Expose
9. Die Konvergenz von Cauchy-Folgen
Grenzwertverfahren lassen sich analytisch nicht einholen, und d. h. sie sind nicht rekonstruierbar. Da vollzieht sich etwas – und zwar das Entscheidende – im Dunkeln. Von daher verbietet sich auch jede mathematische Argumentation, die auf so eine Rekonstruktion unbesehen Bezug nimmt. Das gilt insbesondere dann, wenn so ein Verfahren zugleich Produktionszwecken dient, und d h. wenn das Verfahren sich selbst erst auch den Weg, den es beschreitet, zu ebnen hat. In der Mathematik hat man so etwas generell nicht. Mit der axiomatischen Begründung der reellen Zahlen ist – wie gesagt – zugleich auch der Rahmen abgesteckt, innerhalb dem sich dann alles weitere abspielt. Für mathematische Verhältnisse, ist das – wie gesagt – völlig ungewöhnlich. Da möchte man schon immer auch die geordneten Verhältnisse, und geordnete Verhältnisse sehen dann so aus, daß sich jegliche mathematische Operation innerhalb als gegeben angesehener Mengen abspielt. Der sukzessive und konstruktive Aufbau der reellen Zahlen, so wie er auch in der systematischen Entwicklung von Mathematik zu leisten ist, spielt sich unter dem Dach der ganz anfänglich geleisteten Begründung der reellen Zahlen ab. Die können dann schon einmal als gegeben vorausgesetzt werden, auch wenn darüber, wie diese Zahlen aussehen, im allgemeinen auch kein Wort verloren wird.
Einen Existenz- und Eindeutigkeitsbeweis, so wie er bei axiomatischen Begründungen an sich erforderlich ist, lassen sich die Lehrbuchautoren nicht unbedingt und nicht immer auch angelegen sein. Tatsächlich kommt man aber auch bei diesem Vorgehen nicht um die konstruktive Alternative herum. So erfordert die Definition von Folgen die Spezifizierung natürlicher Zahlen. So mancher Autor fühlt sich aber nicht einmal bemüßigt, dazu etwas zu sagen. Dann beläßt man es einfach mit dem Hinweis, darauf, daß es sich dabei um die Zahlen 1, 2, 3, .... handeln würde. Natürlich weiß dann jeder sofort auch, um welche Zahlen es sich dabei handelt. Ergänzend wird für eine systematischere Behandlung an elementare Algebra-Texte verwiesen. In regulären Algebra-Büchern findet man darüber jedenfalls auch nichts. Es ist schließlich auch so, daß weder die natürlichen noch die reellen Zahlen in der Algebra eine sonderlich große Rolle spielen.
Was die natürlichen Zahlen anbelangt, so sind diese algebraisch auch ziemlich uninteressant, einfach weil sie unter keine algebraische Kategorie fallen. Diese Zahlen sind weder Gruppe noch Ring noch sonst irgendetwas. Und was die reellen Zahlen anbelangt, so ist es so, daß seiner algebraischen Abgeschlossenheit wegen der Körper der komplexen Zahlen weitaus interessanter ist. Natürlich handelt es sich bei diesem Körper um das kartesische Produkt von mit sich selbst. Sehr viel mehr hat die Algebra dagegen auch für und übrig. Auch Funktionen begegnet man in der Algebra eher selten. Deren Stelle wird von Polynomen eingenommen, und da wird dann schon einmal auch abgeleitet. Ansonsten haben Analysis und – klassische – Algebra herzlich wenig miteinander zu tun. Beide Disziplinen entwickeln sich – in dem von ihnen jeweils abgedeckten klassischen Bereich jedenfalls – autonom. Eine ausführliche Behandlung der Algebra findet auch die Erweiterung der ganzen Zahlen zum Körper der Brüche . Und das geschieht dann auch nicht unter dem Dach der als gegeben angesehenen reellen Zahlen. Erweiterungen sind in der Algebra allgemein aber auch ein recht weit verbreitetes Konzept.
Eine Besonderheit des – axiomatischen – systematischen Vorgehens in Analysis-Texten besteht bezogen auf die Einführung der reellen Zahlen darin, daß alles weitere auch auf diese reellen Zahlen abgestellt ist. Der konstruktive Aufbau ist in seinen einzelnen Etappen dagegen auf die jeweilige Erweiterungsmenge beschränkt. Das Mengen-Komplement bezogen auf die reellen Zahlen bleibt von diesen Erweiterungen dann ausgespart. Es existiert dieses Komplement zu diesem Zeitpunkt schließlich auch noch nicht. So gelten die Bruchregeln natürlich auch für – alle – reellen Zahlen. Wenn man das mit den Bruchregeln – aber auch anderen Dingen – nicht immer wieder von vorne aufrollen will, dann erledigt man solche Dinge auch gleich für die reellen Zahlen selbst. Formal dienen solche Bruchbildungen , ... zur Definition bzw. Konstruktion des Körpers der rationalen Zahlen. Jeder solche Bruch steht dann für genau eine rationale Zahl bzw. – präziser – für eine ganze Äquivalenzklasse solcher Zahlen. Dementsprechend dürften diese Brüche auch nur als Ganzes behandelt werden, und d.h. mit Zähler und Nenner sollte dann nicht getrennt operiert werden können. Tatsächlich aber beinhalten die Bruchregeln – nur – Umformungen, in denen mit Zähler und Nenner getrennt operiert wird. Wenn diese Bruchregeln allgemein für reelle Zahlen definiert werden, dann ist das auch nur legitim Formal sind Brüche als Produkte definiert: , mit . Im Körper der reellen Zahlen stellt jeder Bruch nicht auch eine rationale Zahl dar. Nur Bruchelemente aus definieren auch rationale Zahlen. Und dann legen die sogenannten Bruchregeln nur die Grundrechnungsarten fest.
Die Bruchegeln sagen uns, wie man Brüche addiert, subtrahiert, multipliziert und dividiert. Und nachdem sich das alles auch als eine abgeschlossene Veranstaltung zeigt, führen diese Operationen auch nicht aus dieser Menge , die sich eben deswegen als Körper zeigt, heraus. Bei Körperweiterungen hat man in der Definition von Verknüpfungen auf der Erweiterungsmenge dann auch gewisse Freiheiten. Es steht dann – a priori zumindest – nicht fest, wie diese Verknüpfungen auch aussehen. Und die Bruchrechenregeln nehmen sich durchaus auch nicht trivial aus. Da wird dann – so wie man es vielleicht erwarten möchte, wenn natürlich auch nicht erwarten darf – nicht einfach nur nenner- bzw. zählerweise addiert. Bei der Multiplikation ist das dagegen so. Sehr viel komplexer stellt sich diese Aufgabe bei den komplexen Zahlen dar. Dort ist es die Multiplikation, die etwas konstruiert, wenn auch durchaus symmetrisch angelegt, aussieht.
Die Bruchrechenregeln innerhalb der reellen Zahlen stehen also nicht im Dienste der Erweiterung von Zahlen. Diese Bruchrechenregeln haben dort und haben dann nicht die Funktion, die sie im – klassischen – konstruktiven Aufbau der reellen Zahlen haben. Dort dienen diese Bruchrechenregeln der Definition rationaler Zahlen und ihrer Rechenregeln. Innerhalb der axiomatischen Begründung der reellen Zahlen dienen sie nur als ein Beispiel für das Rechnen mit Zahlen von einer ganz bestimmten Darstellung. Natürlich ist das nicht einfach ein konstruiertes Beispiel. Mit solchen Brüchen hat man in der Praxis allenthalben zu tun. Eine besondere theoretische Bedeutung hat dieses Beispiel innerhalb einer axiomatischen Begründung der reellen Zahlen allerdings nicht.
Beim konstruktiven Aufbau ist das – wie gesagt – anders. Dort muß bei jeder Zahlbereichserweiterung immer alles neu erklärt werden. Und das ist gerade beim Übergang von den rationalen zu den reellen Zahlen ein Problem. Bei diesem Schritt kommen noch die irrationalen Zahlen hinzu, und das sind in zahlenwertiger Darstellung die nicht-periodisch unendlichen Brüche. Und das Rechnen mit diesen Brüchen will erst einmal erklärt sein. Keiner dieser Brüche kann schließlich komplett angeschrieben werden. Es gibt für das Rechnen mit diesen Brüchen deswegen auch keinen Algorithmus, der vollständig – selbst eine Rechenmaschine könnte das nicht – ausgeführt werden könnte. Man hat sich dabei dann immer gewisser Folgenkonstruktionen zu bedienen. Man approximiert mit anderen Worten einfach. Der – praktisch – niemals erreichbare Grenzwert stellte dann das eigentliche, weil exakte Ergebnis dar. Rechnerisch müssen wir uns dabei immer mit Näherungswerten begnügen. Die Erweiterung der Menge der rationalen Zahlen zur Menge der reellen Zahlen ist – im Gegensatz zu den Erweiterungen zuvor – von keiner formalen Konstruktionsvorschrift, was die Bildung neuer Zahlen anbelangt, bestimmt.
Die reellen Zahlen lassen sich – mit anderen Worten – nicht aufgrund einer bestimmten Konstruktionsvorschrift aus den rationalen Zahlen ableiten. Damit sind wir in der Identifizierung dieser Zahlen ganz auf deren Beschreibung als nicht-periodisch unendliche Brüche angewiesen. Es machte ja auch wenig Sinn zu sagen, die irrationalen Zahlen würden einfach nur das Mengenkomplement der rationalen Zahlen in Bezug auf die reellen Zahlen bilden. Das ist so zwar richtig; mangels einer materiellen Spezifizierung der reellen Zahlen ist das allerdings vollkommen nichtssagend. Und in diesem Punkt zeigen sich dann ganz deutlich auch die Grenzen des mathematischen Formalismus. Beweisen läßt sich damit noch, daß es zu 2 beispielsweise keine rationale Quadratwurzel gibt. Weiter läßt sich mit Hilfe des Vollständigkeitsaxioms sogar auch zeigen, daß es eine reelle Zahl mit dieser Eigenschaft gibt. Natürlich sagt uns dieser Beweis nicht auch, um welche Zahl es sich dabei genau handelt. Allerdings sollte man dann tatsächlich auch sagen können, wie diese Zahl aussieht, und dann muß diese Zahl einfach auch beziffert werden (können).
Es wird in diesem Beweis eine Menge gebildet, die Menge aller positiven reellen Zahlen, deren Quadrat kleiner als 2 ist. Konkret wird in diesem Beweis aber auch auf eine ganze Menge von konkreten wie auch formalen Zahlen wie etwa die 0, 1 und 2, sowie – in S. Lang, Analysis I, 27 – y, b und n Bezug genommen. Insbesondere wird dabei also auch die Existenz der natürlichen Zahlen vorausgesetzt, und von der Eigenschaft der Folge als einer Nullfolge Gebrauch gemacht. Auch letzteres läßt sich noch mit den Mitteln des mathematischen Formalismus beweisen. Allerdings braucht man dazu auch eine unendliche Folge, und so eine Folge will erst einmal konstruiert sein. Und dann kommt es entscheidend auf das Geschehen im Unendlichen an.
Alles, was uns der mathematische Formalismus abverlangt, ist diesbezüglich die – geordnete – unendliche Folge. Und dazu stehen uns die beiden behandelten Modelle zur Verfügung. Man kann eine unendliche Menge einfach nur durch endliche Folgen aus endlich vielen Zeichen zur Darstellung bringen. Die Frage ist dann nur – noch – die, ob es auch ein Zeichen tut, oder ob es dazu zumindest zweier Zeichen bedarf. Grundsätzlich sind die Möglichkeiten der Variation und Kombination um so größer, je mehr Zeichen wir zur Verfügung haben. Allerdings laufen diese Unterschiede im Unendlichen ins Leere. Also, das ist nicht der Punkt. Feststeht auch, daß auch unendliche Zeichenfolgen vergleichbar sind, und d. h auch linear angeordnet werden können, sofern auch die vorgegebene Zeichenmenge – und das ist auch Voraussetzung – in Reihenfolge geordnet ist. Dann können wir auch daraus gebildete unendliche Zeichenfolgen unterscheiden, nachdem verschiedene solche Folgen sich zumindest an einer – auch bei unendlichen Folgen ausschließlich auch endlichen – Stelle unterscheiden.
Im Ein-Zeichen-System erübrigen sich solche Vergleiche allerdings, einfach weil es dort – abschließend – auch nur zu einer solchen Zeichenfolge kommt. Bei Verwendung nur eines Zeichens würde im übrigen auch das besagte Unterscheidungskriterium – natürlich – nicht mehr greifen. Bei Verwendung von mehr als einem Zeichen haben wir diese Unterscheidung, und dementsprechend sollte man alle diese Zeichenfolgen auch – linear – anordnen können. Jedenfalls ist die paarweise Vergleichbarkeit solcher Folge gegeben. Wir können diesen Vergleich deswegen aber nicht auch für die Gesamtheit aller solcher Folgen anstellen. Das müßten wir dann auch wieder einem dafür geeigneten Verfahren überlassen. Für unendliche Aufgaben sind wir einfach nicht geeignet. Es gäbe auch nicht unendlich viele natürliche Zahlen, wenn wir diese Zahlen – selbst – alle produzieren müßten.
Wir können aus dieser Vergleichbarkeit also nicht auch auf die Abzählbarkeit aller dieser Zeichenfolgen schließen. Und bevor verglichen werden kann, müssen diese Folgen auch erst produziert sein. Und selbst wenn wir sie als gegeben ansehen dürften, wie könnten sie systematisch alle miteinander verglichen werden? Wir wissen, wie wir sie anordnen können, und können es möglicherweise doch nicht, einfach weil wir von der Unzahl zu behandelnder Folgen überfordert sind. Gedacht werden könne dabei an ein Verfahren, daß diese Folgen entsprechend der Besetzung der einzelnen Positionen sortiert, wobei mit der ersten Position angefangen, und dann entsprechend weiter unterteilt wird.
Das wäre dann das sozusagen natürliche Verfahren. Zweckmäßigerweise sollte man sich – ohne Einschränkung der Allgemeinheit, wie es in der Mathematik so schön heißt – auf 0-1-Folgen beschränken. Die Menge aller dieser Folgen gliedert sich diesem Programm zufolge auf einer ersten Stufe in zwei Teilmengen. Die eine Teilmenge umfaßt alle diejenigen Folgen, die mit einer 1 beginnen, die andere die restlichen Folgen, die alle mit einer 0 anfangen. Jede dieser beiden Hälften kann dann wiederum auf einer nächsten Stufe in zwei Hälften zerlegt werden, je nachdem ob die zweite Position von einer 0 oder einer 1 besetzt ist. Das läßt sich dann so fortsetzen. Wenn man das nun bis ins Unendliche fortführt, dann sollte an irgendeiner Stelle sich das mit der weiteren Aufteilung aufhören, einfach weil es nichts mehr aufzuteilen gibt. Es wurde schon wiederholt gesagt, daß wir mit dem Denken eines Abschlusses unendlicher Verfahren keine Probleme haben. Und die zu untersuchende Menge wird in diesem Fall auch als gegeben vorausgesetzt. Also sollte sich diese Menge nach dem angegebenen Verfahren auch aufschlüsseln lassen.
Etwas anders sieht es vielleicht aus, wenn wir uns die besagte Menge nach dem beschriebenen Verfahren produziert denken, und noch nicht besetzte Stellen dabei zunächst unbestimmt lassen. Das wäre dann ein Verfahren, das sich auf jeder Verfahrensstufe immer auch noch weiter auffächert. So ein Verfahrenselement hält sich auch im Unendlichen durch und würde dann – bestimmt – den Abschluß des ganzen Verfahrens verhindern. Das ist eine ähnliche Situation wie bei den natürlichen Zahlen, nur daß es dort darum ging, daß Abgleiten in unendliche Zeichenfolgen zu verhindern. Das ist dann aber doch etwas anderes. In dem von uns konstruierten Verfahren ist ein Element integriert, das sich einem Abschluß einfach entzieht bzw. einen solchen ausschließt. Es soll am Schluß so sein, daß nicht mehr differenziert werden kann, einfach weil es nichts mehr zu differenzieren gibt. Das Entscheidende dabei ist einfach, daß sich – wesentliche – Verfahrenselemente auch im Unendlichen durchhalten. Und wenn es das tut, dann kann es in diesem Fall auch zu keinem Abschluß kommen, im Gegensatz zu den natürlichen Zahlen, bei denen alles auf – eine – Reihenfolge angelegt ist.
Etwas, das dagegen verfahrensbedingt – ganz – auf Teilung angelegt ist, tut das dann auch – noch – im Unendlichen. Das angegebene Verfahren mag für die systematische Produktion aller 0-1-Folgen gut sein, einfach weil man dann auch die tatsächlichen Verhältnisse im Unendlichen offen lassen kann. Im übrigen kann man die noch nicht spezifizierten Zeichen von Zeichenfolgen nicht unbestimmt lassen. Zwangsläufig müssen wir uns auf deren Besetzung mit einem bestimmten Zeichen festlegen, um dieses Zeichen dann sukzessive durch das andere zu ersetzen. Nur wenn man auf das unendliche Ende sieht, kann man sich das sparen. Tatsächlich haben wir es bei diesem Verfahren nur um eine Umordnung der natürlichen Zahlen zu tun. Die sind dann einfach anders – nämlich in Pyramidenform – geordnet. Gegenüber einer Reihenordnung ist darin schon ein Verlust an Ordnung zu sehen. Ansonsten ist es aber schon so, daß die Zeichenfolgen auf den einzelnen Stufen von rechts nach links gelesen der Größe nach geordnet sind. Es finden dabei aber auch uneingeschränkt Zeichenfolgen mit einer oder mehreren Nullen vorneweg Beachtung. Das sind alles schließlich auch legitime Bruchkomponenten. Gedient ist uns dabei aber wenig. Das Problem, das wir haben, wenn wir alle unendlichen 0-1-Folgen der Größe nach anordnen wollen, besteht darin, daß wir diese Folgen dann von ihrem Ende her aufnehmen müßten, und das können wir unabhängig von den ungeklärten Verhältnissen ja selbst in diesem Fall nicht. Wir können – auch formal – nicht mit letzten Stellen von unendlichen Zeichenfolgen argumentieren, einfach, weil es keine solche letzte Stelle gibt.
Wir wissen einfach nicht, was im Unendlichen ist. Diese Anordnung der Größe nach würde allerdings auch auf der letzten Stufe, der Stufe unendlicher Zeichenfolgen, noch gelten. Das wäre – wieder – ein Verfahrenselement, das sich auch ins Unendliche überträgt. Stören würde dabei auch nicht, wenn es denn tatsächlich zu keinem Abschluß käme. Es kann dann schon auch so sein, daß wir auch am Ende diese Verzweigungsordnung haben. Und alle diese unendlichen Zeichenfolgen würden in diesem Verfahren auch erreicht. Es ist in dieses Verfahren keine Blockade eingebaut, die ein Abgleiten in Unendliches verhindern würde. Das haben wir bei den natürlichen Zahlen auch nur deswegen, weil hier in Reihenfolge produziert wird, was eine – verfahrensbedingte – wechselnde Zuwendung in der Fortschreibung der einzelnen Zeichenfolgen bedingt.
Das könnte man bei unserer Konstruktion auch so sehen. Wir haben in diesem Fall die Trennung in verschiedene Etappen, wobei mit jeder neuen Etappe jede Zeichenfolge auf der Etappe zuvor auch eine Fortschreibung erfährt. Das haben wir so aber auch im Ein-Zeichen-System, nur daß es dort immer ein und dieselbe Folge ist, die eine Fortsetzung erfährt. In unserem Fall spielt sich das ganze auf Stufenebene ab, und es steht dem nichts entgegen, daß diese Stufen – ihrer Anzahl nach – auch ins Unendliche fortgeschrieben werden. Wir benötigen dafür dann aber auch unendlich viele Stufen, und d. h mehr Stufen als uns die natürlichen Zahlen anzubieten haben. Tatsächlich holt uns an dieser Stelle das ausgiebigst diskutierte Problem wieder ein. Einmal mehr würde ein Abzählen daran scheitern, daß der natürlichen Zahlen zu wenige sind als daß alle Elemente der abzuzählenden Menge auch bedient werden könnten.
Der Nachweis der Existenz von läßt sich nur sich nur über das Vollständigkeitsaxiom führen. Es gibt dieses Axiom in verschiedenen Formulierungen. Eine davon ist die von der Konvergenz von Cauchy-Folgen in . "In konvergiert jede Cauchy-Folge". In einer axiomatischen Begründung dieser Zahlen wird dieses Axiom natürlich auch für selbst formuliert. Der Körper der rationalen Zahlen tritt in so einer Entwicklung nicht notwendig auch in Erscheinung. Motiviert wird dieses Axiom im allgemeinen aber schon mit dem Beispiel unter Hinweis auch darauf, daß in also nicht einmal generell auch Wurzeln gezogen werden könnten. Von daher würde es natürlich genügen, wenn der Zahlbereich so erweitert würde, daß das allgemein auch mit dem Wurzelziehen funktioniert. Allerdings sollte das dann wiederum auch für diese Wurzeln selbst gelten, und d. h. auch aus ihnen sollte dann die Quadratwurzel gezogen werden können usf. Der Nachweis dafür wäre geführt, wenn gezeigt werden könnte, daß solche Wurzeln eine Darstellung im System der (Erweiterungs-)menge finden, so wie wir das mit den Bruchregeln haben. Solche Operationen dürfen dann aus der Menge nicht herausführen. Daß eine Verknüpfung in einer Menge ausführbar ist, bedeutet immer aber auch, daß sie nicht aus der Menge herausführt. Wenn rational wäre, dann könnte aus auch wieder die Wurzel gezogen werden, wenn denn das Wurzelziehen in allgemein auch möglich wäre.
Die Fragestellung hat aber schon auch ihre Berechtigung im Hinblick auf Rekonstruktionsversuche der reellen Zahlen. Wenn es heißt, daß in jede Cauchy-Folge konvergiert, dann sind damit natürlich auch reelle Cauchy-Folgen inbegriffen, und d. h. Cauchy-Folgen, die durchaus auch irrationale Elementen enthalten können. Das Motiv für Zahlbereichserweiterungen erfolgt immer aus operativen Gründen. Man möchte mit Zahlen dann einfach alles tun können, was man mit Zahlen eben so tun kann. Und wenn das in der ursprünglichen Zahlenmenge nicht geht, dann muß eben entsprechend ergänzt werden. Nun könnte man fordern, daß so eine Ergänzung von genau um diejenigen Zahlen erfolgt, sodaß dann in der erweiterten Menge auch jede Cauchy-Folge konvergiert. Dann wäre der Bedingung des Vollständigkeitsaxioms in dieser Formulierung Genüge getan. Genausogut kann man auch sagen, es solle in der erweiterten Menge jede nach oben beschränkte Menge auch ein Supremum haben. Mit Hilfe dieser Eigenschaft wäre – wie gesehen – auch die Existenz von im Körper der reellen Zahlen bewiesen.
In einem konstruktiven Aufbau ist die Situation diesbezüglich eine andere als in einem axiomatischen Vorgehen. Umso dringlicher stellt sich dann allerdings auch die Existenz- und Eindeutigkeitsfrage. Es ist natürlich bequem, ein Axiom einfach draufzusatteln, wenn man sieht, daß bislang etwas noch nicht möglich ist. Dann sagt man einfach, daß in jede Cauchy-Folge konvergieren soll, oder jede nach oben beschränkte Menge ein Supremum haben soll. In einem konstruktiven Aufbau ist die Situation dagegen die, daß man eine Ergänzung vorgenommen haben möchte, um etwas zu ermöglichen, was bislang noch nicht möglich ist. Natürlich muß dann weiter aber auch die Abgeschlossenheit gegeben sein, und d. h. auch Cauchy-Folgen bzw. beschränkte Mengen, die zum Teil oder auch ganz aus Erweiterungselementen bestehen, müssen ebenfalls konvergieren bzw. ein Supremum haben.
Das ist a priori nicht auch schon ausgemacht. Die Rechenregeln für das Bruchrechnen sichern uns das für diese Brüche zu. Was Cauchy-Folgen bzw. nach oben beschränkte Mengen anbelangt, müßte das auch erst gezeigt werden. Mit – einfachen – Rechenregeln wird man da nicht dienen können. Das Vorgehen kann also nur das sein, daß man sagt, wie die Erweiterungsmenge aussieht, und auf dieser Menge dann zeigt, daß darin Cauchy-Folgen konvergieren bzw. nach oben beschränkte Mengen ein Supremum haben. Es reicht nicht, die Ausgangsmenge einfach um die Grenzwerte von Cauchy-Folgen bzw. die Suprema von nach oben beschränken Mengen zu erweitern. Wie sollen diese Grenzwerte bzw. Supremas auch aussehen? Wir haben dafür in der Ursprungsmenge auch keine Zahlen. Und natürlich lassen sich diese Zahlen nicht einfach axiomatisch bzw. dogmatisch – das wäre in diesem Fall dasselbe –ergänzen. Das müßte anderweitig schon abgesichert sein, daß da auch etwas ist, das ergänzt werden könnte. Was anbelangt, so kommt dafür nur dessen nicht-periodisch unendliche Bruchentwicklung in Frage. Da ist also durchaus etwas, um das die rationalen Zahlen in diesem Fall ergänzt werden könnten.
Das ist im übrigen auch das Rezept, nach dem in dem – gängigen – Modell für Körper der reellen Zahlen verfahren wird. Man macht sich dabei eine Eigenschaft jeder rationalen Zahl, die Eigenschaft nämlich, Häufungspunkt rationaler Zahlen zu sein, zunutze. Jede reelle Zahl läßt sich dann als Limes einer Folge rationaler Zahlen darstellen. An läßt sich das auch anschaulich demonstrieren, wenn man diese Approximation Bruchstelle für Bruchstelle wählt. Als endliche Brüche handelt es sich bei dieser Folge samt und sonders natürlich um rationale Zahlen. Und falls diese Folge konvergiert, konvergiert sie – notwendig – auch gegen . Das ist auch die einzig mögliche zahlenwertige und nicht einfach nur operative Darstellung dieser Zahl. Die Existenz dieser Zahl als eines unendlichen nicht-periodischen Bruches ist durch dieses Verfahren auf jeden Fall auch verbürgt. Ob diese Folge auch eine konvergente Folge ist, das ist eine andere Frage. Diese Frage läßt sich nicht einfach nur auf Zeichen(folge)-ebene entscheiden. Dazu muß so eine Zeichenfolge dann schon im Stellenwertsystem für die Darstellung von Bruchkomponenten gelesen werden.
Nur in diesem Rahmen können sich auch Konvergenzfragen stellen. Das ist jedenfalls bei unendlichen Bruchkomponenten so. Im System der natürlichen Zahlen stellt sich diese Frage nicht, einfach weil dort unendliche Zeichenfolgen keinen Platz haben. Die Frage stellt sich wieder bei der Nullfolge . Die Anordnungsaxiome garantieren einen "Größer-Kleiner-Vergleich" für alle natürlichen – wie auch reellen – Zahlen. Und in der Grenzwertdefinition wird auch nur verlangt, daß sich – fast – alle natürlichen Zahlen um jede auch noch so kleine Umgebung des Grenzwertes konzentrieren. Und aus der Beziehung ist, läßt sich dann sofort auch auf die Nullfolgeneigenschaft der Folge schließen. Auf irgendwelche Gewichtungen in der Darstellung natürlicher Zahlen braucht dabei nicht Bezug genommen zu werden.
Mit den Bruchkomponenten nicht-periodisch unendlicher Brüche verhält sich das – im Prinzip – auch nicht anders, wenn man sich darauf verständigt, daß mit jeder neuen Bruchstelle auch noch etwas hinzukommt, und d. h. Brüche dadurch größer werden. Und das heißt: Die Konvergenz-Bedingung wäre auf jeden Fall zu erfüllen, wenn es denn so einen Grenzwert auch gibt. Diese Folge versammelte sich dann – natürlich – zunehmends um diesen Grenzwert. Und als Folge gesehen existiert dieser Grenzwert auch. Man kann sich in dieser Frage allerdings nicht auf eine "Mischkalkulation" verständigen. Entweder man betrachtet das ganze auf reiner Zeichenfolgebasis, und dann ist die Situation klar; oder aber man läßt sich auf das Zahlenwertmodell mit dem damit verbundenen System von Gewichtungen ein, und dann stellt sich natürlich die – klassische – Konvergenzfrage. Jeder solche Bruch ist dann auch als eine unendliche Reihe zu lesen. Jedenfalls wird das in der Mathematik so verstanden. Einmal mehr sollte man sich dabei aber fragen, ob alle diese Bruchstellen über die natürlichen Zahlen auch erfaßt werden können. Darüber sollte man sich schon Gedanken machen. Andernfalls ist das auch mit der ganzen Grenzwertdefinition in Frage gestellt.
Dieser ganze Grenzwertformalismus definiert sich in expliziter Abhängigkeit von den natürlichen Zahlen, wie das schließlich auch jede Folge definitionsgemäß tut. In Einklang mit diesen Formalismus bringen läßt sich die Situation nicht-periodisch unendlicher Brüche allenfalls dadurch, daß man das mit der expliziten Indizierung für obsolet hält, und statt dessen einfach nur auf die gegebene Folgenordnung verweist. Allerdings fehlt es uns dann an der Möglichkeit, einer gezielten Differenzierung, so wie das von der Grenzwertdefinition erwartet wird. Der Gedanke hinter dieser Definition ist der, daß man das mit der Grenzwertumgebung beliebig eingrenzen kann und sich dann dennoch immer noch ein findet, jenseits dessen alle entsprechenden Folgenglieder sich in dieser Umgebung einfinden. Wenn uns jetzt aber die Indexkontrolle im Unendlichen entgleitet, dann könnte das mit der expliziten Spezifizierung eines , so wie das von der Grenzwertdefinition gefordert wird, zu einem Problem werden. Es könnte sein, daß diese , die naturgemäß immer auch endliche sind, alle zu kurz greifen. Es sind ja alle Folgenglieder nicht durchnumeriert, so wie wir das bei – regulären – Folgen haben. Eine solche Folge haben wir über die natürlichen Zahlen vollkommen unter Kontrolle.
Von der Bruchstellenfolge eines nicht-periodisch unendlichen Bruches kann man das so nicht sagen. Wir können auch nicht sagen, wo so ein Bruch dieser Kontrolle entgleitet. Nachdem sich in Grenzwertfragen alles Entscheidende letztlich im Unendlichen abspielt, sollte uns diese fehlende Kontrolle schon auch zur Vorsicht gemahnen. Es könnte einfach sein, daß wir in der Folge weiter nach oben zu gehen haben als die natürlichen Zahlen reichen. Die ganze Grenzwertdefinition "lebt" natürlich davon, daß wir uns beliebig weit ins Unendliche hinein fortbewegen können, auch wenn wir das immer nur auf endlichen Positionen tun können. Das hat dann nichts zu besagen, wenn wir auf diese Weise – prinzipiell jedenfalls – auch an jede natürliche Zahl herankommen und zudem auch abschätzen können, wie sich das mit allen weiteren, höherindizierten Folgengliedern verhält. Solche Abschätzungen haben wir bei Grenzwertbetrachtungen immer, und das sind dann Betrachtungen in der unabhängigen Variablen n. Es gilt dann einfach den Absolutbetrag von so umzuformen, daß sich daran die Grenzwertbedingung als erfüllt ablesen läßt.