1.3.4 Die formale Mathematik und die Realität der natürlichen Zahlen

 

I. – Unendliche (reelle) Folgen finden in der Mathematik ihre Definition als Abbildung von den natürlichen in die reellen Zahlen. Das Gesetz der Serie solcher Folgen findet dann seinen Ausdruck in der betreffenden Abbildungsvorschrift. Die natürlichen Zahlen gehen in diese Abbildungsvorschrift über die unabhängige Variable n ein. Die ganze Abbildung wird in Abhängigkeit von dieser Variablen beschrieben. Das sieht also dann so aus, daß gesagt wird, was mit diesem n zu tun ist, um das diesem n entsprechende Glied der (Bild)Folge zu bekommen. Einfache Beispiele für Folgen sind beispielsweise die Folgen mit allgemeinem Folgenglied , , ... Ausgeführt werden können die in der Abbildungs- vorschrift vorgesehenen Operationen allerdings nur mit einer konkreten natürlichen Zahl anstelle des abstrakten Symbols n. Diejenige konkrete Zahl, mit der die Berechnung aufgenommen wird, bestimmt zugleich auch, mit welchem Folgenglied wir es im Ergebnis zu tun haben. Abbildungsvorschriften werden  natürlich auch in ihrer einfachst möglichen Form gefaßt ist, und d.h. alles, was an mathematischer Operation innerhalb einer – abstrakt formulierten – Abbildungsvorschrift möglich ist, ist auch ausgeführt. Ein  in so einer Formel wird natürlich zu einem   zusammengefaßt.

Die natürliche Zahl 7 beispielsweise in die Abbildungsvorschrift eingesetzt, ergibt ausgerechnet das siebente Glied der betreffenden Folge. Den einzelnen daraus hervorgehenden Zahlenwerten sieht man das im allgemeinen natürlich nicht an. Die zusätzliche Information, um welches Glied der Folge in der Reihenfolge aller Folgenglieder es sich bei einem bestimmten Folgenglied handelt, müßte zusätzlich – über entsprechende Indizes beispielsweise und insbesondere – geleistet werden. Allerdings ist das Instrument der Indizierung etwas, was für gewöhnlich dem allgemeinen mathematischen Formalismus vorbehalten bleibt. Im Umgang mit konkreten Zahlen wird üblicherweise nicht mit Indizes gearbeitet. Indizes dienen im allgemeinen  der Feststellung bzw. Einrichtung von Reihenfolge. Indiziert wird deswegen sinnervollerweise  bzw. notwendigerweise nur nach in Reihenfolge geordneten Mengen. Unendliche Mengen können demzufolge auch nur nach der Menge der natürlichen Zahlen als der einzigen in natürlicher Weise in Reihenfolge geordneten unendlichen Menge indiziert werden. Eine Form von größtmöglicher – wenn auch nur impliziter – Indizierung findet so auch bei jeder Konstruktion einer unendlichen Folge per allgemeiner Abbildungsvorschrift bzw. allgemeinem Gesetz der Serie statt.

Der allgemeine Formalismus der Mathematik trifft sich mit der konstruktiven Darstellung der Menge der natürlichen Zahlen in der Definition von unendlicher Folge bzw. Reihe. An dieser Stelle werden die natürlichen Zahlen in der systematischen Entwicklung von Mathematik erstmals – operativ – benötigt. Von unendlichen Mengen wie der unendlichen Menge der natürlichen Zahlen läßt sich aber nicht einfach nur formal handeln. "Es sei N eine unendliche Menge", diese Redeweise macht keinen Sinn, wenn man nicht auch weiß, wie diese Menge konkret aussieht, und d. h., wenn man nicht um das System weiß, das diese Menge hervorbringt. Natürlich läßt sich so eine Menge – materiell – nicht auch in Gänze zur Darstellung bringen. Das gleiche gilt für Abbildungen mit einer unendlichen Menge als Definitionsbereich. Auch solche Abbildungen können nur per allgemeiner Abbildungsvorschrift formuliert werden, und d.h., einer Abbildungsvorschrift, in der von den Elementen des Definitionsbereiches nur per abstraktem Symbol die Rede ist.

In den Abbildungsvorschriften, so wie sie zur Definition unendlicher Folgen Verwendung finden, ist dieses Symbol – wie gesagt – ein n. Dieses n steht stellvertretend für alle natürlichen Zahlen des Definitionsbereiches. Will man ein bestimmtes Element der Folge bestimmt haben, dann ist dazu einfach die entsprechende natürliche Zahl in die Abbildungsvorschrift anstelle von n einzusetzen und den dort vorgesehenen mathematischen Operationen zu unterziehen. Natürlich bedarf es dazu einer bestimmten Darstellung der betreffenden natürlichen Zahl. Konkrete natürliche Zahl gibt es nur gegen konkrete Darstellung. Da läßt sich dann nicht weiter einfach nur abstrakt formulieren und operieren. Ohne konkrete Zahl in konkreter Zahldarstellung könnten die in der Abbildungsvorschrift vorgesehenen Operationen nicht ausgeführt werden. Mathematische Operationen können abstrakt immer nur dargestellt, nicht aber auch abstrakt vollzogen werden. Abstrakte Symbole können beispielsweise nicht miteinander addiert werden.

Man kann auf diese Weise Addition veranschaulichen, indem diese so als eine zweistellige Verknüpfung auf einer Menge ausgewiesen bzw. angewiesen wird: Zwei Elemente  dieser Menge – in bestimmter Reihenfolge – addiert ergeben ein drittes Element dieser Menge:  Auch den allgemeinen Eigenschaften einer solchen Verknüpfung läßt sich in deren voller Allgemeinheit nur auf diese Weise Ausdruck verleihen. Für die Verknüpfung Addition sind das – was die reellen Zahlen in ihrer axiomatischen Begründung anbelangt – die allgemeinen Körperaxiome der Addition. Axiome werden diese Eigenschaften deswegen genannt, weil sie keine Ableitung aus anderen – bereits anderweitig gesicherten – Eigenschaften reeller Zahlen und ihrer Verknüpfungen zulassen. Aus dem Nichts kann natürlich auch in der Mathematik nicht angefangen werden und solange nichts ist, ist auch nichts, das dem Beweis bestimmter Behauptungen dienen könnte. Also, wenn man die reellen Zahlen nur über Eigenschaften von Verknüpfungen auf einer Menge begründen will, dann müssen diese Verknüpfungen und dann müssen gewisse Eigenschaften dieser Verknüpfungen einfach als gegeben vorausgesetzt werden können.

In die axiomatische Begründung der reellen Zahlen wird bekanntlich mit einer – zunächst – völlig unbestimmt gelassenen Menge sowie zwei darauf – zunächst – nicht weniger unbestimmt gelassenen Verknüpfungen – Addition ,+´und Multiplikation ,×´ genannt - eingetreten.[29] Bestimmt sein sollen diese Verknüpfungen – und mit ihnen auch die Menge als solche – durch bestimmte Eigenschaften, von denen angenommen bzw. vorausgesetzt wird, daß diese Verknüpfungen sie auch erfüllen. Notwendig beschränkt man sich dabei auf das Nötigste, und d. h. auf solches, das nicht auch bereits aus anderem als gegeben Vorausgesetztem abgeleitet werden könnte. Die Axiome eines Axiomensystems haben voneinander unabhängig zu sein, und d. h. sie dürfen sich nicht aufeinander zurückführen lassen.

 

II. Der hypothetische Charakter axiomatischer Verfahren läßt die Frage offen, ob damit auch mathematische Realität begründet ist. Das ist eine Frage, wie sie sich am Ende eines jeden axiomatischen Verfahrens notwendig stellt, soll das ganze Verfahren auch ein begründetes Verfahren sein. Es ist dann nachzuweisen, daß in diesem Verfahren bzw. mit diesem Verfahren und durch dieses Verfahren auch mathematische Realität beschrieben ist. Natürlich kann dieser Nachweis nur anhand einer konkreten Darstellung dieser Realität geführt werden. Man kann diesen Nachweis nicht abstrakt führen. Die Axiome eines Axiomensystems begründen allein noch keine mathematische Realität, auch wenn nachgewiesen werden könnte, daß sie sich nicht widersprechen. Allerdings kann so ein Nachweis bereits in keinem Fall völlig unabhängig von Existenzfragen bzw. Existenzinhalten geführt werden. Widersprüche können sich immer nur an dem zeigen, was „ist“, genauso wie Unmögliches immer nur Unmögliches in Bezug auf Mögliches, und d.h., solches, daß „sein“ kann bzw. „sein“ könnte, sein kann. Von diesem Realitätsbezug kann in keiner auch noch so abstrakt formulierten Theorie abstrahiert werden. Eigenschaften verlangen immer nach einem Träger derselben, und dieser Träger – er mag sein, was er will – kann dieser Aufgabe nur nachkommen, wenn er als Träger zumindest in unserer Vorstellung als Vorstellung auch „ist“.

 In einem axiomatischen Verfahren wird dieser Träger zunächst – wie gesagt – nur in Form einer unbestimmt gehaltenen Menge in hypothetischer Weise als gegeben voraus­gesetzt. Daran ändert sich auch das ganze Verfahren über nichts Entscheidendes. Durch Axiome läßt sich Existenz nicht beweisen sondern nur postulieren. Der sich an jede axiomatische Begründung anschließende Existenzbeweis läßt sich selbst nicht auch wieder axiomatisch führen. Es gibt keine mathematische Realität, die ihre Existenz einem Axiom bzw. Axiomensystem verdanken könnte. Auf Axiomen-Ebene kommt man in der Begründung mathematischer Realität nicht über den Status eines Postulates hinaus. Auch die Widerspruchsfreiheit allein stellt nur eine notwendige, nicht aber auch zureichende Bedingung für Existenz dar. Durch ihre Widerspruchsfreiheit ist eine den Axiomen eines Axiomensystems korrespondierende mathematische Realität allenfalls als eine mögliche Realität nachgewiesen. Der Nachweis der tatsächlichen Existenz kann dagegen immer nur von dieser Existenz selbst geführt werden. In mathematischen Dingen bedeutet dies, daß diese Existenz konkret im Modell vorgeführt bzw. dargestellt sein muß. Die anfängliche, völlig abstrakt und unbestimmt eingeführte Menge muß in ihren einzelnen Elementen materiell auch namhaft gemacht werden können. Eine Menge mag über bestimmte allgemeine Eigenschaften in den Beziehungen zwischen ihren Elementen bestimmt sein; damit sind die einzelnen Elemente dieser Menge in ihrer – notwendig – unverwechselbaren materiellen Realität und  Identität allerdings nicht schon auch identifiziert resp. realisiert. Man kann sozusagen alles über natürliche Zahlen wissen, was es über natürliche Zahlen zu wissen gibt, ohne auch zu wissen bzw. wissen zumüssen, wie diese Zahlen aussehen.  

Die besondere Schwierigkeit in der Begründung der Mathematik, die eine Begründung der reellen Zahlen ist, besteht darin, daß wir bei dieser Begründung nicht auf einer Basismenge aufbauen können, so wie man das für gewöhnlich bei Mengenbildungen hat. Für gewöhnlich nämlich ist es so, daß, bevor eine Menge gebildet wird, gesagt wird, woraus die Elemente dieser Menge zu entnehmen sind. Es wird – mit anderen Worten – eine Basis-  bzw. Grundmenge angegeben, aus der heraus jede weitere (Teil-)mengenbildung zu erfolgen hat. In physikalischen Dingen kann das schon auch die größtmöglich denkbare Menge sein, und d.h., es kann diese Grundmenge aus allen Dingen des Universums bestehen. In dieser glücklichen Lage, von einer von Natur aus gegebenen größtmöglichen Basismenge ausgehen zu können, sind wir in der Mathematik nicht. Dort muß diese größtmögliche Basismenge zuerst auch bereitgestellt werden, bevor in weiteren Konstruktionen darauf als einer allumfassenden Grundmenge Bezug genommen werden kann. Das Zahlen-Universum will erst begründet sein, bevor man sich in ihm auch bewegen kann. Da gibt es also keine vorgeformten Elemente, auf die einfach nur als etwas Gegebenes verwiesen werden könnte.

Diese Zahlen liegen nicht einfach so vor, auf daß sie nur noch aufgegriffen zu werden bräuchten. Das kann so nicht stattfinden. Die Frage ist: Muß etwas von der Art auch stattfinden, und d.h., ist Mathematik, so wie sie betrieben wird, davon abhängig, daß die reellen Zahlen in bestimmter Weise auch materialisiert werden können? Wenn man diese Frage so stellt, stellt sich natürlich auch die Frage der möglichen Widersprüchlichkeit des Axiomensystems zur Begründung dieser reellen Zahlen in einer anderen Qualität und mit einer anderen Intensität als sie gemeinhin gestellt wird. Die Frage ist: Kann Mathematik davon abstrahieren, ob es die reellen Zahlen in materialisierter Form auch „gibt“? Würde Mathematik dadurch obsolet, daß nachgewiesen werden könnte, daß es so etwas wie die reellen Zahlen nicht „gibt“? Wann aber „gibt“ es die reellen Zahlen? Diese Fragestellung steht keineswegs in Widerspruch zu den – im Zusammenhang mit der Definition unendlicher Folgen – getätigten Ausführungen von vorhin, wonach sich von unendlichen Mengen nicht einfach formal handeln ließe. Ein Formalismus als solcher stellt für sich genommen nämlich auch etwas Existentes dar.

 

III. - Fest steht, daß sich die ganze Mathematik weitgehend abseits der konkreten Darstellung konkreter reeller – oder auch nur natürlicher – Zahlen entwickeln läßt. Das gilt im übrigen auch noch für die allgemeine Definition von unendlichen Folgen, es sei denn, man bedient sich in der exemplarischen, allgemeinen Folgendarstellung der Indexschreibweise, bei der in allgemeiner Form die ersten Folgenglieder – repräsentiert durch einen allgemeinen Buchstaben – wiederholt gesetzt, entsprechend indiziert und durch Kommatas getrennt – angeschrieben werden, der – unendliche – Rest dagegen nur noch durch ein paar Punkte angedeutet wird:  Überall dort, wo natürliche Zahlen in der ihnen eigenen, unendlichen  Reihenfolge zum Einsatz kommen, kommen sie in konkreter Darstellung zum Einsatz. Man kann die unendliche Reihenfolge natürlicher Zahlen nicht abstrakt zur Darstellung bringen.

 Abstrakte Darstellung ist immer auch einfache Darstellungen in dem Sinne, daß jedes – eigenständige – Element dieser Darstellung eine Darstellung vermittels einfachem Zeichen ist. Wir haben bei abstrakter Darstellung nicht das Element bzw. Instrument der zusammengesetzten Darstellung. In dem Moment, wo wir uns einer zusammengesetzten Darstellung bedienen, treten wir – soll diese Form von Darstellung auch einen Sinn haben – in eine konstruktive Form der Darstellung ein. Zwei oder auch mehrere Zeichen setzen, das setzt – wenn damit auch nur eines bezeichnet sein soll – voraus, daß diese Zeichen – insbesondere auch in der Reihenfolge, in der sie gesetzt sind – etwas mit dem zu tun haben, was damit – insgesamt – gesetzt bzw. bezeichnet sein soll. Wenn dasselbe mit nur einem Zeichen bezeichnet sein kann, dann sollte man dieses auch nur mit einem Zeichen bezeichnet sein lassen. Alles andere wäre weder praktisch noch sinnvoll. Es könnte nur Verwirrung stiften. Unendliche Mengen können sich in ihrer Darstellung nur zusammengesetzter Darstellung bedienen. Einzeldarstellung kann keine systematische Darstellung sein, und ohne so eine Darstellung geht es bei unendlichen Mengen nicht. Es gibt kein System, das unendlich viele Einzelzeichen generieren könnte. Da hätte man immer ganz von vorne anzufangen. Und sobald eine Verbindung zwischen den einzelnen Zeichen hergestellt wird, tritt man in – eine – zusammengesetzte Darstellung ein. Jedes Einzelzeichen würde sozusagen in einzelne Komponenten zerlegt, um in diesen Komponenten in anderen Zeichen wieder verwendet zu werden. Da bedient man sich aber doch gleich besser eines festen Zeichensatzes, der dann systematisch zu den verschiedensten – endlichen – Zeichenfolgen kombiniert wird.

Jede dieser Zeichenfolgen ist aufgrund ihrer Zusammensetzung und ihrer Länge dann für sich auch aussagefähig. Die Reihenfolge, in der die Zeichen in so einer Zeichenfolge gesetzt sind, ist über die Information hinaus, die mit jedem Zeichen verbunden ist, von einem zusätzlichen Informationswert. Dieser Informationswert liegt im übrigen auch vor, wenn die einzelnen Zeichen ohne jeden solchen Wert wären. Die Reihenfolge allein, in der solche Zeichen gesetzt sind, zeichnet eine solche Zeichenfolge aus, und läßt sie von jeder anderen Zeichenfolge, die nicht genau mit denselben Zeichen in derselben Reihenfolge aufgebaut ist, unterscheiden. Also ist auf diese Weise schon einmal für eine einer jeden dieser Zeichenfolgen eigene Identität gesorgt. Damit ist auch die Menge aller dieser Zeichenfolgen eine wohldefinierte, und d.h., insbesondere auch widerspruchsfrei definierte Menge. Wenn die – endlich vielen – Zeichen, aus denen die – endlich langen – Zeichenfolgen dieser Menge zusammengesetzt sind, zudem auch in eine Reihenfolge gebracht sind, dann läßt sich daraus auch eine Reihenfolge der Zeichenfolgen dieser Menge ableiten.

Die ganze Menge wird so zu – einer Darstellung – der Menge der natürlichen Zahlen. Jede Zeichenfolge dieser Menge stellt in der Reihenfolge aller dieser Zeichenfolgen und mithin auch in der Reihenfolge aller natürlichen Zahlen genau eine natürliche Zahl dar. Wo immer also – unendliche – Reihenfolge explizit demonstriert und indiziert sein soll, hat man sich einer solchen Darstellung der natürlichen Zahlen zu bedienen. Das läßt sich dann – wie gesagt – nicht abstrakt regeln. Bei abstrakten Zeichen besteht immer die Notwendigkeit, daß gesagt werden muß, was womit bezeichnet sein soll. Abstrakte Zeichen sind für sich genommen ohne jede – über ihren eigenen Zeichencharakter hinausgehende – Bedeutung bzw. Bezeichnung. Deswegen ist in der Mathematik bei der Verwendung abstrakter Zeichen immer zu sagen, was damit bedeutet, bzw. bezeichnet sein soll. Abstrakte Zeichen sind darüberhinaus immer auch Einzelzeichen. Verwendung finden dabei – so gut wie ausschließlich – die Buchstaben des Alphabetes, wobei dabei auch gerne auf die griechische Ausführung der Buchstaben zurückgegriffen wird. Das gilt für Kleinbuchstaben genauso wie für Großbuchstaben. Es haben sich in der Verwendung von Buchstaben auch gewissen Konventionen eingebürgert. Bestimmte Buchstaben sind dabei geradezu reserviert zur Bezeichnung bestimmter mathematischer Objekte. Für Funktionen beispielsweise werden vorzugsweise die Kleinbuchstaben f, g und h herangezogen. Mengen werden dagegen eher mit Großbuchstaben wie A, B, C oder S, T, O bezeichnet.

Die Verwendung bestimmter Buchstaben läßt uns insoweit sofort an die Bezeichnung bestimmter mathematischer Objekte denken. Nichtsdestoweniger muß immer auch geklärt und erklärt sein, was mit welchen Buchstaben bezeichnet sein soll. Die Konvention in der Verwendung von Buchstaben reicht also nicht so weit, daß von einer solchen Erklärung abgesehen werden könnte. Die Verwendung der Buchstaben des Alphabetes zu mathematischen Zwecken ist nicht in gleicher Weise institutionalisiert, wie wir das bei der Verwendung von Zeichen zum Aufbau der die Menge der natürlichen Zahlen darstellenden Zeichenfolgen haben. Das Zeichen für die Eins, Zwei, Drei usw. muß überall dort, wo es Verwendung findet, zuvor nicht eigens noch erklärt werden. Diese Zeichen sehen in ihrer geschriebenen Form in so gut wie in allen Sprachen im übrigen auch gleich aus. Zudem unterscheiden sich diese Zahlzeichen deutlich von den Buchstaben des Alphabets.

Diese Buchstaben des Alphabetes sind als eine in Reihenfolge geordnete Menge auch geeignet, diese Reihenfolge im Index auf andere Mengen zu übertragen. Allerdings dürfen diese Mengen dann nicht umfangreicher als die Menge der Buchstaben des Alphabetes sein. Eine Indizierung nach den Buchstaben des Alphabetes wird deswegen auch nur dort vorgenommen, wo eine Menge nur einige wenige Elemente enthält. Bei nur drei Elementen beispielsweise bietet sich eine Indizierung mit a, b, und c anstelle einer Auszeichnung mit 1, 2 und 3 an. Handelt es sich dagegen um unendliche (Reihen-)Folgen, dann kann eine Indizierung nach den Buchstaben des Alphabetes auch nicht ansatzweise vorgenommen werden. Allerdings ist es übliche Praxis, die Elemente einer – möglicherweise auch unendlichen – Menge in geschweiften Klammern mit a, b, c, gefolgt von ... :  in abstrakter Form anzudeuten. Daß das mit den Buchstaben ein Ende hat, wird dabei nicht in Betracht gezogen. Man kann so etwas auch nicht gut durch natürliche Zahlen dargestellt haben wollen, wenn es sich bei den Elementen dieser Menge um keine natürlichen Zahlen handelt.

Wenig sinnvoll erscheint auch eine zusätzlich zu den abstrakten Buchstaben gesetzte Indizierung mit natürlichen Zahlen – also  – weil bei Verwendung verschiedener Buchstaben dabei der Eindruck entstehen könnte, es wäre aus zuvor schon – nach Buchstaben geordnet – vollständig indizierten Teilmengen ausgewählt worden. Immerhin würde dabei nicht einfach nur das Auswahlaxiom in Anwendung gebracht, nach dem der Position eines Buchstabens im Alphabet entsprechend aus den einzelnen und vollständig nach den natürlichen Zahlen indizierten Teilmengen jeweils ein ganz beliebiges Element herausgegriffen würde. Diese Auswahl wäre insofern eine konstruktive. Die Buchstaben des Alphabetes werden dabei gewissermaßen durchgezählt. Bei Verwendung nur ein- und desselben Buchstabens ist eine zusätzliche Indizierung notwendig, soll nicht der Eindruck entstehen, eine Menge würde ein einziges Element in größerer Anzahl enthalten: {a1, a2, a3,...}.

So etwas ist Mengen definitionsgemäß – im Gegensatz zu Folgen – nicht gestattet. Folgen können in allen ihren Folgengliedern aus ein- und demselben Element bestehen. Jede konstante Folge tut dies. In diesem Fall erübrigt sich natürlich auch eine Indizierung. Eine solche Indizierung in der vorhin angegebenen „Pünktchen-Schreibweise“ könnte dann nur den Eindruck vermitteln, als ob verschieden wäre, was nicht verschieden ist.

 

 



[29] Die (allgemeinen) Körperaxiome der reellen Zahlen R weisen folgende Dreiteilung auf (siehe dazu O. Forster, Analysis 1, S. 8 ff).

I. Axiome der Addition

(I.1) Assoziativgesetz:

(I.2) Kommutativgesetz

(I.3) Existenz der Null: Es gibt eine Zahl

(I.4) Existenz des Negativen: Zu jedem  existiert eine Zahl

II. Axiome der Multiplikation

(II.1) Assoziativgesetz:

(II.2) Kommutativgesetz:

(II.3) Existenz der Eins: Es gibt eine Zahl

(II.4) Existenz des Inversen: Zu jedem von 0 verschiedenen  gibt es ein  mit

 

III. Distributivgesetz: