1.1.2 Reihenfolge und Position

 

I. - Natürliche Zahlen werden in jedem System von b-al-Darstellung dieser Zahlen in der einer jeden natürlichen Zahl dabei zugeordneten Zeichenfolge zum einen über die Anzahl und Auswahl der verwendeten Zeichen, und zum anderen über die Reihenfolge dieser Zeichen identifiziert. Jede dieser Zeichenfolgen steht für eine ganz bestimmte natürliche Zahl in der unendlichen Reihenfolge dieser Zahlen. Eine natürliche Zahl läßt sich als natürliche Zahl nicht unabhängig von der Reihenfolge, in der alle diese Zahlen stehen, identifizieren. Jede natürliche Zahl wird – natürlich immer (nur) im System der Darstellung dieser Zahlen gelesen (werden) können. In der Realisierung keiner natürlichen Zahl läßt sich von der Position abstrahieren, die diese Zahl in der Reihenfolge aller natürlichen Zahlen einnimmt. Man könnte in der Menge der natürlichen Zahlen einfach auch nur ein System von linear geordneten Positionen sehen, das sich in allen seinen Positionen, in dem, was so eine Position ausmacht, auch mitzuteilen weiß. Das ist einfach durch den (Abzähl-)mechanismus bedingt, so wie er in das System der Darstellung bzw. Produktion der natürlichen Zahlen integriert ist. Jede natürliche Zahl ist so gesehen nichts anderes als die sich in ihrer Position mitteilende Position eines in Reihenfolge geordneten Systems unendlicher vieler Positionen.

Bei Reihenfolge, so haben wir gesagt, ist zu unterschieden, zwischen dem, was in Reihenfolge geordnet ist, und der Reihenordnung als solcher. Diese Reihenordnung ist immer und überall, wo etwas in Reihe geordnet ist, dieselbe, während es sich bei dem, was in Reihe geordnet ist, um alles mögliche handeln kann. Jede endliche Menge läßt sich in eine solche Reihenordnung bzw. Reihenfolge bringen, und bei unendlichen Mengen ist so etwas jedenfalls auch mit allen abzählbaren Exemplaren unter diesen Mengen möglich. Die Menge der natürlichen Zahlen ist die einzige unendliche Menge, bei der nicht nur nichts mehr zu tun ist, damit diese Menge auch eine in Reihenfolge geordnete Menge ist; es ist dies auch die einzige Menge, die sich als Menge selbst auch abzählt. Bei den natürlichen Zahlen kann – mehr noch – auch nicht zwischen Reihenfolge als Ordnungselement und dem, worin sich diese Ordnung gerade verwirklicht findet, unterschieden werden. Dies ist nicht etwa nur deswegen so, weil die Menge der natürlichen Zahlen von Natur aus schon in eine Reihenfolge gebracht ist; es hat dies vielmehr auch damit zu tun, daß wir uns nicht denken können, wie Reihenfolge in der Reihenfolge der darin gesetzten bzw. besetzten Positionen eine andere sein könnte, als die Reihenfolge der natürlichen Zahlen. Wo immer Reihenfolge verwirklicht ist, ist diese Reihenfolge in der Reihenfolge der natürlichen Zahlen verwirklicht.

Wenn wir Reihenfolge in der Abfolge der darin verwirklichten Positionen rekonstruieren bzw. identifizieren wollen, dann kommen wir an den natürlichen Zahlen nicht vorbei. Wir können die einzelnen Positionen in der ganzen Reihenfolge von Positionen nicht anders identifizieren bzw. lokalisieren, als daß wir die einer Position in der Reihenfolge der natürlichen Zahlen zukommende natürliche Zahl zuordnen. Dann müssen einfach die Positionen bis hin zu der fraglichen Position alle abgezählt werden, und dafür benötigen wir einfach die natürlichen Zahlen. Wir benötigen dafür ein Instrument der Identifizierung, das das ganze System von Positionen in der allen Reihenfolgen gemeinsamen Reihenfolge von Positionen sich selbst identifizieren läßt, und diese Aufgabe nicht etwa einem Vergleich mit irgendwelchen willkürlich gesetzten Modell-Reihen angelegen sein läßt. So etwas könnte allenfalls noch bei kleineren endlichen Mengen funktionieren; bei unendlichen Mengen versagt diese Methode notwendig.

Eine unendliche Vergleichsreihe die nicht aus einem Gesetz der Serie hervorgeht, sondern die von uns in allen ihrer Elementen Element für Element eingerichtet werden wollte, weil es dabei auch nur darauf ankommt, daß unendlich viele in Reihe gesetzte Elemente vorliegen, nicht aber auch darauf, daß zwischen allen diesen Elementen ein anderer Zusammenhang als der des In-Reihe-Geordnet-Seins besteht, kann es aus den bekannten Gründen nicht geben, ganz abgesehen von den Schwierigkeiten, sich diese unendlich vielen Elementen des fehlenden Zusammenhangs wegen alle in der Reihenfolge, in der sie gesetzt sind, auch merken zu müssen. Andernfalls könnte auch kein Vergleich stattfinden. Abgezählt werden muß im übrigen bei so einem Vergleich auch, bloß daß dabei nicht mehr nach der Reihenfolge der natürlichen Zahlen abgezählt wird, sondern nach der Reihenfolge der von uns willkürlich eingerichteten Modellreihe. Es wird festgestellt, bis zu welchem Zeichen die Zeichen aus der Modellreihe in der dieser Reihe eigenen Reihenfolge von Zeichen benötigt werden, um den Gliedern einer anderen Reihenfolge von Elementen in der dieser Reihenfolge eigenen Reihenfolge bis hin zu dem jeweils gerade fraglichen Element ein Element unserer Modellreihe zuzuordnen.

 

II. - Man muß sich das mit dieser Alternative des Abzählens bzw. der Identifizierung der Position eines Elementes in einer Menge von in Reihe geordneten Elementen deutlich vor Augen halten, um an den Schwierigkeiten, die sich uns dabei stellen, ersehen zu können, was wir an bzw. mit den natürlichen Zahlen haben. Nicht, daß dann nicht mehr abgezählt zu werden bräuchte, bzw. daß die Position, die ein Element in einer Reihenfolge von Elementen einnimmt, nicht mehr von Beginn dieser Reihenfolge an bis hin zu diesem einen Element nachvollzogen werden müßte; wir sind dabei nur nicht auch auf einen Vergleich mit einer Modellreihe angewiesen, einer Modellreihe, die als solche auch nur fungieren kann, wenn wir die Reihenfolge, in der dort die einzelnen Elemente gesetzt sind, in einer Weise verinnerlicht haben, daß jedes Element dieser Menge uns sofort an die Position denken läßt, die es innerhalb dieser Modellreihe einnimmt, und die uns diese Modellreihe insgesamt dann auch zu einer Vergleichsreihe zur Bestimmung der Positionen der einzelnen Elemente in einer anderen Reihe werden läßt.

Natürlich können auf diese Weise nur Reihenfolgen behandelt werden, die nicht mehr Elemente umfassen, als wir an Elementen in unserer Modellreihe gesetzt und entsprechend auch verinnerlicht haben. Das sind in jedem Fall auch nur endlich viele Elemente, so daß mit so einer Modellreihe auch nur Mengen mit allenfalls der gleichen Anzahl von in Reihe geordneten bzw. in Reihe zu ordnenden Elementen untersucht werden könnten. Zur Behandlung größerer Mengen müßte die Modellreihe zuvor entsprechend erweitert und verinnerlicht werden. Soll die Feststellung der Position einzelner Elemente in einer ganzen Reihenfolge von Elementen auf diese Weise nicht nur zu persönlichen Zwecken erfolgen, sondern soll diese Position vielmehr in einer Weise beschrieben sein, die allgemein auch verstanden wird, so ist dafür auch zu sorgen, daß die Modellreihe in dieser ihr zugedachten Funktion auch allgemein bekannt ist. Es muß mit anderen Worten eine Konvention eingerichtet werden, die diese Modellreihe formell und offiziell in diese ihr zugedachte Aufgabe einsetzt.

Grundsätzlich gilt dabei schon auch, daß jede Reihenfolge von Elementen geeignet ist, Modellreihe für einen Vergleich zur Feststellung der Positionen, die von den Elementen jeder beliebigen Reihenfolge in eben so einer Reihenfolge eingenommen werden, herangezogen werden kann. Wünschenswert wäre es aber eben auch, wir könnten dabei auf eine Reihenfolge zurückgreifen, die in natürlicher und d.h. kanonischer Weise dazu prädestiniert ist, Modellreihe zur Feststellung der positionellen Abfolge von Elementen beliebiger Reihenfolgen zu sein, einfach weil diese Reihe in ihren einzelnen Positionen nämlich mit nichts anderem als diesen Positionen selbst gewissermaßen besetzt ist. Erwünscht wäre einfach eine Reihe, die sich in dem, womit sie in den einzelnen Positionen besetzt ist, in einer Weise zurücknimmt, die den Elementen auf den einzelnen Positionen nicht mehr zu sagen braucht, welches die Position ist, die sie besetzt halten, weil, so wie diese Elemente bezeichnet sind, damit zugleich auch die Positionen bezeichnet sind, die sie in dieser Reihe einnehmen. Mit der Menge der natürlichen Zahlen liegt eine solche Reihenfolge vor.

Eine Reihenfolge ist vollständig beschrieben, wenn angegeben werden kann, welches Element an welcher Position steht. In gewisser Weise ist jede Position in einer Reihenfolge von dieser Position selbst auch ausgefüllt. Reihenfolge ist immer auch Reihenfolge von Positionen. Das ist das gemeinsame auch aller Reihenfolgen. Nur in diesem Punkt auch können Reihenfolgen deswegen miteinander verglichen werden. Man kann bei Reihenfolgen immer darauf sehen, was an welcher Position steht. Man braucht dazu aber auch ein einheitliches System der Bezeichnung für alle diese Positionen. Liegt dieses System nicht vor, liegt womöglich schon auch Reihenfolge vor, nur daß wir dann ohne jede Möglichkeit sind, diese Reihenfolge in ihren einzelnen Positionen und dem, womit diese Positionen besetzt sind, zu realisieren bzw. zu identifizieren. So läßt sich Reihenfolge auch räumlich zur Darstellung bringen, ohne daß deswegen auch die einzelnen Elemente über die von ihnen eingenommenen Positionen identifiziert werden können müßten. Es genügt, wenn Reihenfolge sich im – räumlichen – Nacheinander aller ihrer Elemente zu erkennen gibt. Man muß deswegen nicht schon auch ein System zur Identifizierung der einzelnen Elemente entsprechend der Positionen, die sie innerhalb der Reihenfolge einnehmen, entwickelt haben. Die Identifizierung der einzelnen Elemente könnte dann aber auch nur entweder per – materieller – Beschreibung, explizitem Hindeuten per Fingerzeig oder durch Reproduktion der Reihenfolge von ihrem Beginn an bis hin zu den einzelnen fraglichen Elementen erfolgen.

 Will man sich in der Bezeichnung einer Position von dem diese Position jeweils besetzt haltenden Element unabhängig machen, so verbliebe auf einer ersten Abstraktionsstufe der Vergleich mit einer Modellreihe und der positionellen Identifizierung der Elemente einer Reihe mit dem an gleicher Position gesetzten Zeichen der Modellreihe. Die Elemente dieser Modellreihe dienten insoweit nur der Bezeichnung von Positionen. Jedes dieser Elemente stünde für eine bestimmte Position, diejenige Position nämlich, die dieses Element selbst in der Modellreihe einnimmt. Auf die – materielle – Gestalt dieses Elementes käme es dabei nicht an. Es käme nur darauf an, daß wir jedes dieser Elemente in der ihr eigenen Position in der Modellreihe identifizieren könnten. Das setzte voraus, daß uns die ganze Modellreihe in der Abfolge aller ihrer Elemente genau bekannt wäre. Dann könnte jede andere Reihenfolge in der Reihenfolge dieser Modellreihe auch „abgezählt“ werden. Wenn wir diese Modellreihe in einer Weise verinnerlicht haben, wie uns die natürlichen Zahlen „innerlich“ sind, dann könnte mit so einer Modellreihe genauso abgezählt werden wie mit der Menge der natürlichen Zahlen.

Die Methode ist in beiden Fällen dieselbe. Eine in Reihe geordnete bzw. zu ordnende Menge wird Element für Element durchgegangen und dabei in eben derselben Reihenfolge mit jeweils einem Element unserer Modellreihe in Verbindung gebracht. Das zuletzt vergebene Zeichen der Modellreihe – so die abzuzählende Menge eine endliche ist – gibt dann zugleich die Anzahl der Elemente dieser Menge wieder, wobei jedes vergebene Zeichen dieser Modellreihe entsprechend der ihm eigenen Position in dieser Modellreihe zugleich auch die Position des diesem Element zugeordenten Elementes in der (dadurch begründeten) Reihenfolge der abzuzählenden Menge beschreibt.

 Das haben wir bei den natürlichen Zahlen auch so. Worin besteht also der Unterschied des einen Verfahrens zum anderen? Modellreihe – so haben wir gesagt – kann jede Reihe sein, sofern wir sie – per Konvention – zu einer solche Reihe erklären. Diese Modellreihe kann also beispielsweise auch aus den Zahlzeichen bzw. Zahlzeichenfolgen bestehen, deren wir uns zur Darstellung der natürlichen Zahlen etwa bedienen. Will man es dabei nicht bei endlichen Modellreihen belassen, dann müssen wir uns schon auf das Verfahren als solches und als ganzes, das alle diese Zeichenfolgen – in Reihenfolge – hervorbringt, beziehen. Wir haben dazu bekanntlich eine in Reihe geordnete endliche Mengen von – einfachen – Zeichen auszuwählen, um diese Zeichen dann besagtem Verfahren zu überlassen, das  diese Zeichen   in geordneter Reihenfolge zu endlichen Zeichenfolgen verschiedenster Länge und Zusammensetzung zu verknüpfen weiß, wobei in den einzelnen Zeichenfolgen ein und dasselbe Zeichen wiederholt – und sogar auch ausschließlich – in Erscheinung treten kann. Das ist alles, was es formal – aber auch material - zur Darstellung bzw. Produktion der natürlichen Zahlen zu sagen gibt. Die natürlichen Zahlen bestehen so gesehen aus nichts anderem denn einer endlichen Menge beliebig gewählter und in Reihenfolge gebrachter – einfacher – Zeichen, sowie einem Mechanismus, der diese Zeichen in geordneter Reihenfolge zu Zeichenfolgen verschiedenster Länge und verschiedenster Zusammensetzung der in den einzelnen Zeichenfolgen gesetzten Zeichen zu verknüpfen weiß, wobei in den einzelnen Zeichenfolgen ein und dasselbe Zeichen wiederholt – und sogar ausschließlich in Erscheinung treten kann.

Das Verfahren funktioniert einfach so, daß die vorgegebene Zeichenmenge – in Reihenfolge – immer wieder (auf einer letzten Position) aufs neue gesetzt wird, während – in begleitender Weise – auf den Positionen zuvor festgehalten wird, wie oft diese Zeichenmenge im laufenden Verfahren zur Gänze schon gesetzt worden ist. „Abgezählt“ wird dabei auf diesen zusätzlichen, begleitenden Positionen bzw. Positionenfolgen in der Reihenfolge der vorgegebenen Zeichenmenge. Die 3 in 31 beispielsweise gibt an, daß der uns im Dezimalsystem zur Verfügung stehende Satz von einfachen Zeichen  0, 1, ...9  bereits dreimal komplett gesetzt worden ist und man sich aktuell gerade im vierten „Durchlauf“ befindet. Sobald – allgemein formuliert – alles an Kombinationsmöglichkeiten mit diesen Zeichen auf einer bestimmten Anzahl von Positionen ausgeschöpft ist, ist eine zusätzliche Position zu eröffnen, die ihrerseits wieder in Reihenfolge mit den endlich vielen vorgegebenen Zeichen besetzt werden kann, nicht ohne dabei – bevor diese Position mit einem nächsten Zeichen besetzt wird – diese eine Besetzung mit allem zu verknüpfen, was zuvor an Kombinationen auf den Positionen zuvor stattgefunden hat. Auf diesen Mechanismus wird immer wieder auch zurückzukommen sein.

 

III. - Man kann nicht sagen, daß dies ein sonderlich komplexes Verfahren wäre. Auf jeden Fall ist dies ein recht kompaktes und ein recht ökonomisches Verfahren. Es ist dies ein Verfahren, das mit möglichst wenig Aufwand, und d.h. der mit möglichst wenig Zeichen möglichst viele verschiedene Zeichenfolgen darzustellen bemüht ist. Das gelingt diesem Verfahren – so wie es definiert bzw. konstruiert ist – auch in optimaler Weise. Das kommt einfach auch darin zum Ausdruck, daß jede endliche Folge von Zeichen aus einer vorgegebenen Menge endlich vieler – einfacher – Zeichen eine zulässige Kombination im Sinne des auf diesem Verfahren aufbauenden Systems von Zahldarstellung ist. Mehr kann man von einem System von Zahldarstellung, das ausschließlich mit endlichen Zeichenfolgen, die sich selbst wiederum aus nur endlich vielen Zeichen aufbauen, arbeitet, auch nicht erwarten. Die Reihenfolge in den von diesem Verfahren produzierten Zeichenfolgen ist dabei ganz von der Reihenfolge der diesem Verfahren vorzugebenden Zeichenmenge bestimmt, wie die Beschreibung dieses Verfahrens zeigt. Die Reihenfolge der Zeichen dieser Zeichenmenge können wir uns – genauso wie die Zeichen selbst auch – ganz nach Belieben vorgeben. Für diese Reihenfolge gibt es kein Programm, gibt es kein Verfahren und gibt es auch kein System. Diese Reihenfolge muß einfach festgesetzt werden, so wie man will, daß sie festgesetzt sein soll. Das ist einfach reine Konvention. Es ist dies, - was das allgemein gebräuchliche Dezimalsystem und der diesem vorgegebenen endlichen Zeichenmenge 0,1,..., 9 betrifft – eine Konvention mit einer allerdings schon auch recht langen Tradition. Das mit dem einfachen Zahlzeichen und der diesen zugedachten Reihenfolge ist nichts, was man immer erst geregelt haben müßte, bevor mit konkreter Zahl in – dann auch zwangsläufig – konkreter Zahldarstellung umgegangen werden könnte. Zweckmäßigerweise bedient man sich dabei eines Systems, von dem man weiß, daß die – breite – Öffentlichkeit darum weiß. Sofern diese Zahlenwerte auch für die Öffentlichkeit gedacht sind, ist das nicht nur eine Zweckmäßigkeit, sondern auch eine Notwendigkeit.

Wenn wir wollen, daß unsere Zahlen in der Öffentlichkeit so ankommen, wie wir sie uns in einem bestimmten System von Zahldarstellung zurechtgelegt haben, dann muß diese Öffentlichkeit auch um dieses System wissen. Das könnte man natürlich immer auch von Fall zu Fall regeln. Ökonomisch wäre so etwas nicht. Den einzelnen Zahlen in ihrer konkreten Zahldarstellung wäre dann immer eine Art Gebrauchsanleitung beizugeben, der entnommen werden kann, wie so eine Darstellung zu lesen ist, und d.h. wie konkrete Zahldarstellung als Darstellung einer ganz bestimmten konkreten Zahl identifiziert werden kann. Das müßte einem immer gesagt werden, sofern nicht zuverlässig davon ausgegangen werden kann, daß den Adressaten konkreter Zahldarstellung bekannt ist, wie solche Darstellungen zu lesen sind. Nachdem – wenn wir einmal an die verschiedenen Systeme von Polynomdarstellungen natürlicher Zahlen denken – keines dieser Systeme vor allen anderen Systemen ausgezeichnet ist, und d.h., wenn man sieht, daß Zahldarstellung nur ein Instrument ist, das uns Zahlen darstellen hilft, ohne mit der immateriellen Realität Zahlen selbst einfach identifiziert werden zu können, dann konnte es im allgemeinen Umgang mit Zahlen nicht ausbleiben, daß man sich ganz willkürlich für ein bestimmtes dieser Systeme von Polynomdarstellung zur Darstellung natürlicher Zahlen entschieden hat, um an diesem System dann – in der Praxis – auch für immer festzuhalten.

Das ist die Situation, so wie wir sie in unserem Umgang mit natürlichen Zahlen vorfinden, die generell eine Darstellung im System von b-al-Darstellung mit Basis 10 ist. Dieses System von Darstellung ist im Bewußtsein der Menschen in einer Weise verinnerlicht, die uns nicht mehr bewußt werden läßt, daß es sich bei diesem System um ein System neben vielen anderen gleichberechtigten Systemen handelt. Ein Hinweis darauf, daß einer Zahldarstellung die Basis 10 zugrunde liegt, erübrigt sich damit natürlich. Mit dem fehlenden bzw. nicht entwickelten Bewußtsein darüber, daß die Polynom-Darstellung natürlicher Zahlen die Auswahl einer Basis zur Voraussetzung hat, schwindet dann natürlich auch das Bewußtsein dafür, daß Zahl­darstellung nicht gleich Zahl ist. In unserem Bewußtsein findet vielmehr eine wenig reflektierte Gleichsetzung von Zahldarstellung und Zahl statt. Das macht sich in der Weise bemerkbar, daß jede einzelne Zahlzeichenfolge nicht getrennt für sich realisiert wird, um anschließend mit einer bestimmten natürlichen Zahl identifiziert zu werden; die Realisierung jeder einzelnen Zahlzeichenfolge schließt vielmehr in unserem Bewußtsein die Realisierung dieser Folge mit der ihr im betreffenden System von Zahldarstellung zugeordneten natürlichen Zahl mit ein. Es wird in der Identifizierung von Zahlzeichenfolge mit Zahl nicht zwischen Zahlzeichenfolge und Zahl differenziert.

Dafür gibt es auch eine Erklärung. Eine Zeichenfolge läßt sich nur in der ihr eigenen Folge von Zeichen realisieren. Reihenfolge im Detail realisieren, heißt diese Folge in der expliziten Abfolge aller ihrer Glieder zu realisieren. Erfolgreich realisiert haben wir eine Reihenfolge dann, wenn sie von uns jederzeit korrekt reproduziert werden könnte, und d.h., wenn wir sie in einer Weise verinnerlicht haben, die uns in der Reproduktion bzw. Rekognition dieser Reihe von der ursprünglichen – materiellen – Vorlage unabhängig macht. Die Anforderungen an eine erfolgreich vollzogene Realisierung von Reihenfolge sind insoweit identisch mit den Voraussetzungen, die an unsere Kenntnis über eine als Modellreihe dienen sollende Reihenfolge geknüpft sind. Eine Reihenfolge haben wir mit anderen Worten genau dann realisiert, wenn sie uns als Vergleichsreihe in dem früher beschriebenen Sinne dienen könnte.

Was läßt sich dem nun für unsere zu diskutierende Frage der Identifizierung von Zeichenfolge mit Zahl entnehmen? Was hat das System der Darstellung natürlicher Zahlen jeder beliebigen anderen Modellreihe in der Frage der Bestimmung der Positionen irgendwelcher Elemente in irgendwelchen Reihenfolgen voraus, wenn man einmal davon absieht, daß irgendwelche beliebig zusammengestellten Modellreihen nur als endliche Reihen eingerichtet werden können, während bei einem System von Darstellung, wie wir es bei den natürlichen Zahlen immer auch haben, die daraus resultierende Modellreihe eine unendliche ist. Ein gewichtiger Unterschied zu ganz willkürlich festgelegten endlichen Modellreihen ist dadurch allerdings bereits insofern begründet, als unendliche Reihen in jedem Fall ihre Existenz einem Gesetz der Serie verdanken. Im System der Darstellung natürlicher Zahlen ist dies der Mechanismus, der uns sagt, wie die einzelnen Zeichenfolgen in fortlaufender Reihenfolge zu entwickeln sind bzw. wie diese Zeichenfolgen vermöge dieses Mechanismus` schon immer entwickelt sind.

Eine qualitativ andere Situation gegenüber willkürlich festgelegten Modellreihen ist durch solche Gesetzesreihen über die Unendlichkeit dieser Reihen hinaus weiterhin insofern gegeben, als durch diese gesetzmäßige Entwicklung von Reihenfolge auch ein Zusammenhang zwischen den Gliedern der Reihenfolge hergestellt ist. Es ist dies – genauer noch – ein Zusammenhang, der uns jedes Glied der Reihenfolge als genau einem anderen Element derselben folgend wie auch genau einem weiteren Element derselben vorausliegend verstehen und begreifen läßt. Damit wäre uns noch nicht gedient, wenn nicht auch jedes Element der Reihenfolge als ein an einer ganz bestimmten Position in dieser Reihenfolge sich befindendes Element identifiziert werden könnte. Das war schließlich auch das Anliegen, das mit der Entwicklung solcher Modellreihen verfolgt wurde, daß nämlich die Position beliebiger anderer Elemente in beliebigen anderen Reihenfolgen im Vergleich zu den Positionen der einzelnen Gliedern unserer Modellreihe festgestellt werden möge.

Das setzt natürlich voraus, daß man über die Position der einzelnen Elemente in der Modellreihe genauestens informiert ist. Informiert ist man über diese Position, wie gesagt, dann, wenn wir die ganze Modellreihe in einer Art und Weise verinnerlicht haben, die uns von jedem Element der Modellreihe aus sofort auch die ganze Reihe vorwärts bzw. rückwärts vergegenwärtigen läßt. Nur dann nämlich auch wird man über die Anzahl der Elemente, die in der Modellreihe vor jedem Element dieser Reihe zu liegen kommen, informiert sein können, und nur dann auch wird es möglich sein, die Elemente anderer Reihen mit den Elementen unserer Modellreihe positionell zu vergleichen, und d.h. positionell zu bestimmen. Mit einer entsprechend verinnerlichten Modellreihe kann jede andere Reihe – soweit sie nicht an Umfang die endliche Modellreihe übertrifft – „abgezählt“ werden.

Die Position eines Elementes in einer Reihe ist durch die Anzahl der Elemente bestimmt, die in dieser Reihe vor diesem einen Element liegen. Die Elemente verschiedener Reihenfolgen nehmen innerhalb ihrer Reihenfolge dieselbe Position ein, wenn vor ihnen jeweils dieselbe „Anzahl“ von Elementen zu liegen kommt. So etwas läßt sich bequem dadurch überprüfen, daß beide Reihen von ihrem Anfang an aufgenommen und Elemente an gleicher Position dabei einander zugeordnet werden. Wenn so etwas jeweils von Beginn der beiden zu vergleichenden Reihen an veranstaltet wird, ist das mit der Feststellung gleicher Position(en) auch kein Problem. Der Anfang einer jeden Reihe, und d.h. das erste Element einer Reihe steht fest bzw. läßt sich feststellen, und alles weitere ist dann einfach durch die Abfolge der einzelnen Reihenfolgen bestimmt. Die einzelnen Elemente der beiden Reihenfolge werden einander so zugeordnet, wie sie in der jeweiligen Reihenfolge einander folgen. Auf diese Weise ist eine eindeutige Zuordnungsvorschrift der Elemente der einen Reihe zu den Elementen der anderen Reihe begründet. Diese Zuordnung bzw. Abbildung ist sowohl injektiv als auch surjektiv, und d.h. sie ist bijektiv. Aufeinander abgebildet werden dabei jeweils die Elemente, die in beiden Reihen dieselbe Position einnehmen, und d.h., die im Aufbau einer Reihe prozessual demselben Verfahrensschritt zuzurechnen sind. Mit der Feststellung, daß bestimmte Elemente in bestimmten Reihenfolgen die gleiche Position einnehmen, ist aber nicht schon auch festgestellt, welches diese gleiche Position ist. Die Position ist dadurch als Position nicht auch schon identifiziert.