Produktionsverfahren genau umgekehrt ist, und d.h. daß dabei nicht eine ein-elementige Folge durch eine zwei-elementige sondern eine zwei-elementige durch eine ein-elementige Folge zu einer drei-elementigen Folge ergänzt wird, hat – ergebnisbezogen – nichts zu bedeuten. Von einer Lücke kann allenfalls dann die Rede sein, wenn in den einzelnen Zeichenfolgen mehr als jeweils nur die einzelne Zeichenfolge als bloße Zeichenfolge gesehen wird bzw. gesehen werden soll.

 

 III. – Grundsätzlich können Zeichenfolgen immer nur als geschlossene Zeichenfolgen, und d.h. als Zeichenfolgen ohne Lücken gedacht werden. Lücken in einer solchen Folge würde diese Folge in mehrere eigenständige Folgen zerfallen lassen. Bei einer Fortführung Zeichen für Zeichen können ein-elementige Folgen natürlich auch nur zu zwei-elementigen Folgen ergänzt werden. Lücken können auf diese Weise natürlich auch nicht auftreten. Eine Lücke liegt nur dann vor, wenn eine Folge um ein Zeichen ergänzt werden soll, ohne daß sich dieses eine Zeichen unmittelbar an die gegebene Folge anschließen dürfte. Solange diese Lücke nicht geschlossen ist, könnte die Fortführung um dieses eine Zeichen auch nicht – eigentlich – erfolgen. Wie läßt sich eine solche Lücke aber auch so schließen, daß damit auch wirklich nur die Lücke als Lücke geschlossen ist, und d.h. ohne daß dadurch an den bereits bestehenden Teilen der Folge nicht nur nichts verändert wird – das kann ohnehin nicht geschehen, solange diese Teilfolgen alle unberührt bleiben – sondern in ihrer Bedeutung für das ganze alle auch unangetastet bleiben.

Wenn wir also eine ein-elementige Zeichenfolge bzw. eine einstellige Zahl den Anfang einer dreistelligen Zahl, deren – von links nach rechts gelesen – erstes Element feststeht, bilden soll, dann kann die Lücke, die an der zweiten Position dieser zu konstruierenden dreistelligen Zahl notwendig entsteht, nur durch ein für diese Zwecke eigens vorgesehenes Zeichen geschlossen werden. Es kann dafür kein Zeichen verwendet werden, das selbst bereits in den regulären Aufbau der Zeichenfolgen des Systems integriert ist, einfach weil dann dieses Zeichen nicht mehr der Abgrenzung der einstelligen Zahl gegenüber der insgesamt dann dreistelligen Zahl dienen kann. Es müßte sich bei diesem Zeichen – mit anderen Worten – um ein neutrales Element in dem Sinne handeln, daß dieses Zeichen über dessen Funktion, Lücken zu schließen, hinaus dem, dem es auf diese Weise zur Eingliederung in eine mehrstelligere Zeichenfolge verhilft, nicht auch noch etwas hinzufügt.

Eine solche Feststellung ergibt natürlich nur Sinn, wenn in den einzelnen Zeichenfolgen auch noch anderes als die einzelne Zeichenfolge als einzelne Zeichenfolge gesehen wird. Die Frage ist, wie sich so etwas system-intern einrichten läßt. Es geht dabei darum, ein Zeichen in einer Weise auszuzeichnen, die uns darauf schließen läßt, daß dieses eine Zeichen gewissermaßen außer Konkurrenz läuft. Nur dann nämlich kann uns so ein Zeichen auch helfen, eine kleinere Zeichenfolge innerhalb einer größeren Zeichenfolge gegenüber dieser größeren Zeichenfolge – wobei mit größer größer mit mindestens zwei Zeichen gemeint ist – so abzugrenzen, daß diese kleinere Zeichenfolge auch von der größeren Zeichenfolge isoliert ist und damit eindeutig auch als diese kleinere Zeichenfolge, nicht aber nur als Teil der größeren Zeichenfolge bzw. – weiteren – Teilfolgen daraus  identifiziert ist bzw. identifiziert werden kann.

 

IV. 3 Der nicht-formalisierbare Verfahren von Zahldarstellung

 

  I. – Das System der Darstellung natürlicher Zahlen wurde von uns u.a. auch dahingehend charakterisiert, daß mit jeder neu eröffneten – zusätzlichen – Position auf den Positionen zuvor alles wiederholt wird, was auf diesen Positionen an Vielfalt in der Besetzung dieser Positionen möglich ist und entsprechend auch bislang schon realisiert wurde. Das gilt für jede nur mögliche Besetzung dieser zusätzlichen Position, wobei dabei allein die Null ausgenommen bleibt. Es ist diese Null im übrigen auch nicht – reguläres – Element, der Menge an Zeichen, die man sich – in geordneter Reihenfolge – vorzugeben hat, damit das Verfahren zur Produktion aller Zeichenfolgen, so wie wir uns dieser Zeichenfolgen zur Darstellung der Menge der natürlichen Zahlen bedienen, gestartet werden kann. Regulär könnte bzw. müßte diese Null allenfalls ganz an den Anfang dieser Reihenfolge gestellt werden. Daß diese Null im ganzen System eine hervorgehobene Stellung besetzt, das sieht man einfach daran, daß es gerade diese Null ist, mit dessen Hilfe Lücken des Systems im vorhin beschriebenen Sinne geschlossen werden. So umfaßt diese Lücke, wenn beispielsweise von einer neu eröffneten fünften Position im System unserer Zeichenfolgen auch alle einstelligen Zahlen – auf der von rechts nach links gelesen ersten Position dieser Zeichenfolgen – wieder aufgenommen werden sollen, bereits drei Positionen, Positionen, die dann – wie gesagt – alle mit dieser Null besetzt sind.

Diese Null wird also einfach als Lückenbüßer benötigt, wenn man an der Verfahrensregel festhalten will, wonach mit jeder neueröffneten Position und bei jeder auch nur möglichen Besetzung dieser Position auf den Positionen zuvor jeweils alles wiederholt wird, was bisher auf den Positionen zuvor alles schon an Zeichenfolgen entwickelt wurde. Diese Zeichenfolgen umfassen natürlich auch Folgen unter Beteiligung der Null. Allerdings sind darunter keine Zeichenfolgen, die – von links nach rechts gelesen – mit zumindest einer Null beginnen würden. Das wäre entgegen den Regeln des Systems, und insofern ist die Null kein Zeichen wie jedes andere Zeichen auch. Man weiß, welches – rein formal – die Funktion der Null in diesem System ist. Diese Funktion besteht darin, die Positionen, bezüglich deren – wieder einmal – alles an möglichen Kombinationen ausgeschöpft wurde, „glatt zu stellen", nicht ohne dabei zugleich auf der Position zuvor um 1 "hochzuschalten".

Dieser Vorgang wiederholt sich immer wieder aufs neue, bis alles an möglicher Besetzung auf der vorderen Position ebenfalls ausgeschöpft ist. Dann muß in der Fortführung dieses Verfahrens eine neue Position eröffnet werden, wobei alle Positionen dahinter mit einer Null überschrieben werden. Erstmalig findet sich dabei auf der Position, die auf der Verfahrensstufe zuvor abwechselnd mit den Zeichen der vorgegebenen Zeichenmenge (ausschließlich der Null) besetzt wurde, während auf den restlichen Positionen jeweils alles durchgespielt wurde, was das System (einschließlich der Null) auf dieser Folge von Positionen an verschiedensten Zeichenkombinationen anzubieten hat, eine Null.

 

  II. – Das ist der Formalismus des Verfahrens, auch wenn dieser Formalismus sich selbst nicht auch formalisieren läßt, so wie formalisieren in Mathematik und auch anderswo verstanden wird. Ein Verfahren formalisieren bedeutet dieses Verfahren auf das dabei Anwendung findende Regelwerk zu reduzieren. Es wird dabei – anders gesagt – von dem konkreten Material, das diesem Verfahren unterzogen wird, abstrahiert. So wird natürlich in allen Gesetzen der Physik vom Material, und d.h. von den – physikalischen – Körpern, die diese Gesetze befolgen bzw. zu befolgen haben, abstrahiert. Physikalische Gesetze sind notwendig immer nur formaler Natur in dem Sinne, daß die Formulierung dieser Gesetze nicht von den – einzelnen – Körpern abhängig sein kann, für die diese Gesetze gelten. Es gibt das Gesetz nicht, daß nur für den einzelnen Körper gelten könnte. Gesetze sind Gesetze nur unter der Voraussetzung, daß sie sich auch über den Einzelfall erheben. Erklären lassen sich irgendwelche Dinge immer nur – zumindest – eine Abstraktionsstufe darüber. Auch wenn jede Erklärung im einzelnen immer auch dem einzelnen konkreten Vorgang gilt, so gibt es in so einer Erklärung dennoch nichts, was nur für diesen einen konkreten Vorgang allein gelten könnte. Kein solcher Vorgang kann eine Physik ganz für sich alleine in Anspruch nehmen.

Das wäre das Ende jeder Physik. Die Gesetze der Physik sind – formal – mathematische Gesetze, und mathematische Gesetze stellen ihrerseits auch eine Formalisierung dar. Das Kommutativ- bzw. Assoziativgesetz für Addition und Multiplikation sind natürlich notwendig formale Gesetze in dem Sinne, daß diese Gesetze nicht mit Hilfe konkreter Zahl formuliert werden. Damit könnte man dem Gesetzescharakter dieser Regeln auch nicht Ausdruck verleihen, einfach weil es diesen Gesetzen – formal – dann auch an der notwendigen Allgemeinheit fehlen würde. Wie verhält es sich aber diesbezüglich mit dem Verfahren, das die Grundlage aller Formalisierungen in der Mathematik bildet, einfach weil es uns das Zahlenmaterial zur Verfügung stellt, das sich dann auf seine rein formalen – Gesetzmäßigkeiten hin überprüfen läßt?

 Dieses Verfahren setzt – wie gesagt – eine in Reihenfolge geordnete Menge von – einfachen – Zeichen voraus, wobei die Null – ergänzend – am besten an den Anfang dieser Reihenfolge zu setzen ist. Es würde schon genügen, wenn neben dieser Null auch noch ein weiteres Zeichen gesetzt ist, wobei man dann allerdings nicht gut auch von einer Reihenfolge vorgegebener bzw. vorzugebender Zeichen reden kann. Deswegen müßte dieser Fall aber nicht auch gesondert geführt werden. Immerhin müßte auch in diesem Fall zwischen der Null und der Eins unterschieden werden, und diese Unterscheidung allein schon begründet Reihenfolge. Reihenfolge liegt vor sobald die Elemente einer Menge mit mindestens zwei Elementen in einer Beziehung wie „kleiner-als“ bzw. „kommt vor“ oder ähnlichem stehen. Zusätzlich wäre allerdings auch noch die Transitivität dieser Beziehung vorauszusetzen. Aus x < y und y < z müßte also auch x < z folgen. Würde man Beziehung im Sinne der – formalen – mathematischen Definition von Relation verstehen, dann müßte zudem auch noch die Reflexivität und die Antisymmetrie dieser Beziehung gefordert werden. Statt von einer "Kleiner-als-Beziehung" müßte dann von einer "Kleiner-gleich-als-Beziehung" die Rede sein. Für alle Elemente x so einer Menge gilt dann x £ x bzw. würde dann für alle x, y mit x £ y und y £ x  x = y folgen.

Die formale Definition einer Relation auf einer Menge M als Teilmenge des kartesischen Produktes  eröffnet uns die Möglichkeit, auch Elemente zu sich selbst in einer Beziehung gesetzt zu sehen. Von einer reflexiven, antisymmetrischen und transitiven Beziehung auf einer nichtleeren Menge M spricht man zudem auch als von einer Ordnungsrelation oder einer Ordnung auf M. Erfaßt diese Ordnung das ganze kartesische Produkt , so spricht man im besonderen von einer Ordnungsrelation als von einer (linearen) Anordnung. Das ist gewissermaßen die formal-abstrakte mathematische Beschreibung des Phänomens Reihenfolge. Gemeint ist mit (linearer) Anordnung nämlich nichts anderes, als daß sich die Elemente einer solchen linear angeordneten Menge in eine Reihenfolge bringen lassen.

Eine linear angeordnete Menge ist natürlich die Menge der natürlichen Zahlen, ist aber auch die Menge der reellen Zahlen. Begründet findet sich die lineare Anordnung dieser Zahlen in den sogenannten Anordnungsaxiome. Das Bemerkenswerte an diesen Axiomen ist, daß sie sich in der auf der Menge der reellen Zahlen zu postulierenden Anordnung allein auf den Nullpunkt beziehen. Das ist – wie wir wissen – neben der Eins aber auch die einzige konkret-abstrakte Zahl, auf die man sich dabei auch stützen kann. Es geht bei den Anordnungsaxiomen um die Regeln für das Rechnen mit Ungleichungen. Das Formale am mathematischen Formalismus ist, daß in ihm – analog zur Abstraktion von konkreten Körpern in physikalischen Gesetzen – von konkreten Zahlen abstrahiert wird. Es kann also auch nicht Aufgabe dieses Formalismus sein, uns zu sagen, welche von zwei reellen Zahlen jeweils die kleinere ist. Bei den unendlich vielen reellen Zahlen ließe sich damit ohnehin auch zu keinem Ende finden. Das wäre aber auch schon bei den unendlich vielen natürlichen Zahlen so.

Welche von zwei – natürlichen – Zahlen die kleinere ist, das muß man diesen Zahlen schon selbst auch entnehmen können – dabei kann uns kein Axiom und kann uns kein mathematisches Gesetz behilflich sein, wie uns solche Axiome bzw. Gesetze auch mit keinen Zahlen (be-)dienen können. Umgekehrt werden wir von einer Zahlenmenge nicht auch mit den Gesetzen bedient, die für diese Zahlenmenge gelten. Das muß man erst herausfinden, wobei es sich dabei zunächst immer nur um Vermutungen bzw. Behauptungen handeln kann, die zu mathematischen Gesetzen erst dadurch werden, daß sie sich auch beweisen lassen. Die Frage ist nur, auf was alles zu Diensten des Beweises solcher Behauptungen zurückgegriffen werden kann. Es kann sich dabei jedenfalls auch nur um allgemeine Gesetzmäßigkeiten handeln, und dann stellt sich sofort auch wieder die Frage nach dem Beweis dieser Gesetzmäßigkeiten.

 

  III. – Zuletzt ist das natürlich die Frage danach, womit Mathematik einsetzen kann. Stehen am Anfang der Mathematik Behauptungen, die sich nicht beweisen lassen, einfach deswegen, weil noch nichts an allgemeinen Gesetzmäßigkeiten vorliegt, mit denen solche Behauptungen bewiesen werden könnten? Schließlich kann sich eine Behauptung nicht selbst auch Beweis sein. Es gibt allerdings Behauptungen, die von einer Evidenz sind, daß sie offenbar auch keines Beweise bedürfen. Dazu wird man insbesondere gewisse logische Gesetzmäßigkeiten rechnen, Gesetzmäßigkeiten, die in gewisser Weise absolut gelten, einfach weil sie anders nicht gedacht werden können, und insofern auch notwendig so gelten. Die Logik darf als eine eigene wissenschaftliche Disziplin gelten, einfach weil sie mit keiner anderen Disziplin auch das Materialobjekt teilt. Die Logik ist in gewisser Weise die einzige Disziplin, in der die Form zugleich auch das Material zu bestimmen scheint. Die Logik ist so gesehen eine selbstreflexive Disziplin in dem Sinne, daß es „ in ihr also der Verstand mit nichts weiter als sich selbst und seiner Form, zu tun hat (Kritik der reinen Vernunft, B IX‘)“.

Zumindest was das, was man als reine Logik bezeichnen möchte, angeht, könnte man geneigt sein, diese Bewertung Kants zu teilen. Die Frage ist nur, inwieweit es so etwas wie eine solche reine Logik, das heißt eine Logik, die nur in der Anwendung auf ein logikeigenes, weil von der Logik selbst zur Verfügung gestelltes Material besteht, auch gibt. Wir haben diese Situation jedenfalls nicht in der Sprachphilosophie, und d.h. in einer – philosophischen – Disziplin, die mehr oder weniger als ein Synonym für Logik gelten kann, vorliegen. Natürliche Sprachen sind – natürlich – etwas der Logik Vorgegebenes. Anders verhält es sich mit reinen Logik-Sprachen, also Sprachen, die in ihrer Struktur natürlicher Sprache nachgebildet sind, sich insbesondere also in Syntax und Semantik aufgliedern, in Vokabular und Grammatik sich ausschließlich aber logischer Symbole bedienen. Sprachphilosophisch bzw. sprachlogisch kann man sich aber so oder so nur mit Sprachen beschäftigen, die auch bereits vorliegen, und sei es, daß man sich – wie gesagt – diese Sprachen zu Zwecken ihrer logischen Analyse bzw. Implikationen erst setzt.

Wir finden besagte Situation aber auch nicht in der Mathematik vor, die sich auch nur auf ein vorgegebenes (Zahl-)zeichenmaterial stützen kann, und der es insbesondere auch nicht – so wie in (Sprach-)logikkalkülen – freisteht, sich dieses Material nach eigenen Vorstellungen zurecht zu legen. In diesem Sinne gibt es auch nur – die – eine Mathematik. Wir haben in der Mathematik also nicht die Möglichkeit, durch eine verschiedene Gestaltung des Zahlenmaterials verschiedene Mathematiken zu entwickeln, um diese dann auf ihre logische Struktur hin zu untersuchen. Deswegen auch spielt die Logik in der Mathematik eine untergeordnete Rolle, und deswegen auch konnte die Mathematik diese Logik auch gut und gerne an die Philosophie abgeben.

 

 

V. Der mathematische Formalismus und seine Grenzen

 

V.1  Die „Lückenhaftigkeit“ des arabischen Stellenwertsystems

 

  I. – Die Mathematik kann sich insgesamt nur im Rahmen dessen bewegen, was das Verfahren zur Darstellung der natürlichen Zahlen zuläßt, auch wenn der mathematische Formalismus von diesem Verfahren abstrahiert. In Mathematik-Lehrbüchern wird darauf jedenfalls auch dann nicht eingegangen, wenn – wie das in Schulbüchern der Fall ist – versucht wird, behutsam an den Umgang mit – natürlichen – Zahlen heran zu führen. Selbst in elementaren Arithmetik-Lehrbüchern ist von diesem Verfahren nur in dessen Lesart als eines Stellenwertsystems die Rede. Das aber ist schon Interpretation und nicht einfach nur Beschreibung dieses Verfahrens. Das Verfahren als solches ist dabei nicht auch Gegenstand der Erklärung. In seiner Verfahrensweise ist dieses Verfahren mit dem Feststellung dessen, wie sich, und d. h. mit welchem Gewicht sich jede einzelne Position einer (Zahl-)zeichenfolge unabhängig von dessen konkreter Besetzung in den Zahlenwert der dadurch dargestellten Zahl einbringt, nicht erklärt. Das ist eine gänzlich statische Betrachtungsweise, die dabei zur Anwendung kommt. Der Blick auf das dynamische Verfahrensgeschehen bleibt dadurch vollkommen ausgeblendet. Dabei verdiente gerade diese Blickrichtung alle Beachtung, einfach weil sich uns nur aus dem dynamischen Verfahren(-sablauf) heraus auch das Geschehen im Unendlichen dieses Verfahrens erschließen kann, und darauf kommt es gerade bei Folgen, deren die natürlichen Zahlen auch eine sind, immer auch an. Bei Folgen interessiert eigentlich nur deren Verhalten im Unendlichen, und d. h. es interessiert letztlich nur, ob eine Folge konvergiert, und d. h. über einen Grenzwert verfügt oder nicht. Dazu sind Grenzwertbetrachtungen an der Abbildungsvorschrift anzustellen. Jede Folge definiert sich – ob nun nur implizit über ein rekursives oder sonstiges Verfahren oder explizit über eine förmliche Abbildungsvorschrift. Das Verfahren zur Produktion resp. Darstellung der natürlichen Zahlen unterliegt keiner solchen Abbildungsvorschrift, einfach weil dieses dem ganzen mathematischen Formalismus vorausliegt und damit mit den Mitteln dieses Formalismus auch nicht  beschrieben und analysiert werden kann.

Einer unbegrenzten Darstellung waren die natürlichen Zahlen erst im sogenannten arabischen System – wie man zu diesem Verfahren auch sagt – zugänglich. Zuvor fanden natürliche Zahlen ihre Darstellung im römischen System, das bekanntlich ein System ohne Null war. Damit war diesem System in der Darstellung natürlicher Zahlen nach oben eine Grenze gesetzt. Das, was dem arabischen System die Position war, war für das römische System das eigene Zeichen. In der Bezeichnung bzw. Gewichtung der Positionen setzte man dabei – im Ergebnis – auf Einzel(-zeichen)darstellung. Das hat aber seine – natürlichen, sowohl zeitlichen als auch räumlichen Grenzen. Unendliches läßt sich auf diese Weise nicht darstellen, weil sich unendlich viele Zeichen nicht Zeichen für Zeichen auswählen lassen, ohne daß dabei ein systematisiertes, nichtabbrechendes Verfahren zum Einsatz käme. Das römische Verfahren zur Zahldarstellung ist ein endliches Verfahren. Irgendwelchen Grenzwertbetrachtungen ist dieses System deswegen auch nicht zugänglich, einfach weil dieses System nicht – bis – ins Unendliche (hinein-)reicht. Dem arabischen System ist dagegen die Null wesentlich. Das diesem System zugrundeliegende Verfahren als solches würde – was die systematische Produktion einer unendlichen Folge von endlichen Zeichenfolgen anbelangt – auch ganz gut ohne so eine Null funktionieren. Allerdings könnte dann nicht weiter an der Regel festgehalten werden, wonach mit jedem neu gesetzten Zeichen auf jeder neu eröffneten Position auf den Positionen zuvor alles wiederholt wird, was mit diesen Positionen bzw. auf diesen Positionen zuvor alles schon an Zeichenfolgen entwickelt worden ist. Wiederholt werden könnte auf diesen Positionen an Zeichenfolgen nur, was diese Positionen im einzelnen alle auch ausfüllt. Nur solche Folgen können mit der zusätzlich gesetzten bzw. besetzten Position zuvor ein geschlossenes Positionengefüge, und d.h. eine geschlossene Zeichenfolge bilden. Will man auf diesen Positionen alles bisher an Zeichenfolgen Entwickelte wiederholt haben, dann benötigt man für alle diejenigen Folgen, die diese Positionen nicht alle auch besetzt halten, ein Zeichen, daß die dann gegebene Lücke zu der zusätzlich eingeführten und besetzten Position schließt.

Das – arabische – System der Darstellung der natürlichen Zahlen hält dafür die Null bereit. Deren Aufgabe ist es zunächst einmal, einen – ersten – vollen Zeichendurchlauf auf der letzten Position der Serie produzierter Zeichenfolgen abzuschließen. Eine im Fortgang des Verfahrens erstmalig durch eine Null zu schließende Lücke entsteht, wenn ein – simultanes – Hochschalten auf der Position zuvor, um einen – weiteren – vollen Zeichendurchlauf zu markieren, nicht mehr möglich ist, weil diesbezüglich bereits alles an vorgegebenen Zeichen – die Null allein ausgenommen – ausgeschöpft ist. Dann hat an dieser Stelle ebenfalls eine Null in Erscheinung zu treten. Das gleiche gilt für alle weiteren Positionen zuvor, die unter Umständen alle auf einmal mit Nullen zu überschreiben sind. Allen diesen Nullen ist dann – wie das auch schon erstmalig nach einem ersten vollen (einfachen, wenn man so will) Zeichendurchlauf geschehen ist – eine Eins voranzustellen.

 

 

  Wenn es uns nur darum ginge, ein Verfahren zu entwickeln, das uns – in geregelter Abfolge – mit allen nur möglichen endlichen Zeichenfolgen aus einer vorgegebenen endlichen Menge von Zeichen bedient, dann bräuchte man – wie gesagt –keine Null. Die Funktion der Null könnte insoweit problemlos auch von der Eins übernommen werden. Man könnte die Eins insoweit auch in derselben lückenschließenden Funktion wie zuvor die Null auch sehen. Im Unterschied zu Nullen würden Lücken schließende Einsen – mit oder ohne „Anhang“, und d.h. unabhängig davon, ob die Lücke in gewisser Weise vollständig ist oder nicht – ihrerseits bereits zu der Menge der auf den bisher in Anspruch genommenen Positionen entwickelten Zeichenfolgen gehören.

Ökonomisch könnte man so etwas auch nur für sinnvoll erachten. Es käme dabei auch alles zur Wiederholung, was bislang auf den Positionen zuvor, und d.h. ohne diese zusätzlich (ein-)geführte Position an Zeichenfolgen entwickelt wurde, nur daß die Lücken diesmal nicht von Nullen sondern von Einsen gefüllt sind. Im Gegensatz zu Nullen verbinden Einsen diese lückenschließende Funktion auch mit der Aufgabe der Reproduktion alles bisher auf den Positionen zuvor Gewesenen bzw. Geschehenen, und in diesem Sinne schließen diese Einsen eigentlich keine Lücken, einfach weil diese Lücken überall dort nicht bestehen (können), wo Einsen gesetzt sind. Im Ergebnis bedeutet das, daß ohne die Null mit jeder neu eröffneten Position auf den Positionen zuvor auch nur diejenigen Folgen wieder aufgenommen werden können, die alle diese Positionen zuvor auch ausfüllen. Folgen, die zumindest eine dieser Positionen nicht in Anspruch nehmen, können damit bei einer Erweiterung dieses Positionensystems nicht wieder auch aufgenommen werden. Das ist nur möglich bei einem Zeichen, das in seiner lückenschließenden Funktion nicht schon auch die Menge der auf den bisherigen Positionen produzierten Zeichenfolgen bedient, einfach weil es – im ganzen System – keine Zeichenfolgen gibt, die von diesem Zeichen angeführt werden dürften. Das trifft – nur – für die Null so zu.

 Die Null ist das einzige Zeichen, mit der in der von unserem Verfahren produzierten Serie von Zeichenfolgen keine Zeichenfolge beginnen darf bzw. kann. Neu eröffnete Positionen dürfen von der Null nicht besetzt werden. Würde man diese Positionen auch von der Null besetzen lassen, dann könnte diese Null nicht weiter die Funktion ausüben, die sie im System dieses Verfahrens ausübt. Wir bräuchten – wie gesagt – diese Null nicht, um dieses Verfahren „am Leben zu erhalten“. Wir können diese Null einfach auch übergehen. Es hindert uns nichts daran, im Dezimalsystem etwa nach der 9 sofort zur 11 bzw. nach der 99 sofort zu 111 überzugehen. Auch dann würde uns dieses Verfahren noch in geordneter Reihenfolge eine nicht abbrechende Folge von Zeichenfolgen liefern. Auch diese Serie von Zeichenfolgen könnte uns weiterhin auch noch zur Darstellung der Menge der natürlichen Zahlen dienen, wenn es uns dabei nur auf die geordnete Reihenfolge aller dieser Zeichenfolgen ankommt, und d.h. wenn wir uns dabei auch damit begnügen, jede dieser Zeichenfolgen aufgrund der Abfolge ihrer Einzelzeichen in ihrer Position innerhalb der ganzen Serie solcher Zeichenfolgen sofort auch bestimmen zu können. Das können wir im System ohne die Null auch noch, wenn wir es zuvor mit der Null konnten, und wir konnten es zuvor mit der Null auch. Den Gesetzen der Arithmetik würde so ein Verzicht auf die Null auch nur in den Fällen Abbruch tun, in denen auch explizit auf die Null Bezug genommen wird.

  III. – Die Gesetze der Arithmetik sind identisch mit den Körperaxiomen. Man kann diese Gesetze bzw. Axiome abstrakt formulieren; es ist damit nur nicht auch schon der Nachweis der Existenz einer Menge geführt, die diesen Gesetzen bzw. Axiomen genügt. Der Nachweis der Existenz einer solchen Menge ist immer eine Frage der Konstruktion bzw. Darstellung dieser Menge, und was unendliche Mengen anbelangt, ist dies immer auch eine Frage des Systems resp. Verfahrens so einer Konstruktion bzw. Darstellung. Man kann unendliche Mengen nicht – individuell – Element für Element festsetzen, und was die auf so einer Menge geltenden bzw. festzusetzenden Gesetze betrifft, so sind diese ohnehin notwendig, weil – wenn man so will – gesetzesimmanent – von einer abstrakt-formalen Struktur.

 Bei endlichen Mengen könnte man natürlich auch diese Gesetze noch dadurch festsetzen, daß man alle Gesetzesfälle auch einzeln auflistet. Das geschieht beispielsweise bei dem auch vorhin erwähnten Körper mit nur zwei Elementen, der Null und der Eins. Für diese Menge mit zwei Elementen läßt sich – wie gesagt – eine Addition und eine Multiplikation in jeweils einer Tabelle mit drei Zeilen und drei Spalten festsetzen. Mathematisch ist so etwas natürlich auch zulässig, auch wenn so ein Körper – mathematisch – nur von einem akademischen Interesse ist. Beantwortet wird mit diesem Körper auch nur die Frage nach dem kleinsten Körper, und beantwortet wird diese Frage dahingehend, daß der kleinstmögliche Körper auch ein tatsächlicher, also existenter  Körper ist. Den Körperaxiomen zufolge umfaßt jeder Körper eine Null und eine Eins, und dieses eine Beispiel zeigt, daß ein Körper auch nicht mehr an Elementen enthalten muß. Es ist dies – wie gesagt – mathematisch ein uninteressanter Körper, wenngleich er – mathematisch – auch seine volle (Existenz-)Berechtigung hat. In der Körpertheorie sind natürlich auch solche Körper zu berücksichtigen. Es dürfen dort keine Feststellungen getroffen werden, die durch einen solchen Körper widerlegt wären. Ausgeklammert werden können – kuriose – Körper dieser Art nur dadurch, daß man sich in der Analyse auf unendliche Körper beschränkt. Das ist eine Beschränkung, die in der Mathematik auch ihr Gewicht hat.

 

V.2  Die Null und ihre verschiedenen Funktionen

 

  I. – Die Unterscheidung zwischen dem endlichen und dem unendlichen Fall ist eine Unterscheidung, die für gewöhnlich auch vorgenommen werden muß, einfach weil sich im Unendlichen so manches anders darstellt als im Endlichen. Allerdings betrifft diese Unterscheidung weniger den Umfang der einer mathematischen Konstruktion bzw. Kategorie zugrunde liegenden Menge, als vielmehr die Dimensionalität einer solcher Konstruktion bzw. Kategorie, und dabei ist es so, daß man sich – zunächst jedenfalls – auf den endlich-dimensionalen Fall beschränkt. So wird beispielsweise die lineare Algebra für den Anfang jedenfalls nur für endlich-dimensionale Vektorräume entwickelt.

Das Paradebeispiel für einen solchen Vektorraum ist der n-dimensionale reelle Raum Rn. Das ist ein Raum mit n Dimensionen, wobei jede Dimension dieses Raumes durch den Körper R1 ausgefüllt ist. Vektorräume bedürfen zu ihrer Definition immer auch eines Körpers K, so daß für die einzelnen Vektoren dieses Raumes auch eine skalare Multiplikation mit Elementen dieses Körpers definiert ist. Damit ist in einem Vektorraum neben einer Addition auch eine Multiplikation definiert, wobei die Eigenschaften der Additionen in einem Vektorraum die Eigenschaften der Addition eines Körpers sind. Die Eigenschaften der Multiplikation bestehen dagegen in verschiedenen Ausführungen des Distributivgesetzes. Man muß bei diesen Operationen auch nur dahingehend aufpassen, daß in einem Vektorraum keine Addition von Vektoren und Skalaren definiert ist. Ansonsten kann man in einem Vektorraum fast genau so operieren wie in bzw. mit einem Körper.

Der Vektorraum  ist ein n-dimensionaler Vektorraum. Es gibt in ihm genau n linearen unabhängigen (Einheits-)Vektoren. Der Körper der reellen Zahlen kann auch als ein-dimensionaler Vektorraum über sich selbst als Körper aufgefaßt werden, auch wenn das in der Mathematik so nicht die herrschende Lesart ist. Daß dieser Vektor-raum die Dimension Eins hat, liegt einfach an der linearen Anordnung dieses Körpers. Jede reelle Zahl läßt sich als einfaches – als einmal-faches – Vielfaches ihrer selbst schreiben. Diese Eigenschaft der Eins, so wie sie uns aus den Körperaxiomen bekannt ist, begründete die Eindimensionalität des Vektorraumes  über dem Körper . Allerdings läßt sich daraus nicht auch auf die lineare Anordnung von  schließen. Dazu bedarf es eigener Axiome, der sogenannten Anordnungsaxiome.

Diese Anordnungsaxiome verstehen sich – so wie diese erklärt sind – ganz von der Null her. Das gleiche gilt für zwei additionsspezifischen Axiome der Addition, die Existenz der Null sowie die sich von der Null her verstehende Existenz des Negativen. Aber auch die zwei dazu analogen multiplikationsspezifischen Axiome der Multiplikation – das Axiom der Existenz der 1 sowie das sich daraus ableitenden Axiom der Existenz des Inversen knüpfen – indirekt bzw. ausschlußweise – an die Null an. Insofern, als auch das Vollständigkeitsaxiom auf die Anordnung des Körpers der reellen Zahlen Bezug nimmt, läßt sich auch dieses Axiom nicht unabhängig von der Null verstehen. Deutlicher noch ist diese Abhängigkeit, wenn das Vollständigkeitsaxiom in Form und Gestalt der Forderung nach der Konvergenz von Cauchy-Folgen in , und d.h. in Abhängigkeit eines grenzwertanalogen, und d. h. nullfolgenanlogen  Geschehens formuliert wird.

 

  II. – Ganz allgemein läßt sich sagen, daß der Grenzwertbegriff als der zentrale Begriff der Analysis ohne die Null nicht möglich wäre. Die Bildung von Grenzwerten läuft grundsätzlich darauf hinaus, Abstände gegen Null gehen zu lassen bzw. gehen lassen zu können. Das ist ein Prozeß, der Schritt für Schritt erfolgt. Definiert und konstruiert wird dieser Prozeß in Abhängigkeit von den natürlichen Zahlen. Grenzwerte sind immer Grenzwerte von unendlichen Folgen und unendliche Folgen verstehen sich von den natürlichen Zahlen her. Unendliche Folgen sind Abbildungen nach  mit den natürlichen Zahlen als Definitions- bereich. Einmal mehr erweisen sich damit die natürlichen Zahlen als die für die ganze Mathematik zentrale und fundamentale Zahlenmenge. Dafür finden diese natürlichen Zahlen in der systematischen und axiomatischen Begründung der Mathematik, so wie wir sie in Analysis-Lehrbüchern vorfinden, erstaunlich wenig Beachtung.

Nicht immer und überall erfahren diese natürlichen Zahlen in dieser Begründung auch eine eigene Erklärung. Sofern ihnen eine solche Erklärung resp. Begründung zuteil wird, wird ihnen diese in einer Form zu teil, die die Null nicht zu den natürlichen Zahlen zählt. Dazu gehört die Null auch nicht. Diese Feststellung gilt unabhängig davon, ob für diese Begründung ein eigenes Axiomensystem präsentiert wird, oder ob diese Begründung einfach über die Identifizierung der natürlichen Eins mit der reellen Eins erfolgt. In diesem Fall werden natürliche Zahlen einfach als Summen von Einsen aufgefasst. Für die Null ist auch in diesem System kein Platz, genau so wenig wie übrigens auch im System der Peano-Axiome, das auf der Vorstellung des Abzählens – einer Eigenschaft die wir in natürlicher Weise auch mit den natürlichen Zahlen in Verbindung bringen – aufbaut. Für eine Null ist in so einem System noch am allerwenigsten Platz.

 

  III. – Was die natürlichen Zahlen – abgesehen von Darstellungsfragen – anbelangt, so könnte die Einführung der Zahl Null allein von der Subtraktion einer natürlichen Zahl von sich selbst motiviert sein. So wäre beispielsweise die Subtraktion 3 – 3 im System der natürlichen Zahlen schon nicht mehr durchführbar, obwohl diese Subtraktion praktisch überaus Sinn macht. Die Subtraktion einer natürlichen Zahl von sich selbst kann natürlich nur eine Zahl mit der Bedeutung sein, die ihr im Axiom der Existenz der Null gegeben wird. Die Funktion der Null im System der Darstellung natürlicher Zahlen ist wieder eine andere. Die Bedeutung der Null ist dort die, daß eine mit Null besetzte Position nichts zum Zahlenwert der betreffenden Zeichenfolge beiträgt, und d.h. daß sich diese Position nicht auch mit einem positiven Vielfachen der entsprechenden Zehnerpotenz in den Zahlen- bzw. Summenwert dieser Zeichenfolge einbringt. Das zeichnet jedes Stellenwertsystem aus, daß sich der Beitrag jedes einzelnen Zeichens innerhalb einer Zeichenfolge zu der dadurch dargestellten natürlichen Zahl sofort auch angeben läßt. Eine Null innerhalb oder auch am Ende so einer Zeichenfolge ist demnach so zu verstehen, daß sich diese Position mit dem Null-fachen der entsprechenden Zehnerpotenz in den Zahlen- bzw. Summenwert einbringt, und d.h. daß sich diese Position in diesen Zahlen- bzw. Summenwert nicht einbringt.

Die Multiplikation einer natürlichen Zahl mit Null hat allgemein Null zum Ergebnis. Das ist die einzige sinnvolle Festsetzung, die man für Produkte dieser Art treffen kann, nachdem sich so ein Produkt schließlich auch nicht ausrechnen läßt. Alles, was die Zahl Null betrifft, muß per Konvention bzw. Definition festgelegt werden, und sei es, daß eine bestimmte Operation mit der Null nicht definiert ist wie beispielsweise und insbesondere die Division durch Null. Das ist die Kehrseite der Medaille, daß jede Zahl mit Null multipliziert Null zum Ergebnis hat. Mit der Null hat man sich folglich immer gesondert zu beschäftigen. Die Null ist in diesem Sinne nicht einfach eine Zahl wie jede andere auch. Daß wir es dabei mit einer ganz besonderen Zahl zu tun haben, zeigt uns auch der allgemeine mathematische Formalismus, der ohne die Null so nicht möglich wäre.

Eine Motivation für die Einführung einer solchen Null läßt sich – wie gesehen – bereits auch aus der einfachen Subtraktion einer natürlichen Zahl von sich selbst ableiten. Diese aus zahlenoperativen Gründen erfolgende Einführung der Null hat als solche noch nichts mit der Null aus dem System zur Darstellung natürlicher Zahlen  zu tun, wie auch das diesem System zugrunde liegende Verfahren von keiner zahlenoperativen bzw. – allgemeiner noch – von keiner mathematischen Qualität ist. Deswegen auch ist für dieses Verfahren im allgemeinen mathematischen Formalismus kein Platz, auch wenn dieser allgemeine mathematische Formalismus ohne dieses Verfahren seiner materiellen Grundlage beraubt wäre. Die natürlichen Zahlen könnten in diesem Formalismus nur als Summen verschiedenster Anzahl von Einsen existieren. Aufgelöst und d. h. ausgerechnet werden können solche Summen in diesem Formalismus nicht. Dafür fehlt es diesem  einfach – und diesem Mangel abzuhelfen ist auch nicht dessen Aufgabe – am dafür erforderlichen  (Zahlenmaterial).

Feststeht, daß dieser Formalismus von unserem Verfahren motiviert ist. Ist dieser Formalis- mus dadurch aber auch von diesem Verfahren abhängig, und d.h. könnte dieser Formalismus ohne dieses Verfahren nicht bestehen? Könnte – mit anderen Worten – dieser Formalismus genauso entwickelt werden, wenn es dieses Verfahren nicht gäbe? Inwieweit ist dieses Verfahren für diesen Formalismus also konstitutiv, und inwieweit dient es nur dessen Veranschaulichung? Die Frage ist dabei auch die, welche Bedeutung ein Existenzbeweis für die – formal – axiomatisch begründete Menge der reellen Zahlen hat.

In seiner ganzen Formalität ist der mathematische Formalismus natürlich auch von einer gewissen Materialität. Als Formalismus gibt es ihn auch dann, wenn es kein – real-materielles – Modell dieses Körpers der reellen Zahlen, so wie ein solches Modell Gegenstand eines Existenzbeweises dieser Zahlen ist, gibt. Im allgemeinen findet sich in den Lehrbüchern auch kein solcher Existenzbeweis, was eben auch zeigt, daß ein solcher Beweis für die – formale – Entwicklung der Mathematik offensichtlich auch nicht erforderlich ist.

 Feststeht allerdings auch, daß diese ganze Entwicklung nicht in Unkenntnis der reellen Zahlen erfolgt. Wir wissen natürlich, wie diese Zahlen aussehen, und wie mit ihnen gerechnet werden kann. Von daher sollte sich auch jede Suche nach irgendwelchen Modellen für diese Zahlen erübrigen. Die reellen Zahlen sind sich in der ihnen eigenen, natürlichen und einzig und allein auch zahlenwertigen sowie verknüpfungsfähigen Darstellung Modell genug. Merkwürdigerweise läuft diese Darstellung in der Mathematik außer Konkurrenz. Es wird dort ganz so getan, als müßte man diese reellen – bzw. zuvor schon die natürlichen –  Zahlen gewissermaßen erst neu erfinden. Dabei kann es sich bei allen diesen Modellbildungen nur um Rekonstruktionsversuche dieser Zahlen handeln. Es sind dies Versuche, die allesamt auf dem Axiomensystem des Körpers der reellen Zahlen aufbauen. In diesem System schlägt sich allerdings auch nur die formale Struktur dieses Zahlkörpers, so wie sie sich aus dem System von b-al-Bruchdarstellung dieser Zahlen – wie beispielsweise und insbesondere dem Dezimalsystem – ableitet, nieder.

Am Anfang sind die reellen Zahlen. Dann erst kommt der Formalismus. Formalisierungen gehen immer auch mit einem gewissen Abstraktionsgeschehen einher. Es geht dabei immer etwas verloren. Verloren geht in diesem Fall das ganze (System von) Verfahren, das der Darstellung der natürlichen, sowie aller auch darauf aufbauenden Zahlbereiche – einschließlich der reellen Zahlen – zugrundeliegt. Dieses System von Verfahren läßt sich nicht formalisieren, einfach weil sich das Phänomen Reihenfolge nicht formalisieren läßt. In der Frage der Modellbildung des Körpers der reellen Zahlen orientiert man sich ganz an den formalen Vorgaben des Axiomensystems dieses Körpers. Offenbar lassen sich entsprechende Modelle, die den Anforderungen dieses Formalismus genügen, auch entwickeln, wenn man einmal von Frage ihrer effektiven, und d.h. (konstruktiven) materiellen Realisierung absieht. Alle diese Modelle schließen allerdings nicht mehr zu dem auf, wovon dieser Formalismus – zuvor – abstrahiert hat, der zahlenwertigen, verknüpfungsfähigen (Zahl-)darstellung nämlich. Davon sieht dieser Formalismus ab, und dahin führt auch keine der Modellmengen wieder zurück.

Alle diese Modelle bleiben in einem entscheidenden Punkt – in dem entscheidenden Punkt – hinter der (vollen) Realität der reellen Zahlen, so wie sie in jeder Ausgabe von b-al-Bruchdarstellung besteht, zurück. Alles, was uns diese formalen Rekonstruktionsbemühungen zu sagen haben, ist dies, daß es den Körper der reellen Zahlen so auch nur einmal gibt. Alle denkbaren Modelle sind von der gleichen mathematischen Struktur und mathematisch demnach nicht zu unterscheiden. Will man mit so einem Modell bzw. in so einem Modell auch rechnen, so gibt es zur b-al-Bruchdarstellung reeller Zahlen auch keine Alternative. Wir sind dann nur in der Auswahl der Basis b frei; das System bzw. das Verfahren ist in jedem Fall aber das gleiche. Es ist dies ein einzigartiges System bzw. Verfahren. So gesehen könnte man auch sagen, die reellen Zahlen bestehen aus diesem Verfahren bzw. – mehr noch – sie sind dieses Verfahren. Das ist die Form, die in jedem Fall, unabhängig von Auswahl und Umfang des verwendeten Materials und damit auch unabhängig auch des Aussehens der damit produzierten Folgen bleibt.

Die Modellfrage stellt sich in einem engeren, eigentlichen Sinne auch nur bei axiomatischen Begründungen. Konstruktive Verfahren sind sich – im Ergebnis immer selbst Modell genug. Konstruktiv führt der Weg zu den reellen Zahlen ausgehend von den natürlichen Zahlen über die ganzen sowie die rationalen Zahlen. Die Menge der ganzen Zahlen geht aus der Menge der natürlichen Zahlen dadurch hervor, daß jede natürliche Zahl – zusätzlich – mit einem Minuszeichen geführt wird. Die rationalen Zahlen bestehen aus den Quotienten  ganzer Zahlen, wobei dabei q lediglich nicht auch Null sein darf. Auf dieser Menge von Quotienten {p/q}lassen sich eine Addition und eine Multiplikation formulieren, die diese Menge auch zu einem Körper – den Körper der rationalen Zahlen – werden läßt. Man kann in diesem Körper diese Quotienten p/q nur nicht auch auflösen, und d.h. man kann diese ganze Zahlen in diesem Körper nicht auch dividieren.

 

 

V. 3 Der "verhinderte Grenzwert" der Folge der natürlichen Zahlen und die Kontinuumshypothese

 

Die im Körper der rationalen zahlen definierte Division ist rein formal, und d.h. die Division eines solchen Bruches durch einen anderen Bruch führt auch wieder nur zu einem solchen Bruch. Man kann in diesem Körper beispielsweise nicht die Zahl 2 durch die Zahl 5 dividieren. Dieser Körper verfügt nicht über die Darstellung dieses Quotienten als 0,4, so wie wir über eine solche Darstellung im Dezimalsystem etwa verfügen. Formal zugänglich wäre diesem Körperformalismus der rationalen Zahlen allerdings eine ausführliche, und d.h. ausgeschriebene Darstellung von 0,4 als Polynom mit "fester Variabler" 10 in den Potenzen des Stellenwertsystems für so eine dezimale. Bruchdarstellung. Um in so eine Reihendarstellung eintreten zu können, müßte ein Bruch auch erst "aufgelöst", und d. h. Zähler durch Nenner dividiert werden. Im Körper der formalen Brüche  gibt es dafür aber kein Verfahren. Die allgemeinen Bruchregeln beinhalten alles, was sich in diesem Körper mit solchen Brüchen anstellen läßt. Der allgemeine Divisonsalgorithmus ist wie jeder andere Grundrechnungsalgorithmus auch für die Mathematik und in der Mathematik kein Thema.  In diesem System wird in der Bruchkomponente, und d.h. in dem Teil der Darstellung, der nach dem Komma folgt – von links nach rechts gelesen – mit negativen anstelle von positiven Potenzen von 10 gerechnet. Lediglich die 0-te Zehnerpotenz findet sich in der Bruchkomponente nicht auch wieder, so daß sich das ganze Stellenwertsystem nicht auch einfach (punkt-)spiegelbildlich zum Komma so einer Bruchdarstellung verhält.

Eine weitere Besonderheit dezimaler – allgemein: b-al-er –  Bruchdarstellung besteht darin, daß die Bruchkomponente im Gegensatz zum ganzzahligen Anteil einer solchen Darstellung, und d.h. im Gegensatz zur Komponente vor dem Komma eine unendliche sein kann. So besteht die Dezimalbruchdarstellung von 1/3  in ihrer Bruchkomponente aus unendlich vielen 3-en. Auch für eine solche Komponente gibt es noch eine – formale – Schreibweise als unendliche Reihe. Wie wir wissen läßt sich jede konkrete, formale rationale Zahl in einen endlichen bzw. periodisch-unendlichen Dezimalbruch beispielsweise verwandeln und umgekehrt. Der mathematische Formalismus versagt allerdings, wenn es um die Darstellung irrationaler, und d.h. nicht-rationaler Zahlen geht. Diese irrationalen Zahlen umfassen alle nicht-periodischen unendlichen Dezimalbrüche, und d.h. sie bestehen aus denjenigen Zahlen, die im – erweiterten – System der Darstellung natürlicher Zahlen über die rationalen Zahlen hinaus noch eine Darstellung finden.

Es werden mit diesen Zahlen die Lücken geschlossen, die von den rationalen Zahlen in diesem System noch offen gelassen werden. Das läßt sich so auch beweisen. Es gibt einen Satz, der besagt, daß sich jede reelle Zahl in einen b-al-Bruch für beliebiges natürliches  entwickeln läßt, wie umgekehrt jeder solche Bruch gegen eine reelle Zahl konvergiert. Dieser Satz schließt – wenn man so will – wieder von der axiomatischen Begründung der reellen Zahlen zur gewohnten Darstellung dieser Zahlen auf.

Einschränkend ist dazu aber zu sagen, daß diese Lücke auch nur formal geschlossen wird. So kann der mathematische Formalismus nur mit einer allgemeinen abstrakt-formalen Darstellung solcher Brüche dienen. Er kann dafür eine formale, für alle diese Zahlen in gleicher Weise geltende Reihendarstellung anbieten. Aus dieser formal-abstrakten Reihendarstellung läßt sich allerdings keine einzige irrationale Zahl in der konkreten Abfolge ihrer Folgenglieder ableiten. Der mathematische Formalismus stösst hier an eine unüberwindbare Grenze. Bei den rationalen Zahlen ist das noch ganz anders. Jede dieser Zahlen läßt sich ganz konkret auch in eine (unendliche) Reihe entwickeln. Allerdings muß dazu auch Zähler durch Nenner dividiert werden, was im Rahmen dieses Formalismus – wie gesagt – auch nicht möglich ist. Dazu bedarf es des Divisionsalgorithmus für natürliche Zahlen in der diesen Zahlen natürlichen Darstellung. In den alternativen Modell(-"rechnungen") von Mathematik und Philosophie geht das nicht.

Was die konkrete Darstellung von Zahlen betrifft, so gibt es zu diesem System einfach auch keine Alternative. Als System mit Null ist dieses System auch ein eindeutig bestimmtes System. Es ist die aus diesem System hervorgehende Folge von Zeichenfolgen, die der ganzen Mathematik zur materiellen Grundlage gereicht. Das beantwortet noch nicht die Frage, ob der mathematische Formalismus ohne dieses Verfahren zur Zahldarstellung auch möglich wäre. Ohne dieses Verfahren gäbe es sicherlich nicht die Unterscheidung zwischen rationalen und irrationalen Zahlen. Das ist eine Unterscheidung, die nur im System dieses Verfahrens möglich ist. Die Unterscheidung zwischen endlichen bzw. periodisch-unendlichen auf der einen und nicht-periodisch unendlichen Brüchen auf der anderen Seite ist eine systeminterne Unterscheidung dieses Verfahrens. Im allgemeinen mathematischen Formalismus wäre eine solche Unterscheidung so oder so nicht möglich, einfach weil dort alle Zahlen unterschiedslos gleich aussehen. Zahlen finden dort ihre Darstellung einfach in Form und Gestalt abstrakt-formaler Symbole. Eine Auszeichnung erfahren dort in gewisser Weise nur die natürlichen Zahlen, wobei es diese Zahlen dort aber auch nur als – formale – Summen verschiedenster Anzahl von Einsen gibt. Man kann in diesem Formalismus diese Summen nicht auch zu einer – natürlichen – Zahl zusammenfassen, und insofern gibt es in diesem Formalismus diese Zahlen auch nicht. Was beispielsweise 1+1 ist, das sagt uns dieser Formalismus nicht. Dieser Formalismus hat für diese – wie auch für jede weitere natürliche Zahl bzw. für jede weitere um Eins ergänzte Summe von Einsen – keine (Zahl-)darstellung, obwohl diese Summen Zahlen im System dieses Formalismus darstellen.

Es liegen diesem Formalismus zwei Verknüpfungen zugrunde, von denen vorausgesetzt wird, daß sie mit jedem – geordneten – Paar von reellen Zahlen auch ausgeführt werden können. Diese Ausführung ist natürlich nicht schon dadurch vollzogen, daß die beiden Zahlen mit dem betreffenden Operationszeichen – also dem Plus-Zeichen bzw. dem (fakultativen) Multiplikationspunkt – miteinander verbunden werden. Das kann so ein Formalismus nicht leisten, auch wenn in ihm vorausgesetzt wird, daß dieses auch geleistet werden könne. Dieser Formalismus genügt insofern seinen eigenen Ansprüchen nicht. Er ist von sich aus auf eine andere Realität als die eigene verwiesen. Etwas zurückhaltender kann man sagen, der Formalismus würde so tun, als wäre es so, wie er vorgibt, daß es ist. Insofern steht alles, was dieser Formalismus sagt, unter einem Vorbehalt. Vorbehaltlich der Tatsache, daß es eine solche Menge wie den Körper der reellen Zahlen gibt, gilt wie folgt..... Weiter läßt sich dieser Formalismus auch nicht zurücknehmen. Man kann nicht sagen, es könnte diesem Formalismus gleichgültig sein, ob es eine Menge wie die Menge der reellen Zahlen auch gibt oder nicht. Dieser Formalismus handelt von den Elementen einer solchen Menge, und insofern wäre dieser Formalismus obsolet, wenn es eine solche Menge nicht gäbe. Man kann nicht sagen, daß dieser Formalismus für sich bestandsfähig und bestandskräftig wäre. So wäre beispielsweise die Definition des Grenzwertes von Folgen eine ziemlich uninteressante Angelegenheit, wenn diese Definition nicht auch an – zumindest – einer konkreten Folge exemplifiziert und verifiziert werden könnte. Wenn es keine Folge gibt, die diese Grenzwertdefinition erfüllt, dann wäre diese Definition eine völlig sinnlose Definition.

 

  II. – Der mathematische Formalismus allein kann mathematische Definitionen auch nicht mit Sinn erfüllen. Dieser Formalismus bedient uns mit rein imaginären Vorstellungen, und d.h. Vorstellungen ohne konkreten, materiellen Hintergrund. Man kann sich mit der Vorstellung unendlicher Folgen auch nicht einfach nur formal-abstrakt befassen. Wenn es um die Vorstellung von Unendlichem geht, trägt sich der mathematische Formalismus in keinem Fall selbst. Man kann dann nicht so tun, als ob diesem Formalismus die Frage, ob es so etwas wie unendliche Folgen auch gäbe, nichts anginge. Im Gegensatz zu den Körper- aber auch zu den Anordnungsaxiomen ist die Vorstellung von Unendlichem nicht von einer eigenen formal-abstrakten Materialität. Diese Vorstellung ist gegenstandslos, wenn es Unendliches nicht auch in einer formal-konkreten Materialität gibt. Unendliches läßt sich einfach nicht formal-abstrakt setzen; man kann Unendliches nur konkret-materiell sich selbst setzen lassen, und dazu bedarf es eines Verfahrens, das von sich aus leistet bzw. immer schon geleistet hat, wozu wir in der Zeit, und d.h. Schritt für Schritt niemals in der Lage wären. Man kann die Produktion von Unendlichem nicht einem Verfahren überlassen, das in Zeit – und damit auch Raum – spielt, einfach weil dann effektiv-materiell etwas bewegt wird bzw. bewegt zuwerden hat. So etwas kann nur einem Verfahren wie dem zur Produktion der natürlichen Zahlen überantwortet sein.

Man kann die Produktion von Unendlichem nicht einem – materiellen – Verfahren in Zeit – und Raum – überlassen. Diese Produktion kann nur einem Verfahren wie dem zur Produktion der natürlichen Zahlen überantwortet sein. Dieses Verfahren ist ein Selbstläufer in dem Sinne, daß die Verfahrensregeln zugleich auch schon für die Verfahrensumsetzung stehen, wenn wir das Verfahren auch umgesetzt haben wollen. Alles, was uns der mathematische Formalismus zu sagen hat, leitet sich aus diesem Verfahren bzw. der daraus hervorgehenden Menge von Zeichenfolgen ab.

Der Verfahren zur Darstellung der natürlichen Zahlen bedient uns nicht nur mit allen natürlichen Zahlen; er erschließt uns auch den Weg zu allen reellen Zahlen. Es ist dieses Verfahren das einzige Verfahren, das uns systematisch mit allen nur möglichen Zeichenfolgen beliebiger endlicher Länge aus einer vorgegebenen bzw. vorzugebenden endlichen Menge von Zeichen bedient. Dieses Verfahren widmet sich dieser Produktion in einem einzigen – unendlichen – Verfahren, und d.h. es widmet sich der Produktion aller dieser Folgen in einem kombinierten Verfahren. Anders läßt sich so etwas in einem einzigen Verfahren auch nicht einrichten. Wenn man alle diese Folgen gewissermaßen gleichzeitig entwickelt haben möchte, dann geht das nur so, daß man sich allen diesen Folgen immer nur abwechselnd zwecks Ergänzung um ein weiteres Zeichen zuwendet. Zugleich erfährt dabei die Menge produzierter Zeichenfolgen auch eine Ausweitung. Die Zeichenfolgen werden nicht nur länger, sie werden auch mehr. Die einzelnen Zeichenfolgen können nur nicht auch unendlich lang werden.

Die verfahrensbedingte, abwechselnde Zuwendung zu den einzelnen Zeichenfolgen zu Zwecken ihrer fortgesetzten bzw. fortzusetzenden Erweiterung läßt das nicht zu. Grenzübergangsweise werden wir allerdings schon auch an alle solche Folgen herangeführt. Wir kommen in diesem Verfahren jeder solchen Folge beliebig nahe. Alle diese Folgen gehen damit auch in die Grenzwertmenge dieses Verfahrens ein.

Wir können dabei also nicht selektiv vorgehen. Das Verfahren führt an diese Folgen nur in ihrer Gesamtheit heran. Es keine Möglichkeit, innerhalb dieser Menge konstruktiv eine Auswahl zu treffen, die – ergänzend zur Menge der rationalen Zahlen – unter Ausschluß irgendwelcher Grenzwertbetrachtungen zu einer Menge führen würde, die zwar mächtiger als die Menge dieser rationalen Zahlen,  aber noch nicht so mächtig als die Menge der reellen Zahlen wäre. Grenzwertbetrachtungen lassen sich nicht aufspalten. Es läßt sich damit insbesondere keine Teilmenge mit der beschriebenen (Mächtigkeits-)eigenschaft ausblenden. Es kann dabei einfach nicht differenziert werden. Wir befinden uns im Vollzug dieses Verfahrens entweder – noch – am Anfang oder – schon – am Ende. Der Verfahrensvollzug geschieht mit anderen Worten in einem – einzigen – unteilbaren Schritt. Damit bestätigt sich – was dieses Verfahren anbelangt – die Kontinuumshypothese.

Es gibt über das beschriebenen Verfahren hinaus aber auch ansonsten kein mathematisches Verfahren, das aus einer abzählbaren Menge eine nicht-abzählbare Menge machen könnte, ohne sich dabei einer dogmatischen, und d. h. nicht-konstruktiven  Verfahrensweise zu bedienen, beispielsweise indem man einfach von der Menge aller rationalen Cauchy-Folgen ausgeht, ein Verfahren, wie es bekanntlich zur Konstruktion eines Modells der Menge der reellen Zahlen benutzt wird. Die Menge aller irrationalen Zahlen erschließt sich uns in konstruktiv-materiell nur über das Verfahren zur Darstellung natürlicher Zahlen; sie verschließt sich uns durch dieses Verfahren aber auch in gleicher Weise. Feststeht, daß dieses Verfahren – verfahrenstechnisch – für keine einzige nicht-periodisch unendliche (Zeichen-)Folge "so richtig" im Sinne von "auch wirklich angenommen" gut ist. Und so gesehen stehen am „Ende“ dieses Verfahrens auch keine unendlichen Zeichenfolgen, auch keine periodisch unendlichen Zeichenfolgen. Dem steht einfach das kombinierte Verfahren entgegen, das verhindert, daß auch im Unendlichen dieses Verfahrens etwas final und nicht einfach nur prozessual Unendliches stehen könnte. Durch das Verfahrensprocedere ist das prozessuale Element fester Bestandteil auch des unendllichen "Abschlusses" dieses Verfahrens, und d. h. es ist dieses Verfahren insoweit auch ohne einen solchen Abschluß.

Ein Grenzübergang von Endlichem zu Unendlichem ist in diesem Verfahren durch dieses Verfahren im engeren und eigentlichen mathematischen Sinne blockiert. Gleichwohl handelt es sich dabei um ein Verfahren, dem auch keine Grenzen gesetzt sind, und insofern handelt es sich dabei schon auch um ein unendliches Verfahren. Es handelt sich damit insbesondere auch um ein Verfahren, das als solches schon immer auch abgeschlossen ist. Was aber steht dann am „Ende“ dieses Verfahrens?

Wir können zum Vergleich eine Situation heranziehen, bei der diese Blockade nicht besteht, wie bei der Erweiterung einer Zeichenfolge um – ausschließlich – immer wieder ein und dasselbe Zeichen. In diesem Fall haben wir eine andere Situation vorliegen. Das Grenzwertgeschehen bzw. –verhalten ist dann ein anderes als in einem Mehr-Zeichen-System. Der Grenzwert wird bei Verwendung nur eines Zeichens auch erreicht. Der mathematischen Grenzwertdefinition zufolge dürfte das nicht sein. Unendlich erreicht man nun einmal aber nur per Grenzübergang. So etwas läßt sich nicht Schritt für Schritt einrichten. Und es steht in dieser Situation dem nichts entgegen, daß Unendliches dabei auch angenommen wird. Wenn Unendliches gesetzt wird und das ganze Verfahren bereits dem Aufbau des letztendlichen Ergebnisses dient, dann steht am Ende auch Unendliches. Das gilt – zunächst einmal – grundsätzlich auch für ein Mehr-Zeichen-System. In diesem Fall ist dem Verfahren allerdings eine Verfahrenselement beigemengt, daß die letztendliche – effektiv-materielle – Annahme von Unendlichem gezielt abblockt. Das ist dann schon eine andere, eine besondere Situation. Das ist die Situation aber auch, der wir die Unendlichkeit der natürlichen Zahlen verdanken. Die Menge der natürlichen Zahlen ist – soll diese Menge auch eine unendliche Menge sein – darauf angewiesen, daß dieses Verfahren im Unendlichen nicht in unendliche Zeichenfolgen "ausartet". Mit solchen Folgen lassen sich keine natürliche Zahlen mehr verbinden. Man würde so einfach aus den natürlichen Zahlen herausfallen, und das möglicherweise auch noch, bevor es auch zu unendlich vielen natürlichen Zahlen hat kommen können. Mit den natürlichen Zahlen steht und fällt der Unendlichkeitsbegriff in der Mathematik. Die Unendlichkeit – in – der Mathematik ist die Unendlichkeit der natürlichen Zahlen. Die natürlichen Zahlen verdienen deswegen in der ihnen eigenen – und wie wir gesehen haben – ganz spezifischen Unendlichkeit deswegen auch alle Beachtung. Dazu hat man dann aber auch auf das Produktionsverfahren für diese Zahlen resp. der diese Zahlen darstellenden Zeichenfolgen zu sehen und darf sich statt dessen nicht mit irgendwelchen formal-abstrakten Modellen von Unendlichkeit, die sich in der Vorstellung eines  einfachen, bloß  prozessual gedachten Nacheinanders Zeichen für Zeichen erschöpfen, begnügen. In der Formel von  geht diese ganz spezifische Unendlichkeit der natürlichen Zahlen, so wie sie sich aus deren Produktionsgeschehen ableitet, vollkommen unter.

 

 

Konklusion

 

Der Begriff und die Vorstellung des Unendlichen gehört in der Mathematik – trotz der zentralen Bedeutung dieses Begriffes für diese Disziplin – zu den am wenigstens reflektierten Begriffen bzw. Vorstellungen. Festgemacht wird dieser Begriff bzw. diese Vorstellung in der Mathematik einfach an den natürlichen Zahlen. Diese natürlichen Zahlen bestimmen, wann eine Menge eine endliche Menge ist, und sie bestimmen damit – indirekt – auch. wann eine Menge eine unendliche Menge ist, dann nämlich, wenn sie keine endliche Menge ist. Offenbar ist so eine indirekte Definition auch die einzig mögliche Definition von Unendlichem. (Man könnte sich aber auch – gelegentlich kann man das auch so lesen – zur Definition von Unendlichem gewisser Paradoxien, so nur für Unendliches typisch sind, bedienen. Das wäre dann aber auch schon eine abgeleitete Definition von Unendlichkeit). Auf diese Weise braucht man sich nicht darüber zu erklären, wie man von einer endlichen zu einer unendlichen Menge kommt. Sinnvoll ist diese Definition unendlicher Mengen natürlich auch nur, wenn jede nicht-endliche Menge notwendig eine unendliche Menge ist, und d. h. wenn Unendliches von keiner positiven Charakterisierung ist, sich also nur in negativer Abgrenzung zu Endlichem versteht. Darüber läßt sich aber nicht einfach per mathematischer Definition befinden. Definitionen folgen notwendig immer auch der – mathematischen – Realität; sie setzen bzw. begründen diese Realität nicht aber auch.

Jede natürliche Zahl verfügt als Zeichenfolge über nur endlich viele Zeichen. Von diesen Zeichenfolgen gibt es offenbar auch unendlich viele. Andernfalls könnte die Menge  der natürlichen Zahlen auch nicht als unendliche Menge gelten. Um an alle diese Folgen heranzukommen, bedarf es aber auch eines Grenzüberganges. Anders kommt man an Unendliches nun einmal nicht heran. Man hat sich dazu einfach – nur – das ganze Verfahren als abschließend vollzogen vorzustellen. Mangels Ausweichmöglichkeiten in unendliche Zeichenfolgen hat sich das Verfahren an endliche Folgen zu halten. Die besondere Form dieser Unendlichkeit besteht darin, daß man das Verfahren nicht zu seinem eigentlichen – natürlichen – Abschluß finden läßt, so wie wir das in einem System, in dem es nur zur Ergänzung immer wieder ein und desselben Zeichens kommt, haben. In diesem Fall unterscheiden sich prozessuale und finale Unendlichkeit des Verfahrens. Im System der natürlichen Zahlen wird dagegen die prozessuale (Verfahrens-)unendlichkeit zugleich auch zur finalen (Ergebnis-)unendlichkeit. Das ist das ganz besondere an der Unendlichkeit der natürlichen Zahlen. Nur deswegen auch sind die natürlichen Zahlen das, was sie sind und dienen der Mathematik so, wie sie ihr dienen.

Neben Endlichem und Unendlichem gibt es auch Unendlich-Endliches. Von dieser Unendlichkeit sind die natürlichen Zahlen. Die Verhältnisse bei den natürlichen Zahlen ließen sich auf "Ein-Zeichen-Folgen" dergestalt übertragen, daß wir uns die ständig um dieses eine Zeichen erweiterte Folge mit jedem neuen Zeichen immer wieder ganz von vorne aufgenommen denken. So hatte man sich das aber ohnehin auch vorzustellen. Dadurch würde immer wieder ein Neuanfang gesetzt, so wie wir ihn auch im System der natürlichen Zahlen ständig haben.  Als Blockade gegen wäre dieser ständige Neubeginn aber wohl zu schwach, um genauso wie bei den natürlichen Zahlen ein Abgleiten in die – in diesem Fall eine – unendliche Zeichenfolgen zu verhindern, einfach weil bei es bei nur einem Verwendung findenden Zeichen keinen Unterschied macht, welcher Folge sich das Verfahren gerade zuwendet. Genausogut könnte man sich dann auf nur eine einzig Folge konzentrieren. Es würde in diesem Fall dann doch – wohl – zu einer unendlichen Zeichenfolge als Abschluß des ganzen Verfahrens kommen. Diese Folge würde dann auch wirklich angenommen, wäre also nicht Grenzwert Der Folge dieser Folgen im eigentlichen, engeren mathematischen Sinne. Wie sich das im Übergang von den endlichen Folgen dieses Verfahrens zu dieser einen unendlichen Folge gestaltet, werden wir gleichwohl aber auch nicht sagen können. Prozessuale und finale Unendlichkeit stehen nicht einfach in Kontinuität zueinander. Prozessual , und. d. h. auf die einzelnen Verfahrensschritte gesehen kann nichts Unendliches entstehen.

Unendliches kann es nur als fertig produziertes Unendliches, nicht aber auch als laufendes Produktionsverfahren geben. Nur ein abgeschlossenes Unendliches ist auch ein mögliches Unendliches. Unendliches kann Unendliches nur sein, wenn alles, was zu diesem Unendlichen – an Zeichen – gehört, vollständig auch gesetzt ist. Der Konflikt besteht somit darin, sich einen Abschluß dort zu denken, wo definitionsgemäß kein Abschluß vorliegen darf. Was das Verfahren zur Produktion bzw. Darstellung natürlicher Zahlen anbelangt, so ist dies – verfahrensbedingt – auch sichergestellt. Die Kombinationstechnik in der Produktion aller – unendlich – endlichen Zeichenfolgen verhindert, daß am „Ende“ des ganzen Verfahrens auch unendliche Zeichenfolgen stehen könnten. Was aber steht dann am „Ende“ dieses Verfahrens?

Unendliches bekommt man nicht dadurch, daß man immer wieder abbricht, um immer wieder neu anzusetzen. Auf diese Weise bekommt man – allenfalls – Unendlich-Endliches, nicht aber auch Unendliches. Das gilt auch, wenn das Verfahren als solches ein Unendliches, und d.h. ein nicht-abbrechendes Verfahren ist. Nur ein ununterbrochenes Verfahren kann auch zu Unendlichem führen. Sobald die Ergänzung Zeichen für Zeichen nicht immer nur ein und derselben Zeichenfolge sondern einer ganzen Folge solcher Folgen gilt, und d.h. sobald das Setzen Zeichen für Zeichen verfahrens- bzw. systembedingt sich in den produzierten Zeichenfolgen im einzelnen auch niederschlägt, kann das Setzen unendlich vieler solcher Zeichen auch nur bedingt grenzwertweise“ gedacht bzw. vollzogen werden. Nur wenn das Setzen Zeichen für Zeichen ein und derselben Folge gilt, läßt sich  im Grenzwertübergang  vollzogen denken, was Schritt für Schritt nicht gedacht werden könnte, daß nämlich aus der Ergänzung Zeichen für Zeichen aus einer endlichen Folge jemals eine nicht nur unendlich endliche sondern eine unendliche Zeichenfolge hervorgehen könnte. Wenn alle Zeichen der Ergänzung ein und derselben Zeichenfolge dienen, dann ist auch ein Übergang von Endlichem zu Unendlichem dadurch möglich, daß man sich unendlich viele Zeichen auf einmal gesetzt denkt bzw. daß man das ganze Verfahren in einem Schritt für abgeschlossen erklärt. In einem eine – ständig anwachsende – ganze Menge solcher Folgen bedienenden Verfahren haben wir diesen Abschluß nicht auch in gleicher Weise, einfach weil sich in ihm dieser Abschluß auf alle diese Folgen „verteilt“.

Grenzübergangsverfahren lassen sich analytisch in keinem Fall rekonstruieren Solche Verfahren können nicht in ihre einzelnen (Verfahrens-)teile mit dementsprechend daraus – bezogen auf die Verfahrensendmenge – hervorgehenden bzw. damit identifizierbaren Teilmengen zerlegt werden. Der Realität irrationale Zahl kommt man nicht statisch bei. Jede solche Zahl ist wesensgemäß dynamischer Natur. Die einfache – negative – Abgrenzung von den – endlichen oder periodisch-unendlichen – rationalen Zahlen charakterisiert und definiert diese Zahlen nicht eigentlich. Was das zu bedeuten hat: "nicht-periodisch unendlich", das bleibt dabei vollkommen verdeckt. Es gibt diese Zahlen insbesondere nicht schon deswegen, weil es diese Charakterisierung bzw. Definition gibt. So wie sie definiert sind setzen sie die Existenz nicht-periodisch unendlicher Zeichenfolgen voraus, einfach weil das die einzige Möglichkeit von Zahldarstellung ist, die  in den möglichen Weiterungen des  Systems  der Darstellung der natürlichen Zahlen noch bleibt. Wir gehen dabei ohnehin schon – fast – über dieses System insofern hinaus als sich uns diese Kategorie von Zeichenfolgen in ihrer Gesamtheit nur als Grenzwertmenge des diesem System zugrundeliegenden Verfahrens erschließt. Nur dieses Verfahren – in dessen Einbeziehung auch einer Null – läßt uns der Existenz der Menge der irrationalen Zahlen und mit diesen Zahlen auch der – einen und einzigen – Mathematik gewiß sein.