3.1.4 Die Entwicklung rationaler Zahlen in einen b-al-Bruch

 

I. - Jede reelle Zahl – so haben wir gesagt – ist als Häufungspunkt rationaler Zahlen und damit als Limes einer Folge rationaler Zahlen darstellbar. Es folgt dies einfach daraus, daß die Menge der rationalen Zahlen dicht in der Menge der reellen Zahlen liegt. Zwischen je zwei reellen Zahlen liegen immer auch noch  weitere  rationale – aber auch irrationale – Zahlen. Zum Beweis dieses allgemeinen Satzes benötigt man das Archimedische Axiom, sofern das Vollständigkeitsaxiom in der Formulierung von den in R konvergenten Cauchy-Folgen präsentiert wird. Es gibt dazu  - wie wir wissen – auch Alternativen, und in diesen Alternativen läßt sich die Behauptung des Archimedischen Axioms auch beweisen. Der Inhalt dieses Axioms kann dort in einem mathematischen Satz geführt werden. Dieses Axiom bzw. dieser Satz besagt, daß es zu jeder reellen Zahl x eine natürliche Zahl n mit n > x gibt.

Aus diesem Axiom lassen sich zwei einfache Folgerungen ziehen: Zum einen folgt daraus, daß es zu je zwei reellen Zahlen a, b, a > 0 eine natürliche Zahl n mit n a > b gibt, und zum anderen läßt sich daraus ableiten, daß es zu jeder reellen Zahl e > 0 ein  mit 1/n < e gibt. Mit dieser zweiten Folgerung läßt sich dann auch bequem zeigen, daß zwischen je zwei verschiedenen reellen Zahlen sowohl rationale als auch irrationale Zahlen liegen.[85] Der Beweis dieses Satzes ist konstruktiv, und d.h. die in diesem Satz als existent behaupteten rationalen bzw. irrationalen Zahlen werden explizit auch angegeben. In Abhängigkeit von den beiden vorgegebenen reellen Zahlen wird eine rationale und eine irrationale Zahl konstruiert, die zwischen diesen beiden vorgegebenen reellen Zahlen liegen. Das genügt, nachdem mit diesen konstruierten Zahlen das – anfängliche – Intervall [a, b] in drei Intervalle zerlegt wird, mit denen wieder genau so verfahren werden kann. Auf diese Weise findet sich dann das ursprüngliche Intervall [a, b]mit immer mehr rationalen wie auch irrationalen Zahlen besetzt. Zwischen je zweien dieser Zahlen ist immer wieder noch Platz für sowohl rationale als auch irrationale Zahlen. Beide Mengen – die Menge der rationalen Zahlen ebenso wie die Menge der irrationalen Zahlen – liegen also dicht in der Menge der reellen Zahlen. Damit läßt sich jede reelle Zahl auch als Grenzwert einer Folge von sowohl rationalen als auch irrationalen Zahlen darstellen.

In der Praxis wird man es im allgemeinen aber nur mit Darstellungen reeller Zahlen als Grenzwerte von Folgen rationaler Zahlen zu tun haben. Es ist ja schon schwierig genug, eine Darstellung für die einzelne irrationale Zahl zu finden bzw. umgekehrt gesagt, den Nachweis zu führen, daß ein operativer Ausdruck für eine irrationale Zahl steht. Und dann soll so eine Darstellung auch noch in eine allgemeine Abbildungsvorschrift integriert sein. Jede dieser Zahlen beansprucht für sich zu ihrer Definition bzw. Darstellung im allgemeinen, und d. h. in expliziter oder auch nur impliziter Reihendarstellung  schon eine unendliche Folge rationaler Zahlen. Es müßte in der Abbildungsvorschrift einer solchen Folge schon eine Operation wie das Radizieren oder Logarithmieren, die für irrationale Zahlen „gut“ sind, integriert sein, damit die Folge auch über irrationale Folgenglieder verfügen kann. Ausschließlich „rationale“ Operationen führen natürlich nicht über rationale Zahlen bzw. Folgenglieder hinaus. Erreicht man über ausschließlich rationale Folgen aber auch alle irrationalen Zahlen?

In der allgemeinen, axiomatischen Begründung der reellen Zahlen wird dazu schließlich auch nichts gesagt. Es wird uns in dieser Begründung nicht gesagt, wie wir uns irrationale Zahlen dargestellt denken können, wie in dieser Begründung auch nicht zwischen rationalen und irrationalen Zahlen unterschieden wird. Man muß dabei auch sehen, daß die Eigenschaft Grenzwert einer Folge rationaler Zahlen zu sein, eine Zahl – in einem engeren Sinne – nicht auch schon darstellt. Folgen können als konvergent nachgewiesen sein, ohne daß man um deren Grenzwert weiß. Bei Cauchy-Folgen ist das sozusagen die Norm.

Diese Folgen werden zur Vervollständigung der Menge der reellen Zahlen einfach für konvergent erklärt. Man beschränkt sich dabei aber nicht nur auf Folgen rationaler Zahlen, sondern bezieht dabei auch gleich ganz allgemein Folgen reeller Zahlen – und mithin auch irrationaler Zahlen – mit ein. Damit wird nicht erst einmal der Versuch unternommen, die Menge der reellen Zahlen konstruktiv aus der Menge der rationalen Zahlen hervorgehen zu lassen. Dann dürfte nämlich – zunächst jedenfalls – nur mit Cauchy-Folgen rationaler Zahlen gearbeitet werden. Erst in einem weiteren Schritt könnten dann die – möglicherweise auch nicht-rationalen – Grenzwerte solcher Folgen berücksichtigt werden. Das würde sich dann immer auch so fortsetzen, es sei denn, es wäre dabei einmal ein Punkt erreicht, bei dem sich nichts Neues an Grenzwerten mehr ergeben kann, weil bereits alles an möglichen Grenzwerten realisiert ist.

Das aber wird man nur in Verbindung mit einem bestimmten System von Darstellung aller dieser möglichen Grenzwerte beantworten können. Daß ein bestimmter Zahlbereich von einer gewissen Vollständigkeit ist, das muß sich nicht nur auch in jedem System der Darstellung so einer Menge niederschlagen; das kann auch nur durch so ein bzw. in so einem System nachgewiesen werden. Wir wissen zudem auch, daß bei jeder Erweiterung einer Zahlenmenge die Kontinuität in der Darstellung gewahrt bleiben muß. Es kann dabei zu keinem Systemwechsel kommen. Die Bezeichnungsweise kann für die ganze Menge nur ein und demselben System folgen. Auf jeden Fall muß sichergestellt sein, daß die "Einschränkung der Erweiterungsmenge auf die Ursprungsmenge" sich auch mit den dort von Anfang an gegebenen Verhältnissen "deckt". Das System, in dem es letztlich zur Erweiterung hin zu den reellen Zahlen kommt, ist damit zwangsläufig das – zu diesem Zwecke – sukzessive erweiterte System von Darstellung der Menge der natürlichen Zahlen. Es gibt keine Erweiterung dieses Systems, das in dieser Erweiterung – gänzlich – neue Wege einschlagen könnte. Das schließt der Erweiterungsgedanke aus.

Es gibt verschiedene – durch die natürlichen Zahlen ihrerseits selbst abzuzählende bzw. abzählbare – Ausführungen bzw. Ausgaben dieses Systems von Darstellung resp. – auch – Produktion der natürlichen Zahlen. In ihrer ganzen ungeschmälerten Realität und Identität lassen sich die natürlichen Zahlen nur in so einer Ausführung resp. Ausgabe. darstellen. Über das je- weilige Konstruktionsverfahren sind damit aber auch die ganzen bzw. die rationalen Zahlen in ihrer Darstellung bereits determiniert. Im einen Fall erfährt die Darstellung natürlicher Zahlen nur eine Modifizierung über das Vorzeichen, während im anderen Fall diese Darstellung natürlicher Zahlen nach dem Setzen eines Kommas eine – womöglich auch unendliche, dann aber notwendig nur periodische – Fortsetzung erfährt. Die einzig mögliche Erweiterung, die in diesem System und durch dieses System von Darstellung noch möglich ist, besteht darin, auch beliebige unendliche – und nicht nur periodisch-unendliche – Fortsetzungen nach dem Komma zuzulassen. Der ganzzahlige Anteil vor dem Komma kann dagegen nicht zu irgendwelchen Erweiterungen benützt werden.

Irrationalzahlen können – das läßt sich diesen Überlegungen entnehmen – ihre Darstellung nur in einem unendlichen, nicht-periodischen b-al-Bruch finden. Die Menge der reellen Zahlen insgesamt kann in der Darstellung ihrer Elemente nur mit einem – vollständigen – System von b-al-Brüchen identifiziert werden. Jede reelle Zahl muß sich durch so einen Bruch darstellen lassen, wie umgekehrt jeder solche Bruch auch eine reelle Zahl darzustellen hat. Es ist dies ein Ergebnis, das allein aus der Eindeutigkeit der Darstellung natürlicher Zahlen sowie aus der Logik der Darstellung erweiterter Zahlbereiche folgt. Wir finden uns in diesem Ergebnis denn auch bestätigt durch zwei allgemeine Sätze, die gerade die beiden Feststellungen von vorhin zum Inhalt haben.[86] Als Cauchy-Folge konvergiert jeder b-al-Bruch gegen eine reelle Zahl. Umgekehrt läßt sich jede reelle Zahl für jedes natürliches b ³ 2 in einen b-al-Bruch entwickeln. Es wird dazu eine Folge konstruiert, die die vorgegebene reelle Zahl zum Grenzwert hat. Man grenzt dazu mit Hilfe des Archimedischen Axioms diese vorgegebene Zahl ein auf ein nach rechts offenes Intervall [0,  [ für ein minimales natürliches k. Durch fortgesetzte Unterteilung dieses sowie aller folgenden Intervalle in b gleiche Teile kann man sich dann immer näher an die vorgegebene reelle Zahl herantasten. Die m-te Intervallteilung bringt sich dabei mit einem Beitrag von  für ein natürliches  in die b-al-Bruchentwicklung dieser reellen Zahl ein.

 Es ist offensichtlich, daß man auf diese Weise einen gegen die vorgegebene reelle Zahl konvergierenden b-al-Bruch bekommt. Man muß dazu auch nicht um die Konvergenz von Cauchy-Folgen wissen. Man benötigt zum Beweis dieser Behauptung lediglich das Archimedische Axiom. Die allgemeine Konvergenz von b-al-Brüchen läßt sich dagegen nur mit Hilfe der – per Axiom – sichergestellten Konvergenz von Cauchy-Folgen in  beweisen.

 

II. - Nun könnte man gegen den Beweis der Behauptung, wonach sich jede reelle Zahl für jedes natürliche b ³ 2 in einen b-al-Bruch entwickeln läßt, einwenden, daß man – um dieses Verfahren auch so durchziehen zu können – die zu entwickelnde Zahl in einer bestimmten Form bereits dargestellt vorliegen haben muß. Erst dann kann auch an eine – konkrete – Entwicklung dieser Zahl in einen b-al-Bruch gedacht werden. Wir brauchen dazu – genauer noch – eine Darstellung, die uns die zu entwickelnde Zahl ihrem Zahlenwert nach auch genau einordnen läßt. Wir müssen das ganze Verfahren über genau wissen, wo wir mit dieser Zahl innerhalb der linear geordneten Menge aller reellen Zahlen stehen. Dazu aber brauchen wir eine operationsfreie Darstellung dieser Zahlen. Eine solche Darstellung ist aber nur in einem System von Polynom-Darstellung möglich. Eine Darstellung in so einem System ist aber nichts anderes als eine Darstellung als b-al-Bruch. Nur in so einem System ist es auch möglich, Zahlen aufgrund ihrer Darstellung allein mit einem bestimmten Zahlenwert zu identifizieren. Damit aber wird in diesem Verfahren zur Entwicklung reeller Zahlen in einen b-al-Bruch bereits vorausgesetzt, womit uns dieses Verfahren eigentlich dienen soll. Das, was am Ende so eines Verfahrens stehen soll, das muß bereits am Anfang vorliegen, damit man in dieses Verfahren auch einsteigen kann.

 Die Darstellung natürlicher Zahlen in einem System von Polynom-Darstellung zur Basis b ist identisch mit ihrer b-al-Bruchentwicklung. Das gleiche gilt natürlich auch für jede Bruchdarstellung rationaler Zahlen. So wie solche Brüche zu lesen sind, sind sie als b-al-Brüche zu lesen. Zahlen in so einer Darstellung brauchen nicht weiter in einen b-al-Bruch entwickelt werden. Sie liegen als b-al-Bruch bereits vor. So wie der Beweis des Satzes, wonach sich jede reelle Zahl für jedes natürliche b ³ 2 in einen b-al-Bruch entwickeln läßt, organisiert ist, funktioniert dieser Beweis in der konkreten Praxis aber  – wie gezeigt – nur, wenn die zu entwickelnde reelle Zahl bereits entwickelt vorliegt. Es ist in diesem Verfahren fortgesetzter Intervallteilungen immer wieder festzustellen, in welchem Teilintervall jeweils die zu entwickelnde reelle Zahl sich befindet.

Dazu aber muß – wie gesagt – diese Zahl – genauso wie alles an Intervallgrenzen – in ihrem Zahlenwert präzise festgestellt sein. Das kann eine Zahl aber einfach nur, wenn sie in einen b-al-Bruch entwickelt ist. Man kann dann beispielsweise nicht mit Quotienten wie 1/3 arbeiten. Nach der Ordnungsrelation, so wie sie für rationale Zahlen definiert ist, kann man Zahlen nicht ihrer Größe nach miteinander vergleichen. Definitionsgemäß ist eine rationale Zahl a kleiner als eine rationale Zahl b, wenn b - a durch einen Bruch  mit natürlichen Zahlen p, q repräsentiert werden kann. Damit ist zwar eine lineare Ordnung auf der Menge der rationalen Zahlen bestimmt; es versetzt uns diese Relation nur nicht auch in eine Lage zu sagen, wie groß eine rationale Zahl genau ist. Insofern befinden wir uns mit dieser linearen Ordnung in der Menge der rationalen Zahlen in derselben Situation wie mit der linearen Ordnung, so wie sie in dem früher diskutierten Modell der Menge der natürlichen Zahlen durch den darin formulierten Anzahlbegriff gegeben ist.

Wir können in beiden Fällen Elemente ihrer Größe nach miteinander vergleichen; wir können in beiden Fällen aber nicht sagen, wie groß das einzelne Element ist. Ihrer Größe nach beziffern läßt sich eine natürliche Zahl nur in einem System von Polynom-Darstellung. Das ist in der Darstellung rationaler Zahlen nicht anders. Es genügt dann nicht, eine solche Zahl einfach nur als Quotient darzustellen; es muß dann schon auch dividiert werden, und dividiert werden kann nur so, daß der Quotient in einen b-al-Bruch entwickelt wird. Es gibt dafür auch einen allgemeinen Divisionsalgorithmus. Es stellt dieser Divisionsalgorithmus auch die einzig mögliche natürliche Fortsetzung der Darstellung natürlicher Zahlen dar.

 Darauf muß bei Zahlbereichserweiterungen immer auch gesehen werden. Das System der Darstellung muß auf die erweiterte Menge so ausgedehnt werden, daß dadurch auch eine – reguläre – Ausdehnung in den Operationen möglich ist. Die Operationen auf der erweiterten Menge müssen einfach so definiert sein, daß sie in der Einschränkung auf die nicht-erweiterte Menge mit den dort bereits gegebenen Operationen übereinstimmen. Durch den Divisionsalgorithmus natürlicher Zahlen ist diesen Bedingungen in ebenso natürlicher wie auch einzig möglicher Weise Genüge getan. Wenn natürliche Zahlen so dargestellt sind, wie sie in ihrer ungeschmälerten Realität und Identität auch nur dargestellt werden bzw. sein können, dann lassen sich rationale Zahlen – in operationsfreier Weise – auch nur so darstellen, wie sie vermittels des in natürlicher Weise fortgesetzten allgemeinen Divisionsalgorithmus ganzer Zahlen dargestellt werden: als endliche bzw. periodisch-unendliche b-al-Brüche nämlich. Der Rest, der immer dann bleibt, wenn eine Division ganzer Zahlen in der Menge ganzer Zahlen nicht „aufgeht“, läßt sich in einer natürlichen Fortsetzung dieses Algorithmus in eine, den ganzzahligen Anteil der Division ergänzende Bruchkomponente der genannten Art überführen.

 

Die b-al-Bruchentwicklung rationaler Zahlen ist also kein Problem. Einschränkend ist dazu allerdings zu sagen, daß durch den Divisionsalgorithmus nicht auch die Konvergenz periodisch-unendlicher Brüche sichergestellt sein kann. So führt die Division von 1 durch 3 zu dem periodisch-unendlichen Bruch 0,3 mit der Periode 3, geschrieben: . Die Konvergenz dieses Bruches läßt sich nur mit Hilfe des Vollständigkeitsaxioms sicherstellen. Als Grenzwert kommt dabei sicherlich nur  in Frage. Den Nachweis dafür werden wir anhand der allgemeinen Grenzwertdefinition aber auch nur führen können, wenn wir uns diese rationale Zahl  als Bruch  dargestellt denken. Wir können anders die Abstände einzelner Partialsummen dieses Bruches  zur Zahl  nicht abschätzen. In ihrem Zahlenwert kann eine rationale Zahl p/q nur mit ihrer b-al-Bruchentwicklung identifiziert werden. Das, was sich mit der „Zahl“  an konkretem Zahlenwert verbinden läßt, ist durch den Bruch  ausgedrückt. Das ist die Zahl, an die wir denken, wenn wir mit dem Bruch  zu tun haben. Wenn man um den Zahlenwert von  wissen will, dann muß man auch 1 durch 3 dividieren, wenn mit  die Division von 1 durch 3 gemeint ist, und das ist damit auch gemeint.  meint einfach den dritten Teil von 1, und d.h.  meint das Ergebnis der Division von 1 durch 3.

Wie wir zu diesem Ergebnis finden, das sagt uns der allgemeine Divisionsalgorithmus. Das Ergebnis ist – wie gesagt – der unendliche Bruch . Natürlich konvergiert dieser Bruch dann auch gegen . Wir haben es bei  schließlich auch nur mit einer anderen Schreibweise für  zu tun, derjenigen Schreibweise nämlich, die sich ergibt, wenn man 1 durch 3 dividiert.  Damit ist dieser Bruch aber auch nicht mit einem Zahlenwert – in der engeren Bedeutung dieses Begriffes Zahlenwert – identifiziert. Als  geschrieben ist diese „Zahl“ nicht geeignet, der allgemeinen Grenzwertdefinition zufolge als Grenzwert von  nachgewiesen werden zu können. Dieser Nachweis kann in der dafür erforderlichen Abschätzung der einzelnen Partialsummen von diesem Grenzwert immer nur in b-al-Bruchdarstellung, also in der der Darstellung   erfolgen. Wir sehen uns damit auch wieder nur in unserem früheren Ergebnis bestätigt, wonach – unendliche – b-al-Brüche nur gegen ihre eigene Darstellung konvergieren (können).

 

III. - Man kann bzw. sollte sich im Umgang mit rationalen Zahlen immer nur auf eine bestimmte Form von Darstellung stützen. Entweder man verständigt sich auf eine Darstellung in Quotientenschreibweise, oder man bedient sich ausschließlich einer Bruchschreibweise. Die Partialsummen periodischer Brüche lassen sich auch bequem als Quotienten ganzer Zahlen schreiben. Insbesondere in einem so einfach gestrickten Fall wie dem des Bruches  läßt sich sofort die n-te Partialsumme für jedes natürliche n angeben. Die n-te Partialsumme ist dann einfach gegeben durch den Quotienten mit der aus n 3-en bestehenden natürlichen Zahl als Nenner, und mit der aus der 1 ergänzt mit n Nullen besetzten natürlichen Zahl als Zähler.

 Die Behauptung wäre nun die, daß die Folge dieser Partialsummen gegen  konvergiert. Dazu ist die Folge der Abstände der Folge dieser Partialsummen von  zu bilden. Wir bekommen so eine Folge von Brüchen, die im Zähler alle eine 1 stehen haben, und deren Nenner von der Folge 3 ×  gestellt werden. Die Folge dieser Brüche ist als Teilfolge der Folge 1/n eine Nullfolge. Daß diese Folge eine Nullfolge ist, das folgt aus dem Archimedischen Axiom in Verbindung mit den Anordnungsaxiomen. Das Archimedische Axiom garantiert uns – wie wir wissen – zu jeder reellen Zahl e > 0 eine natürliche Zahl n mit 1/n < e. Aus den Anordnungsaxiomen folgt andererseits, daß  für m < n. In Verbindung miteinander besagen diese beiden Folgerungen, daß die Folge 1/n eine Nullfolge ist. Also konvergiert die Folge der Partialsummen von  gegen .

 

Es wurde dabei von der Konvergenz der geometrischen Reihe Gebrauch gemacht. Dagegen ist aber auch nichts einzuwenden, läßt sich doch die Konvergenz dieser Reihe streng nach Definition beweisen.[87] Man braucht dazu nicht die Vollständigkeit der Menge der reellen Zahlen. Die geometrische Reihe ist eine der wenigen Reihen, die in ihrem Grenzwert immer auch explizit bestimmt werden können. Dieser Grenzwert läßt sich nach einer einfachen Formel berechnen. Es gibt den allgemeinen Ausdruck für die Partialsummen dieser Reihen und es gibt den allgemeinen Grenzwert für die Folge dieser Partialsummen. Definitionsgemäß ist das aber auch der Grenzwert der ganzen Reihe. Jeder periodische b-al-Bruch läßt sich so in einen Quotienten ganzer Zahlen, und d.h. in eine rationale Zahl umformen. Natürlich stellt diese rationale Zahl dann auch den Grenzwert der Folge der Partialsummen des periodischen Bruches dar. Der dabei notwendige Grenzwertübergang wird durch die bzw. über die in dieses Verfahren integrierte geometrische Reihe geleistet.

 So wie das ganze Verfahren beschrieben wurde, wird dieses über eine reine Quotientenschreibweise abgewickelt. Entgegen – unseren – anders lautenden Feststellungen zuvor scheint man im Umgang mit rationalen Zahlen in Fragen konkreter Grenzwertfeststellung nicht notwendig mit b-al-Brüchen arbeiten zu müssen. Man darf dabei allerdings auch nicht übersehen, daß der Beweis der allgemeinen Konvergenz der geometrischen Reihe genauso wie die definitionsgemäße Überprüfung einer rationalen Zahl als Grenzwert eines b-al-Bruches – so wie sie vorhin am Beispiel der rational Zahl  in der Beziehung zum periodisch-unendlichen Bruch  beschrieben wurde – über Nullfolgen erfolgt. In unserem konkreten Beispiel der rationalen Zahl  und ihrer b-al-Bruchentwicklung  hat sich gezeigt, daß die Folge der Partialsummen des periodisch-unendlichen Bruches  in deren Abständen zum Bruch  eine Teilfolge der Folge  bildet.

Daß diese Folge eine Nullfolge ist, wurde nur scheinbar formal-abstrakt, und d.h. ohne auf konkrete Zahldarstellung einzugehen, bewiesen. Wenn von zwei natürlichen Zahlen n, m  n < m ist, dann ist . Das gilt ganz allgemein und ist nicht abhängig vom System der Darstellung natürlicher Zahlen. Man muß im konkreten Fall nur wissen, welche von zwei natürlichen Zahlen die kleinere ist. Das aber läßt sich nur aufgrund der konkreten Darstellung, die der einzelnen natürlichen Zahl in dem gewählten System von Polynom-Darstellung dieser Zahlen zukommt. So etwas läßt sich nicht über allgemeine Axiome entscheiden. Daß eine natürliche Zahl größer als eine andere ist, das sieht man einfach an den Zeichenfolgen, durch die die einzelnen natürlichen Zahlen dargestellt sind. Wir sehen das, weil wir wissen, wie die Reihenfolge aller dieser Zeichenfolgen in einem jeden System von Polynom-Darstellung natürlicher Zahlen ist. Natürlich ist dann die Folge  – genauso wie jede Teilfolge dieser Folge – eine Nullfolge. Ihrer natürlichen Reihenfolge folgend, folgt auf jede natürliche Zahl immer eine (noch) größere – genauer: die nächstgrößere – natürliche Zahl. Die reziproken Werte fallen dann unter jedes beliebig vorgegebene e > 0 ab, falls der – natürliche – Mindestindex der Folgenglieder nur genügend hoch veranschlagt wird.

 Auf einer Nullfolge beruht auch die Konvergenz der geometrischen Reihe, auf der Nullfolge  für ein x mit . Auch diese Folge verdankt ihre Eigenschaft, Nullfolge zu sein, dem Archimedischen Axiom.[88] Dort, wo dieses Axiom bereits in der Formulierung des Vollständigkeitsaxioms aufgeht, ist diese Eigenschaft dementsprechend auf dieses Axiom zurückzuführen. Damit wäre das Archimedische Axiom aber auch in die die Menge der rationalen Zahlen von der Menge der reellen Zahlen unterscheidende Funktion des Vollständigkeitsaxioms mit hineingenommen. Das wäre insofern nicht korrekt, als das Archimedische Axiom auch im Körper der rationalen Zahlen gilt. Es wird in der Begründung dieser Zahlen nur nicht auch als Axiom geführt. In einer axiomatischen Begründung der reellen Zahlen treten die rationalen Zahlen als eigener Zahlbereich nicht in Erscheinung und insofern besteht dort auch keinerlei Anlaß, diesen Zahlen eine eigene und besondere Begründung innerhalb der Begründung der reellen Zahlen angedeihen zu lassen.

 Das betrifft im übrigen auch die natürlichen Zahlen. Von diesen Zahlen glaubt man immerhin noch so viel sagen zu müssen, daß sie in natürlicher Weise als Teilmenge der axiomatisch begründeten Menge der reellen Zahlen aufgefaßt werden können. Mit den natürlichen Zahlen dürfen wir uns dann aber in gleicher Weise auch die Menge der ganzen bzw. die Menge der rationalen Zahlen in ihrer Eigenschaft, konstruktive Erweiterung der Menge der natürlichen resp. ganzen Zahlen zu sein, als Teilmenge der reellen Zahlen aufgefaßt denken. Sind erst einmal die natürlichen Zahlen in die Menge der reellen Zahlen integriert, kann der konstruktive Aufbau des Zahlensystems innerhalb der Menge der reellen Zahlen genauso stattfinden, wie er ebenso üblicher- wie auch natürlicherweise außerhalb dieser – weil erst noch zu konstruierenden –Menge, der reellen Zahlen stattfindet.

 



[85] Siehe dazu H.-J. Reiffen/ H.W. Trapp, Einführung in die Analysis I, S. 99 f.

[86] Siehe dazu O. Forster, Analysis 1, S. 29f die Sätze 2 und 3

[87] Siehe dazu O. Forster, Analysis 1, S. 24 Satz 7 sowie Seite 25 Beispiel 4.13

[88] vgl. O. Forster Analysis 1, S. 17 Corollar zu Satz 3.